Negativzinsen – Lassen Sie sich nicht verrückt machen

Negativzinsen. Für Banken und Sparkassen sind sie Realität. Sie müssen auf Kundeneinlagen 0,4 % Negativzinsen an die EZB abführen. Die Banken reagieren mit erhöhten Gebühren und einer Forcierung ihres Provisionsgeschäfts. So versuchen sie, ihre Probleme auf ihre Kunden abzuwälzen. Lassen Sie sich keinen Affen auf die Schulter setzen. Dienstleister sind dazu da, die Probleme ihrer Kunden zu lösen und nicht umgekehrt.

 

Das Zins-Gespenst geht um.

„Wenn Sie weiterhin so hohe Guthaben auf dem Konto haben, müssen wir Minus-Zinsen berechnen.“ Diese Ankündigung machte die Sparkasse einer Unternehmerin. Als Geschäftskundin unterhält sie seit jeher ein Tagesgeld, wo sie eine Reserve für ihr Geschäft parkt. Auch eine Lösung hatte ihre Beraterin gleich parat: „Mit dem Abschluss einer Indexpolice können Sie die Minus-Zinsen vermeiden und sich gleich noch die Chance am Aktienmarkt sichern.“ Was wie eine „Win-Win-Option“ klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als plumper Versuch der Sparkasse, ihre Probleme mit der EZB auf ihre Kunden abzuwälzen und daraus noch ein gutes Geschäft zu machen. Eine Indexpolice bringt eine „schöne“ Provision für den Verkäufer und das nicht nur beim Abschluss, sondern auch während der Laufzeit.

 

Dienstleister sind dazu da, die Probleme ihrer Kunden zu lösen und nicht umgekehrt. Lassen Sie sich keinen Affen auf die Schulter setzen. Klick um zu Tweeten

 

Bei der Unternehmerin löste das Vorgehen der Sparkasse starke Gefühle aus:

  • Enttäuschung darüber, dass – ausgerechnet ihre Sparkasse – sie als langjährige Kundin für Sparen bestraft.
  • Verlust-Aversion, denn Minuszinsen bedeuten, ihr wird etwas weggenommen.
  • Entscheidungsdruck, zu handeln.

Eine Übersicht, welche Banken und Sparkassen aktuell Minuszinsen berechnen, veröffentlicht regelmäßig Franke-Media.net auf Tagesgeldvergleich.net. (ohne Gewähr). Minuszinsen drohen primär Geschäftsleuten. Das bedeutet leider nicht, dass Privatkunden nicht auch betroffen sind. Ein erstes Gerichtsurteil hierzu gab es in Thüringen. Demnach sind Strafzinsen nur bei Neuverträgen zulässig, wo dies ausdrücklich vereinbart wurde. Alle betrifft, dass Banken und Sparkassen versuchen, ihre Zinskosten über Gebühren und Provisionen weiterzugeben. So haben fast alle Banken an der Gebührenschraube gedreht. Berater werden unter Druck gesetzt. Ihre Vorgabe lautet, Guthabenkonten zu reduzieren und das Geld in Produkte anzulegen, die Provision bringen. Ganz so wie bei der Kundin der Sparkasse.

 

Erst nachdenken, dann handeln

Verkaufen mit der Angst hat Methode. Da heißt es, kühlen Kopf bewahren. Diese fünf Fragen weisen den Weg:

  1. Was wollen Sie? In unserm Fall ging es der Unternehmerin um eine Reserve für ihr Unternehmen, also um finanziellen Spielraum in schwierigen Situationen.
  2. Was macht Sinn? Eine Reserve sollte kurzfristig verfügbar sein, wenn es drauf ankommt. Das bedeutet, Liquidität geht vor Rentabilität. Macht da ein Tagesgeld Sinn? Ich denke schon, auch wenn die Sparkasse womöglich lieber eine Kreditlinie einräumen würde. Die Unternehmerin plante im Notfall lieber auf eigenes Geld zurückzugreifen als auf das der Sparkasse. So bleibt sie unabhängig.
  3. Macht der Vorschlag der Sparkasse Sinn, das Geld in eine Indexpolice anzulegen? Wohl kaum. Falls Sie nicht wissen, was eine Indexpolice ist, müssen Sie sich nicht grämen. Die Beraterin der Sparkasse wusste es offensichtlich auch nicht. Jedenfalls konnte Sie der Unternehmerin weder verständlich erklären, wie diese funktioniert, noch warum eine Versicherung zur Anlage der Notfallreserve geeignet ist. Wer mehr über die Funktionsweise, Sinn und Unsinn von Indexpolicen wissen möchte, dem empfehle ich den Artikel beim Finanztip. Die Allianz wurde kürzlich gerichtlich zur Rücknahme irreführender Werbeaussagen zur Indexpolice aufgefordert.
  4. Was passiert im schlimmsten Falle? Das Guthaben auf dem Tagesgeld beträgt 80.000 Euro. Bei 0,4 % Minus-Zinsen p.a. sprechen wir von 320 Euro im Jahr. Das ist zwar unangenehm, aber kein Grund zur Panik.
  5. Welche Optionen hat die Unternehmerin?
    1. Eine andere Bank suchen, die keine Strafzinsen fordert und ihre Kunden besser behandelt. Noch gibt es ausreichend Alternativen.
    2. Das Geld abheben und zu Hause unter das Kopfkissen packen. Das ist wohl die schlechteste Alternative, doch ein Safe oder ein Schließfach kosten auch Geld. Am sichersten liegt das Geld bei der Sparkasse auf dem Konto.
    3. Es darauf ankommen lassen und die Sparkasse höflich, aber bestimmt, auffordern, ihre Probleme nicht auf ihrem Rücken auszutragen.

