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Wird wirklich alles schlimmer?

BUCH-EMPFEHLUNG: FACTFULLNESS von Hans Rosling

Wer die Nachrichten schaut, ist täglich mit Kriegen, Terror, Krisen und Skandalen konfrontiert. Wir haben den Eindruck, die Welt ist schlecht und vieles verändert sich zum Negativen. Doch stimmt das wirklich? Und warum neigen wir dazu, die Welt negativ zu sehen? Mit „Factfullness“ ist Prof. Hans Rosling ein Buch gelungen, das einen ganz anderen Blick auf unsere Welt wirft. Dabei zeigt er nicht nur die Fakten auf, sondern erforscht auch, warum wir die Welt verzerrt wahrnehmen und was wir dagegen tun können.

Testen Sie sich selbst

In den letzten 20 Jahren hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung …

A: nahezu verdoppelt

B: nicht oder nur unwesentlich verändert

C: deutlich mehr als halbiert.

Die Richtige Antwort lautet: Der Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen hat sich deutlich mehr als halbiert. Hätten Sie das gedacht? Dabei sehen wir doch täglich Bilder der Not auf der Welt.

Das Buch beginnt mit einem Test. Wenn Sie möchten, probieren Sie es aus: Den Test finden Sie hier

Und, wie haben Sie abgeschnitten? Haben Sie die richtigen Antworten verblüfft? Mussten Sie raten? Dann ist es ihnen so ergangen wie tausenden Anderer vor ihnen, darunter Politiker, Wirtschaftsbosse und Journalisten.

Warum sehen wir die Lage düsterer als sie ist?

Dinge erscheinen ganz unterschiedlich je nachdem, aus welcher Perspektive wir sie betrachten. Unsere Sicht auf die Welt ist geprägt durch die Medien. Nur einen winzig kleinen Teil der Welt kennen wir aus eigenem Erleben, den Rest der Welt betrachten wir durch die Brille der Medien.
Das Buch „Factfullness“ bietet eine andere Perspektive auf die Welt. Dazu werden viele Fakten in Grafiken verarbeitet, die großartig aufbereitet sind.

Doch Rosling geht es nicht nur um die Fakten. Er denkt weiter und stellt drei wichtige Fragen:

  • Warum sehen wir die Welt nicht, wie sie ist?
  • Welche Folgen hat das?
  • Was können wir gegen Wahrnehmungsfehler tun?

Irren ist menschlich

Unsere Sicht der Welt ist überdramatisiert. Weil diese Wahrnehmung unmittelbar mit der Funktionsweise unseres Gehirns zusammenhängt, ist es so schwer, sie zu überwinden. Unser menschliches Gehirn ist das Produkt von Millionen Jahren Evolution. Was unseren Urahnen geholfen hat in einer begrenzten Welt zurecht zu kommen, hindert uns heute daran, die Welt so wahrzunehmen, wie sie ist. Rosling spricht von Instinkten:

INSTINKT 1: Der Instinkt der Kluft

„Ein Megatrugschluss ist, die Welt zweigeteilt zu sehen.

Hans Rosling

Reich und Arm – Der Westen und die Entwicklungsländer.

Die meisten Menschen haben ein mittleres Einkommen. Rosling bietet ein Modell mit vier Einkommensstufen an, das die Welt viel realistischer abbildet. Auf Dollar Street haben Fotografen die Lebensverhältnisse von Familien unterschiedlicher Einkommensstufen abgebildet. Schauen Sie rein, Sie erhalten spannende Einblicke in den Alltag. Rosling leugnet nicht die riesigen Einkommensunterschiede, aber lenkt den Blick auf die wenig bekannte Mitte. Normalität findet nie den Weg in die Schlagzeilen.

INSTINKT 2: Der Instinkt der Negativität

Wir leben auf der höchsten Einkommensstufe. Millionen von Menschen haben es geschafft Stufe um Stufe aufzusteigen, ohne dass wir das mitbekommen haben. Der Anteil der Menschen auf der niedrigsten Einkommensstufe hat sich halbiert. Um es klar zu sagen, jeder Einzelne ist zu viel. Aber es besteht berechtigte Hoffnung, dass die Zahl weiter drastisch abnimmt. Hätten Sie das gedacht?

Rosling listet noch viele weitere Dinge auf, die sich drastisch verbessert haben: Kindersterblichkeit, Kinderarbeit, Hunger, Krankheiten, Kriegstote, Schulbildung der Mädchen, Zugang zu sauberem Wasser, Impfungen, u.a. mehr.

