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Factfullness für Geldanleger

Mit „Factfullness“ ist Hans Rosling ein Buch gelungen, dass unsere Sicht auf die Welt verändert. Seine Botschaft: Wer die Welt verstehen will, der muss sich auf die Fakten konzentrieren. Das gilt auch für die Geldanlage. Die Fakten sagen anderes, als uns die Medien vermitteln. Wie können Anleger Wahrnehmungsfehler vermeiden und erfolgreicher investieren?

Testen Sie Ihr Faktenwissen zur Geldanlage

Wenn Sie meinen Beitrag „Wird wirklich alles schlimmer“ über das Buch „Factfullness“ gelesen haben, wissen Sie, es beginnt mit einem Test.

Auch ich habe einen Test entwickelt mit dem Sie Ihr Faktenwissen zur Geldanlage testen können. Ich habe zehn Fragen zusammengestellt mit je drei Antwortmöglichkeiten. Nur eine davon ist richtig. Die Auflösung finden Sie am Ende des Beitrags. Probieren Sie es, wenn Sie mögen.

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Wie Instinkte Anleger in die Irre führen und was wir dagegen tun können

Warum sehen wir die Welt nicht, wie sie ist? Rosling führt dies auf die Funktionsweise unseres Gehirns zurück, dass mit Instinkten ausgestattet ist. Instinkte, die im Laufe der Evolution nützlich, ja überlebenswichtig waren, uns heute jedoch daran hindern, Fakten nüchtern zu analysieren und bedacht zu handeln. Diese Instinkte haben Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Nachfolgend gehe ich alle zehn von Rosling aufgeführten Instinkte durch:

INSTINKT 1: Der Instinkt der Kluft

Rosling beschreibt bipolares Denken (arm und reich). Viele sehen die Börse als Kampf zwischen Bullen und Bären, getrieben von Gier und Angst. Doch extreme Ausschläge sind selten, an den meisten Tagen verändern sich die Kurse nur wenig.

Als Berater habe ich erlebt, dass mein Rat, Risiko zu reduzieren, bei Anlegern den Fluchtinstinkt auslöst. „Sie meinen also die Kurse sinken, dann sollte ich doch besser alles verkaufen?“ Umgekehrt löst der Rat, Chancen (und damit das Risiko) etwas zu erhöhen, Angst etwas zu verpassen aus. „Sie meinen also die Kurse steigen, sollte ich da nicht besser voll investieren?“

Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Finanzwissenschaft ist die moderne Portfoliotheorie. Ihre Kernaussage: Ein Portfolio ist mehr als die Summe aller Anlagen. Die Risiken der einzelnen Anlagen können sich kummulieren (wenn sie gleichartig sind) und teilweise aufheben, wenn sie andersartig sind. Kluge Anleger mischen daher verschiedene Anlagen, um Risiken zu streuen. Das ist gegen die Intuition, die uns sagt: Wenn ich einen Favoriten habe, dann sollte ich alles auf ihn setzen. Doch Geldanlage – auch an der Börse ist – entgegen hartnäckiger Vorurteile kein Wettspiel. Da ungewiss ist, was morgen passiert, ist es klug, das Risiko zu streuen. Das ermöglicht eine nachhaltige Rendite bei überschaubarem Risiko.

An der Börse geht es nicht um Top oder Flop. Wichtig ist es, die Risiken breit zu streuen.

INSTINKT 2: Der Instinkt der Negativität

Gerade in Abwärtsphasen neigen Anleger dazu, das Schlimmste zu befürchten. Kurz vor dem Tiefpunkt ist die Panik am größten. Wer in Panik verkauft vernichtet Geld. Abschwünge und Crashs gehören zur Börse. Die Börsen haben sich noch immer erholt und neue Höhen erklommen. Dies ist im Übrigen ein Spiegelbild unserer Wirtschaft, deren Produktivität trotz Krisen und Rezessionen unaufhaltsam steigt.

Unser Fluchtinstinkt lässt uns permanent nach Gefahren Ausschau halten. Wer spekuliert und auf kurzfristige Gewinne hofft, womöglich unter Zeitdruck steht, der lebt in ständiger Furcht vor Verlusten – zu Recht! Wer jedoch ein langfristiges Ziel verfolgt und Zeit hat, der kann investieren und die Zeit für sich arbeiten lassen.  Er braucht eine robuste Strategie, die Krisen durchsteht. Kaufen und Halten, statt rein und raus. Das ist auf Dauer erfolgreicher und es lebt sich entspannter.