 

Eine Anmerkung am Rande: Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, dass es Bargeld gibt. Nur so haben Anleger eine Alternative. Banken machen es übrigens auch nicht viel anders. Sie lagern aktuell Bargeld in Tresoren, um den Minuszinsen der EZB zu entgehen. Bargeldabschaffung wird bereits diskutiert.

 

Nehmen Sie es nicht persönlich, aber nehmen Sie es ernst

„Warum hat die Beraterin ausgerechnet mir dazu geraten?“ Wir beziehen Ereignisse gern auf uns. Doch es geht gar nicht um uns persönlich. Der Grund ist viel banaler: Ihre Beraterin hat einen Vertriebsauftrag. Denn Mitarbeiter von Banken, Sparkassen und Versicherungen sind weisungsgebunden. Der Vertriebschef gibt vor, was sie zu verkaufen haben. Werden keine Produkte vorgegeben, gibt es Ertragsziele. Kalkulatorischen Minuszinsen erhöhen das Ertragsziel des Beraters. Jeder sollte wissen, was das bedeutet.

Ihre Bank und Ihr Bank-Berater sehen es nicht gern, wenn sie Geld parken. Sie wollen lieber Provisionsprodukte verkaufen. Klick um zu Tweeten

 

Ernstnehmen sollten Sie hingegen den Versuch von Verkäufern (in Banken „Berater“ genannt), die Ihnen Angst machen oder Sie unter (Zeit-)Druck setzen. Sie nutzen zwei menschliche Urinstinkte: Verlust-Aversion und Besitzstands-Denken. Sobald wir etwas besitzen erscheint es uns wertvoller als vorher. Wer uns Gegenstände, Geld oder Chancen nimmt, löst Verlustängste aus.

Verlust-Aversion: Beim Versuch, Verluste zu vermeiden, sind wir paradoxerweise sogar bereit, dafür hohe Risiken einzugehen. Klick um zu Tweeten

 

Typische Beispiele irrationalen Verhaltens

 

Steuersparmodelle

Steuern werden von vielen als Verlust betrachtet. Der Staat nimmt uns etwas weg. Um das zu vermeiden sind Menschen bereit viel Aufwand zu betreiben (Steueroasen) und ein hohes Risiko einzugehen (Steuerhinterziehung). Auch legale Formen der Steuervermeidung enden im Desaster, ich erinnere an Bauherrenmodelle, Ostimmobilien oder Schiffsfonds.

Zeitdruck

Weitreichende Entscheidungen wollen gut überlegt sein. Verkäufer hingegen suchen den schnellen Erfolg. Typische Argumente sind:

  • „Das Angebot gilt nur noch bis zum …“
  • „Am 31.12. ist Wüstenrot-Tag!“
  • „Sommerschlussverkauf“
  • „Unterschreiben Sie jetzt, sonst ist die Chance weg.“
  • „Wenn Sie nicht verkaufen, drohen Verluste.“

Lassen Sie sich nicht verrückt machen.  Bange machen gilt nicht.

 

Woran erkennen Sie seriöse Berater?

  1. Seriöse Berater beraten bedarfsgerecht.
  2. Sie können den Nutzen und die Funktionsweise der empfohlenen Produkte erklären.
  3. Sie setzen Kunden nicht unter Druck, sondern geben Ihnen Zeit zu entscheiden.

 

 

Haben Sie ähnliche Verhaltensweisen von Finanzberatern erlebt? Wie sind Sie damit umgegangen?