INSTINKT 3: Der Instinkt der geraden Linie

Wir neigen dazu, Trends in einer Linie zu sehen. Tatsächlich gibt es viele verschiedene Verläufe. So gehört es zum Allgemeinwissen, dass die Menschheit dramatisch wächst. Das führt zu dem Trugschluss, dramatische Maßnahmen (wie die Geburtenkontrolle in China) seien notwendig. Tatsächlich gibt es weltweit einen dramatischen Rückgang der Geburten pro Frau. Wenn mehr Menschen aus extremer Armut herausfinden, mehr Frauen Zugang zu Bildung, sexueller Aufklärung und Verhütungsmitteln bekommen, dann wird sich der Trend fortsetzen, ohne dass drastische Maßnahmen nötig sind.

INSTINKT 4: Der Instinkt der Angst

Angst ist ein wichtiger Schutz vor Gefahren. Das gilt besonders für Menschen, die in bitterer Armut leben. In der Nachrichtenwelt führt diese Angst bei uns dazu, dass wir Informationen Aufmerksamkeit schenken, die zu dramatischen Instinkten passen. Wenn wir nicht aufpassen, besteht die Gefahr, dass wir das Ungewöhnliche für normal halten und für den Zustand der Welt. Medien und Marketing kämpfen um unsere Aufmerksamkeit.

„Furchterregend“ und „gefährlich“ ist nicht dasselbe. Furcht ist die subjektive Wahrnehmung eines Risikos und etwas anderes als reale Gefahr.

INSTINKT 5: Der Instinkt der Dimension

„Glauben Sie niemals eine einzelne Zahl besäße eine Aussagekraft.“

Hans Rosling

Einzelne Zahlen wirken hoch, sind aber relativ gering. Wir (auf Einkommensstufe 4) führen heute das sicherste Leben, das es jemals auf Erden gab. Und dennoch fühlen wir uns nicht so. Rosling hat dazu einen interessanten Gedanken. Wir sorgen uns um allerlei Gefahren „da draußen“. Doch diese schrecklichen Dinge passieren kaum einmal „hier“. „Da draußen, das ist die Gesamtheit von Millionen Orten, doch wir leben nur an einem einzelnen Ort. Wenn an jedem einzelnen Ort nur einmal im Jahr etwas Schreckliches passiert, dann nehmen wir dennoch wahr, dass „da draußen“ ständig schreckliche Dinge passieren. Und im TV oder Internet sind wir live dabei. Doch vor Ort bleiben 364 Tage friedlich.

INSTINKT 6: Der Instinkt der Verallgemeinerung

Kategorien sind wichtig für uns, sonst würde unser Denken nicht funktionieren. Kategorien geben dem Denken Struktur. Doch sie verzerren auch unser Weltbild. Es gibt mehr Gemeinsamkeiten zwischen Gruppen als wir denken und mehr Unterschiede innerhalb einer Gruppe.

INSTINKT 7: Der Instinkt des Schicksals

Ein hoffnungsloser Fall. Dieses Urteil wird beispielsweise allzu oft über Afrika abgegeben. Doch langsamer Wandel ist auch ein Wandel. Wir unterschätzen Prozesse, die schleichend sind und überschätzen plötzliche Veränderungen.

INSTINKT 8: Der Instinkt der einzigen Perspektive

Menschen haben eine Vorliebe für einfache Ursachen und Lösungen. Rosling rät dazu, bescheiden zu bleiben und das Ausmaß des eignen Wissens nicht zu überschätzen. Neugierig zu bleiben und offen für neue Informationen hilft, andere Perspektiven einzunehmen. Die Dollar Street Fotos zeigen das in eindrucksvoller Weise. Ideologien verengen den Blick.

INSTINKT 9: Der Instinkt der Schuldzuweisung

„Wenn Du mit dem Finger auf andere zeigt, weisen drei Finger auf Dich selbst.“

Altes Sprichwort

Wir suchen gern die Schuld bei anderen. Klassische Kandidaten für Schuldzuweisungen sind: üble Unternehmer, lügende Journalisten und Ausländer. Am Beispiel der Journalisten zeigt er auf, dass eine faktenbasierte Weltsicht von Medien nicht erwartet werden kann. Medien leben davon, unsere Aufmerksamkeit zu erhaschen. Umso wichtiger ist es, dass wir Verantwortung für uns übernehmen und uns den Fakten zuwenden. 