Der langfristige Trend – die Grundrichtung – ist positiv. Wer Zeit hat, kann darauf setzen, ohne sich vor temporären Rückschlägen fürchten zu müssen.

INSTINKT 3: Der Instinkt der geraden Linie

Wir neigen dazu, Trends in einer Linie zu sehen. Tatsächlich gibt es viele verschiedene Verläufe. Was im Nachhinein zwangsläufig erscheint, ist im Vorhinein schwer zu erkennen. Ob Mauerfall, 9/11 oder Donald Trump, aus heutiger Sicht erscheinen solche Entwicklungen zwangsläufig. Doch niemand kann die Zukunft vorhersehen. Das gilt auch für Börsengurus und Chefvolkswirte, die uns regelmäßig mit Ihren Prognosen „beglücken“.

Verstärkt wird die Illusion der Vorhersagbarkeit dadurch , dass unseres Gehirns darauf programmiert ist, Muster zu erkennen. So erkennen wir auch dort Muster, wo keine sind. Es gibt Heerscharen von Charttechnikern, die im Auf und Ab der Kurse Muster erkennen wollen, die ihnen die Kurse von Morgen weisen. Doch wie schon Burton G. Malkiel in seinem Standardwerk „A random walk down wall street“ beschreibt, unterliegen die täglichen Börsenkurse Zufallsbewegungen.

 

Eine robuste Strategie erweist sich als erfolgreicher als der Versuch des perfekten Timings.

INSTINKT 4: Der Instinkt der Angst

„Furchterregend“ und „gefährlich“ ist nicht dasselbe. Furcht ist die subjektive Wahrnehmung eines Risikos und äußert sich in der höchst individuellen finanziellen Risikobereitschaft von Menschen. Besonders gefährlich wird Furcht, wenn sie in Panik umschlägt und zu Übersprunghandlungen führt. Interessanterweise legen gerade Panikverkäufe die Saat für eine Erholung der Börsen. Die Börsenlegende André Kostolany sprach davon, dass in solchen Phasen Aktien von zittrigen in starke Hände wechseln. Denn, was viele vergessen, jede Aktie, die ein Anleger verkauft, hat einen Käufer gefunden. Börsianer sprechen davon, dass es eine „Mauer der Angst“ ist an der sich Börsen hochangeln.

Angst ist kein guter Ratgeber. Wer langfristig investiert und nicht kurzfristig auf das Geld angewiesen ist, kann von der Furcht anderer Marktteilnehmer profitieren.

INSTINKT 5: Der Instinkt der Dimension

Wir überschätzen die Bedeutung von runden Zahlen und die unseres Einstandskurses. Kaufen wir eine Aktie, vergleichen wir ständig den aktuellen Kurs mit unserem Einstandskurs. Das nennen Psychologen „Ankern“. Doch der Börse ist unser Einstandskurs egal. Sie steigt oder fällt unabhängig davon.

Die Rendite alleine besitzt keine Aussagekraft. Fast jede Rendite ist (kurzfristig) möglich. Entscheidend ist wie hoch das Risiko ist, das Sie dafür eingehen. Dies kommt in Kennziffern zum Ausdruck wie der Sharpe-Ratio. William F.Sharpe erhielt den Wirtschaftsnobelpreis für die Idee, Renditen in Relation zum eingegangenen Risiko zu betrachteten.

Schielen Sie nicht ständig auf Ihren Einstandskurs, für die Börse hat er keine Bedeutung.

INSTINKT 6: Der Instinkt der Verallgemeinerung

Auch bei der Geldanlage gibt es Stereotype. So gelten Immobilien als sicher, Aktien als spekulativ und Gold als wertvoll. In Wahrheit verbergen sich dahinter Projektionen. Die Immobilie ist die moderne Höhle, in der schon unsere Urahnen Schutz suchten. Geschichten über Menschen, die mit Aktien sagenhaften Reichtum erwerben oder bankrott gehen, faszinieren Medien wie Leser. Gold glänzt und fasziniert seit Jahrhunderten die Menschen, doch sein Wert ist nur eine Konvention, Gold erwirtschaftet keine Erträge.

Geldanlage ist individuell. Es gibt nicht das beste Finanzprodukt. Ausgangspunkt ist immer die individuelle Situation des Anlegers, seine Ziele, Erfahrungen, Kenntnisse und Bedarfe. Finanzprodukte müssen zur Person des Anlegers und seiner Strategie passen.