INSTINKT 10: Der Instinkt der Dringlichkeit

Dringlichkeit ist geboten bei unmittelbaren Gefahren, wenn wir uns einem Raubtier gegenübersehen. Diese Art Dringlichkeit besteht in unserer heutigen Gesellschaft selten. Vielmehr haben wir die Zeit, unsere Handlungen zu überdenken und sollten das auch tun. Die überdramatisierte Weltsicht erzeugt ein permanentes Gefühl der Krise. Das führt zu Stress oder auch zu Apathie.

Rosling rät, unsere Energie auf fünf globale Risiken zu konzentrieren, die wirklich bedeutend sind:

  • Globale Pandemie
  • Finanzkollaps
  • Der dritte Weltkrieg
  • Klimawandel
  • Extreme Armut

Welche Folgen hat das?

Wir haben zehn Gründe kennengelernt, warum wir die Welt nicht so sehen, wie sie ist. Und das hat Folgen. Denn wie uns ergeht es sogar unseren politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern. Sein Schlüsselerlebnis hatte Rosling als er den Test mit den 13 Fragen der versammelten Elite beim Weltwirtschaftsforum in Davos vorlegte. Die Ergebnisse waren erschreckend.

Wer auf Basis falscher Einschätzungen entscheidet, der wird nicht die richtigen Maßnahmen ergreifen. Ob Klimawandel, Entwicklungs- oder Flüchtlingspolitik. Es besteht nicht nur die Gefahr falscher Maßnahmen, sondern auch verpasster Chancen.

Es muss daher in unser aller Interesse sein, die Welt auf Basis von Fakten zu betrachten und andere Perspektiven zuzulassen. Wer nicht erkennt, was sich bereits alles verbessert hat, der verliert die Hoffnung und wird mutlos.

Was können wir gegen Wahrnehmungsfehler tun?

Jedes Kapitel über einen der Instinkte, die uns fehlleiten, hat Rosling mit nützlichen Handlungsanweisungen geschlossen. Mein Rat an Sie, lesen Sie das Buch. Es ist wirklich lesenswert und gibt Orientierung in einem Meer alarmistischer Nachrichten und Bilder, die uns täglich erreichen.

Und was bedeutet das für Geldanleger?

Das lesen Sie im nächsten BLOG-Beitrag „FACTFULLNESS für Geldanleger“


Sind Sie neugierig geworden? Dann sind das Buch und die Website „Gapminder“ eine wahre Fundgrube.

Wer war Hans Rosling?

Leider ist der Autor im Februar 2017 verstorben. Das Buch ist sein Vermächtnis, dass sein Sohn Ola und dessen Frau Anna weiterführen. Rosling wurde 1948 in Uppsala geboren und war Professor für Internationale Gesundheit am Karolinska Institutet sowie Direktor der von ihm gegründeten Gapminder-Stiftung in Stockholm. Als Forscher, Arzt und Gründungsmitglied von Ärzte ohne Grenzen e.V. in Schweden ist er viele Jahre weltweit tätig gewesen und hat vieles mit eigenen Augen gesehen. Seine Daten ziehen er und seine Mitstreiter aus öffentlich zugänglichen Quellen der UNO, Weltbank oder anderer supranationaler Organisationen.

Mein Rat:

Verzichten Sie eine Woche auf den Konsum von Nachrichten und lesen Sie stattdessen ein gutes Buch wie „Factfullness“. Sie werden sehen:

  • Sie werden nichts verpassen.
  • Sie erlangen neue Erkenntnisse.
  • Die veränderte Sicht auf die Welt wird Ihnen Kraft und Zuversicht geben.

Und genau das wünsche ich Ihnen für das neue Jahr!

Geldanlage: Herausforderung Risiko

Anleger suchen Rendite und Sicherheit. Doch jede Anlageentscheidung ist mit Risiken verbunden und es gilt: Keine Rendite ohne Risiko. Ein Dilemma, das nicht nur Anleger, sondern auch Berater herausfordert. Was macht den Umgang mit Risiken so speziell? Und wie können Anleger und Berater damit konstruktiv umgehen?

 

  1. Die große Begriffsverwirrung

Alle reden über „Risiko“, doch was verstehen die unterschiedlichen Gesprächspartner in einem Beratungsgespräch darunter?

Der einfachste Weg dies herauszufinden ist, nachzufragen: „Was verstehen Sie unter Risiko, bitte nennen Sie einen anderen Begriff?“ Folgende Antworten habe ich bisher erhalten:

  • Unsicherheit
  • Gefahr
  • Chance
  • Nervenkitzel
  • Achterbahnfahrt
  • Notwendiges Übel

Für jemanden, der Risiko als Gefahr wahrnimmt, ist es schwer vorstellbar, dass andere (womöglich der eigene Partner) in Risiken eine Chance sehen. Ein konstruktives Gespräch über Risiken kann nur entstehen, wenn wir wissen, wie unser Gegenüber Risiko empfindet und wenn wir diese Perspektive ernst nehmen.