Prüfen Sie genau, welche Anlageform zu Ihren Zielen und Ihrer Strategie passt.

INSTINKT 7: Der Instinkt des Schicksals

Glaubenssätze sind mächtig. Wir alle haben in unserem Leben Überzeugungen entwickelt, die wir für die Wahrheit halten. Bestimmte Glaubenssätze können uns helfen oder hindern, erfolgreich zu sein. Überzeugungen wie „Ich kann nicht mit Geld umgehen.“ oder „Geld verdirbt den Charakter.“ sind nicht hilfreich, wenn Sie erfolgreich Geld anlegen wollen. In unserem Unterbewusstsein sind sie fest verankert und lenken unser Verhalten.

Prüfen Sie Ihre Glaubenssätze zu Geld.

INSTINKT 8: Der Instinkt der einzigen Perspektive

Ein häufig beobachtbares Phänomen bei Anlegern ist, dass sie sich und ihre Fähigkeiten überschätzen (Overconfidence-Bias). Rosling rät, bescheiden zu bleiben und das Ausmaß des eignen Wissens nicht zu überschätzen. Neugierig zu bleiben und offen für neue Informationen hilft, andere Perspektiven einzunehmen.

Niemand kann die Zukunft vorhersagen. Hüten Sie sich vor Prognosen.

INSTINKT 9: Der Instinkt der Schuldzuweisung

Wir suchen gern nach dem Schuldigen. Bei der Geldanlage sind das, gierige Banker, unfähige Politiker und sensationslustige Medien. Doch statt, Schuldige zu suchen, ist es sinnvoller, nach den Ursachen zu forschen. Interessenkonflikte sind im System angelegt. Medien kämpfen um unsere Aufmerksamkeit. Banken und Versicherungen wollen ihre Produkte verkaufen. Freie Berater unterliegen falschen Anreizen durch Provisionen, die Banken und Versicherungen an sie zahlen, wenn sie deren Produkte verkaufen. Intransparenz ist ein Nährboden für Manipulationen. Deshalb bin ich Honorarberater. Die Tatsache, dass ich Geld ausschließlich von meinen Kunden erhalte, sorgt dafür, dass ich auch nur ihnen gegenüber verpflichtet bin und keinem Dritten.

Vermögensverwalter werben damit, dass Sie Ihnen die Verantwortung abnehmen und für Sie entscheiden. Das ist eine Illusion. Sie agieren mit Ihrem Geld. Ich kenne viele, die eine Gewinnbeteiligung fordern, aber ich habe noch keinen Vermögensverwalter getroffen, der sich an Ihren Verlusten beteiligt. Für Anleger gilt: „Wem Du die Schuld gibst, dem gibst Du die Macht.“

Nehmen Sie die Verantwortung für Ihr Geld an. Informieren Sie sich und entscheiden Sie auf Basis fundierter Informationen.

INSTINKT 10: Der Instinkt der Dringlichkeit

Wer als aktiver Anleger den idealen Ein- und Ausstieg sucht oder die nächste „Apple-Aktie“, der setzt sich unnötig unter Druck. Nur nichts verpassen. Jede Nachricht könnte wichtig sein. Und wenn Sie eine Nachricht hören, was heißt das nun? Kaufen oder verkaufen? In jedem Fall bedeutet es Stress. Wer hingegen eine Anlagestrategie des Kaufens und Haltens verfolgt, der lebt entspannter und ist auf Dauer erfolgreicher.

Voraussetzung ist, dass Sie Ihre Situation und sich selber gut einschätzen können und ein langfristiges Ziel verfolgen.

Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Anlegen mit „ruhiger Hand“, statt zittriger Finger.

 

Welche Folgen hat eine verzerrte Wahrnehmung?

Medien und Finanzvertriebe lenken unseren Blick auf die falschen Dinge. Immer mehr Menschen fühlen sich gestresst und überwältigt von der Flut an Kursen, Nachrichten und immer neuen Finanzprodukten. Wer Märkte schlagen will, keine Nachricht verpassen darf und jede Innovation mitmachen möchte, der verliert schnell den Überblick und erlebt Kontrollverlust. Gleichzeitig verliert er die eignen Bedürfnisse aus dem Auge.

Was können Sie tun?

Gegen Kontrollverlust und Wahrnehmungsfehler hilft Bewusstsein. Bei Panik raten Ärzte: Atmen Sie tief ein und aus. Wer bewusst ein- und ausatmet, spürt wie er die Kontrolle zurückgewinnt und das macht ruhiger.

Fühlen Sie sich von Nachrichten und Finanzen überwältigt? Dann konzentrieren Sie sich auf das, was Sie selber beeinflussen.

Erwerben Sie Finanzwissen: Nur was Sie verstehen, können Sie kontrollieren und steuern.

Machen Sie eine Vermögensaufstellung und erstellen Sie einen privaten Finanzplan.

Finden Sie heraus, wie Ihre finanzielle Risikobereitschaft ist und gehen Sie nicht mehr Risiko ein, als zu Ihnen und Ihrer Situation passt.

Legen Sie nur Geld an, das Sie langfristig (10 Jahre und länger) voraussichtlich nicht brauchen.

Legen Sie weltweit an und nutzen Sie die Chancen der Märkte nicht nur in Ihrer Heimat.

Bauen Sie auf eine Strategie der „ruhigen Hand“ und die Erkenntnisse der Wissenschaft und hören Sie nicht auf Medien oder Produktverkäufer.

Legen Sie Wert auf Transparenz und meiden Sie Berater, die Interessenkonflikten unterliegen. Bankberater erhalten Weisungen vom Vertriebschef und freie Berater erhalten Provisionen von Produktgebern. Unabhängig sind Berater, wenn Sie direkt vom Anleger bezahlt werden und nur diesem verpflichtet sind. Das ist der Grund, warum ich Honorarberater bin.

Treffen auch Sie eine bewusste Wahl!

 

Wenn Sie es noch nicht getan haben, lesen Sie das Buch „Factfullness“.

Ich Danke Hans Rosling für seine Inspirationen und seinen Blick auf die Welt, der Hoffnung macht.

 

Auflösung des Tests: Die richtigen Antworten lauten: 1A, 2B, 3C, 4B, 5B, 6C, 7B, 8A, 9A, 10C

Wird wirklich alles schlimmer?

BUCH-EMPFEHLUNG: FACTFULLNESS von Hans Rosling

Wer die Nachrichten schaut, ist täglich mit Kriegen, Terror, Krisen und Skandalen konfrontiert. Wir haben den Eindruck, die Welt ist schlecht und vieles verändert sich zum Negativen. Doch stimmt das wirklich? Und warum neigen wir dazu, die Welt negativ zu sehen? Mit „Factfullness“ ist Prof. Hans Rosling ein Buch gelungen, das einen ganz anderen Blick auf unsere Welt wirft. Dabei zeigt er nicht nur die Fakten auf, sondern erforscht auch, warum wir die Welt verzerrt wahrnehmen und was wir dagegen tun können.

Testen Sie sich selbst

In den letzten 20 Jahren hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung …

A: nahezu verdoppelt

B: nicht oder nur unwesentlich verändert

C: deutlich mehr als halbiert.

Die Richtige Antwort lautet: Der Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen hat sich deutlich mehr als halbiert. Hätten Sie das gedacht? Dabei sehen wir doch täglich Bilder der Not auf der Welt.

Das Buch beginnt mit einem Test. Wenn Sie möchten, probieren Sie es aus: Den Test finden Sie hier

Und, wie haben Sie abgeschnitten? Haben Sie die richtigen Antworten verblüfft? Mussten Sie raten? Dann ist es ihnen so ergangen wie tausenden Anderer vor ihnen, darunter Politiker, Wirtschaftsbosse und Journalisten.

Warum sehen wir die Lage düsterer als sie ist?

Dinge erscheinen ganz unterschiedlich je nachdem, aus welcher Perspektive wir sie betrachten. Unsere Sicht auf die Welt ist geprägt durch die Medien. Nur einen winzig kleinen Teil der Welt kennen wir aus eigenem Erleben, den Rest der Welt betrachten wir durch die Brille der Medien.
Das Buch „Factfullness“ bietet eine andere Perspektive auf die Welt. Dazu werden viele Fakten in Grafiken verarbeitet, die großartig aufbereitet sind.

Doch Rosling geht es nicht nur um die Fakten. Er denkt weiter und stellt drei wichtige Fragen:

  • Warum sehen wir die Welt nicht, wie sie ist?
  • Welche Folgen hat das?
  • Was können wir gegen Wahrnehmungsfehler tun?