Haben Sie mit Ihrem Finanzberater schon einmal darüber gesprochen? Oder bringt Ihr Berater sogar noch ganz andere Begriffe ins Spiel, wie Volatilität, Maximum Drawdown oder Value at Risk. Das sind mathematische Modelle, die sich nicht intuitiv erschließen.

Rat für Anleger: Wenn Sie mit Ihrem Partner oder Ihrem Finanzberatern über Risiko sprechen, klären Sie, was diese darunter verstehen.

 

  1. Mit Ungewissheit leben

Risiko ist dadurch definiert, dass sich dem Eintritt eines Ereignisses eine Wahrscheinlichkeit zuordnen lässt. Das ist selten der Fall. Beim Münzwurf ist es gleich wahrscheinlich, dass Kopf oder Zahl fällt. Beim Würfeln stehen die Chancen für jede Seite des Würfels 1:6.

Wenn wir von Risiken sprechen geht es fast immer um Ungewissheit, also um Ereignisse von denen nicht bekannt ist, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie eintreten. An Kapitalmärkten herrscht Ungewissheit, das macht vielen Anlegern Angst.

Doch Ungewissheit herrscht in vielen Lebenssituationen. Im Verkehr setzen wir nicht nur Geld, sondern sogar unser Leben aufs Spiel. Trotz Verkehrsregeln können jederzeit unerwartete Dinge passieren. Doch macht Ihnen das Angst? Hält es Sie davon ab, am Verkehr teilzunehmen? Wir haben uns daran gewöhnt und außerdem eine hohe Motivation, denn schließlich wollen wir mobil sein und unsere Ziele erreichen. Warum sollte das an der Börse nicht auch möglich sein, wenn wir uns darauf einlassen?

 

  1. Geld und Projektion

Was ist eigentlich Geld? Die Frage verblüfft, schließlich gehen wir täglich damit um. Probieren Sie es und stellen Sie diese Frage Ihren Freunden und Bekannten. Sie werden erstaunt sein wieviel unterschiedliche Antworten Sie erhalten. Das führt mich zu dem Schluss: Geld ist das, was wir glauben, was es ist.

Geld ist eine Projektionsfläche: Wir projizieren unsere Ängste, Hoffnungen und Sorgen auf Geld.

Haben Sie Geld schon einmal aus dieser Perspektive betrachtet? Das Geld hält eine Botschaft für uns bereit. Was und wie wir über Geld denken, sagt in Wahrheit etwas über uns.

Nicht nur Geld ist eine Projektionsfläche, auch viele Anlageobjekte lösen Projektionen aus:

  • Immobilien gelten als besonders sicher. Schon unseren Urahnen galt die Höhle als Hort der Sicherheit.
  • Gold gilt als besonders werthaltig, galt es doch schon in der Antike als wertvoll.
  • Aktien gelten als spekulativ, da ihre Kurse stark schwanken und sie rege gehandelt werden.

Wer seine Projektionen kennt, kann bewusster entscheiden. Oft ist zu beobachten, dass Anleger auf bestimmte Anlageformen (Immobilien, Gold) fixiert sind und dabei hohe Klumpenrisiken eingehen.

 

  1. Verluste wiegen schwer

Verluste wiegen mehr als zweimal so stark wie Gewinne. Verlustaversion nennen Wissenschaftler menschliches Verhalten, das versucht, Verluste zu vermeiden.

Das hat Einfluss auf das Verhalten von Anlegern. Sie tendieren dazu ihre Gewinnchancen zu kappen indem sie viel zu früh verkaufen (Gewinne mitnehmen). An Verlieren halten sie viel zu lange fest, nur um einen Verlust nicht realisieren zu müssen. Das wiederum erhöht das Verlustpotenzial. Mehr Erfolgs verspricht es, Verluste systematisch zu begrenzen und Gewinne laufen zu lassen.

Rat an Anleger: Es zahlt sich aus, beim Anlegen nicht dem ersten Impuls zu folgen, sondern nachzudenken. Zahlreiche Denkfallen drohen, wenn wir impulsiv handeln.

 

  1. Zeitpräferenz: Belohnung sofort

Zu sparen bedeutet, heute auf Konsum zu verzichten zugunsten einer Belohnung in der Zukunft. Das fällt uns schwer. Berühmtheit erlangte der Marshmallow Test des US-Psycholgen Walter Mischel. Er setzte Kinder in einen Raum vor einem Teller mit einem Marshmallow darauf. Dann kündigte er ihnen an, dass er ihnen einen zweiten Marshmallow gibt, wenn sie es schaffen den ersten Marshmallow nicht aufzuessen bis er wiederkommt. Auf Videos ist herrlich zu sehen, wie schwer es den Kindern fällt, ihren Impuls nach sofortiger Belohnung zu unterdrücken.

Die eigentliche Erkenntnis brachte eine Langzeitstudie. Mischel fand heraus, dass die Kinder im Leben erfolgreicher waren, die bereits als Kinder ihre Impulse kontrollieren konnten. Selbstkontrolle ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.

 

  1. Verzerrte Wahrnehmung

Viele Denkfallen in Bezug auf Risiko beruhen auf verzerrter Wahrnehmung:

  • Wir neigen dazu, schleichende Risiken (falsche Haltung, falsche Ernährung, Inflation) zu unterschätzen und kurzfristige Risiken (Unfall, Crash, Terroranschlag) zu überschätzen.
  • Wir überschätzen die Bedeutung von Ereignissen, die gerade passiert sind.
  • Wir überschätzen den Wert der Dinge, die wir besitzen. Was wir einmal besitzen geben wir ungern wieder her (Verlustaversion).
  • Wir lassen uns von der Art der Darstellung einer Sache oder Frage beeinflussen.

Wer Anlageentscheidungen trifft oder berät, braucht Risikokompetenz. Darunter versteht man die Fähigkeit, informiert, kritisch und reflektiert mit Risiken umzugehen.

 

Lösungsansätze für Berater und Anleger

 

Sensibilisierung und achtsame Kommunikation

Es ist notwendig sensibel umzugehen mit Begriffen wie Risiko und Geld. Wer darum weiß, kann Begriffe, Einstellungen und Wahrnehmung hinterfragen. Das gilt besonders

  • in der Beziehung zwischen Berater und Anleger. Portfolien der Kunden müssen zum Risikoprofil des Kunden passen und nicht die Risikobereitschaft des Beraters wiederspiegeln.
  • in der Beziehung zwischen Anlegern, die gemeinsam in Gemeinschaftsdepots Geld anlegen. Die Partner sollten die finanzielle Risikobereitschaft Ihres Partners kennen und respektieren.

Dies ist nicht nur wünschenswert, sondern notwendig. Fehlt eine gemeinsame Basis im Verständnis von Risiko, besteht jederzeit die Gefahr, dass ein Partner die Anlage in Frage stellt und damit den Erfolg der Strategie.

 

Risikoprofiling

Das Thema Risiko in der Geldanlage hat verschiedene Aspekte. Ein gutes Bild erhält, wer ein Risikoprofil erstellt. Es ergibt sich aus vier Komponenten:

  • Das erforderliche Risiko ergibt sich aus der Logik, dass je höher die gewünschte bzw. benötigte Rendite ist, das Risiko steigt.
  • Die finanziellen Risikobereitschaft ist ein relativ konstantes, individuelles Persönlichkeitsmerkmal. Ich nutze einen wissenschaftlich fundierten und weltweit erprobten Test des australischen Anbieters FinaMetrica zur Messung. Der Test bietet wertvole Gesprächsansätze, um herauszufinden, wie der Anleger Risiken sieht. Wie ich vorgehe, habe ich im Buch beschrieben. Ich nutze den Test nicht als Basis für meine Anlageberatung und auch in der Finanzplanung und im Finanzcoaching.
  • Bei der Risikokapazität geht es darum festzustellen, wieviel Risiko ein Anleger objektiv verträgt.Eine gute Basis stellt eine private Finanzplanung dar.
  • Mit der Risikowahrnehmung haben wir uns oben schon beschäftigt.

Buchempfehlung

Die Herausforderungen im Umgang mit Geld und Risiko sind meinem Beitrag im Buch „Vermögensmanufaktur“ herausgegeben von Roland Eller und Markus Heinrich entnommen. Das Buch ist soeben im Finanzbuch Verlag erschienen. Viele renommierte Experten haben dort Beiträge zu verschiedenen Aspekten der Geldanlage verfasst. Es richtet sich an Anleger, die Methoden und Tools der Profis für die eigene Geldanlage nutzen wollen.

Es enthält Kapitel zu

  • Umweltanalyse (Trends und Entwicklungen)
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Besonders empfehlen kann die die Kapitel von Gerd Kommer, Autor wichtiger Standardwerke zu ETFs und passivem Investieren. Seine Bücher sind Standardwerke und Inspiration für meine Arbeit.