Irren ist menschlich

Unsere Sicht der Welt ist überdramatisiert. Weil diese Wahrnehmung unmittelbar mit der Funktionsweise unseres Gehirns zusammenhängt, ist es so schwer, sie zu überwinden. Unser menschliches Gehirn ist das Produkt von Millionen Jahren Evolution. Was unseren Urahnen geholfen hat in einer begrenzten Welt zurecht zu kommen, hindert uns heute daran, die Welt so wahrzunehmen, wie sie ist. Rosling spricht von Instinkten:

INSTINKT 1: Der Instinkt der Kluft

„Ein Megatrugschluss ist, die Welt zweigeteilt zu sehen.

Hans Rosling

Reich und Arm – Der Westen und die Entwicklungsländer.

Die meisten Menschen haben ein mittleres Einkommen. Rosling bietet ein Modell mit vier Einkommensstufen an, das die Welt viel realistischer abbildet. Auf Dollar Street haben Fotografen die Lebensverhältnisse von Familien unterschiedlicher Einkommensstufen abgebildet. Schauen Sie rein, Sie erhalten spannende Einblicke in den Alltag. Rosling leugnet nicht die riesigen Einkommensunterschiede, aber lenkt den Blick auf die wenig bekannte Mitte. Normalität findet nie den Weg in die Schlagzeilen.

INSTINKT 2: Der Instinkt der Negativität

Wir leben auf der höchsten Einkommensstufe. Millionen von Menschen haben es geschafft Stufe um Stufe aufzusteigen, ohne dass wir das mitbekommen haben. Der Anteil der Menschen auf der niedrigsten Einkommensstufe hat sich halbiert. Um es klar zu sagen, jeder Einzelne ist zu viel. Aber es besteht berechtigte Hoffnung, dass die Zahl weiter drastisch abnimmt. Hätten Sie das gedacht?

Rosling listet noch viele weitere Dinge auf, die sich drastisch verbessert haben: Kindersterblichkeit, Kinderarbeit, Hunger, Krankheiten, Kriegstote, Schulbildung der Mädchen, Zugang zu sauberem Wasser, Impfungen, u.a. mehr.

INSTINKT 3: Der Instinkt der geraden Linie

Wir neigen dazu, Trends in einer Linie zu sehen. Tatsächlich gibt es viele verschiedene Verläufe. So gehört es zum Allgemeinwissen, dass die Menschheit dramatisch wächst. Das führt zu dem Trugschluss, dramatische Maßnahmen (wie die Geburtenkontrolle in China) seien notwendig. Tatsächlich gibt es weltweit einen dramatischen Rückgang der Geburten pro Frau. Wenn mehr Menschen aus extremer Armut herausfinden, mehr Frauen Zugang zu Bildung, sexueller Aufklärung und Verhütungsmitteln bekommen, dann wird sich der Trend fortsetzen, ohne dass drastische Maßnahmen nötig sind.

INSTINKT 4: Der Instinkt der Angst

Angst ist ein wichtiger Schutz vor Gefahren. Das gilt besonders für Menschen, die in bitterer Armut leben. In der Nachrichtenwelt führt diese Angst bei uns dazu, dass wir Informationen Aufmerksamkeit schenken, die zu dramatischen Instinkten passen. Wenn wir nicht aufpassen, besteht die Gefahr, dass wir das Ungewöhnliche für normal halten und für den Zustand der Welt. Medien und Marketing kämpfen um unsere Aufmerksamkeit.

„Furchterregend“ und „gefährlich“ ist nicht dasselbe. Furcht ist die subjektive Wahrnehmung eines Risikos und etwas anderes als reale Gefahr.

INSTINKT 5: Der Instinkt der Dimension

„Glauben Sie niemals eine einzelne Zahl besäße eine Aussagekraft.“

Hans Rosling

Einzelne Zahlen wirken hoch, sind aber relativ gering. Wir (auf Einkommensstufe 4) führen heute das sicherste Leben, das es jemals auf Erden gab. Und dennoch fühlen wir uns nicht so. Rosling hat dazu einen interessanten Gedanken. Wir sorgen uns um allerlei Gefahren „da draußen“. Doch diese schrecklichen Dinge passieren kaum einmal „hier“. „Da draußen, das ist die Gesamtheit von Millionen Orten, doch wir leben nur an einem einzelnen Ort. Wenn an jedem einzelnen Ort nur einmal im Jahr etwas Schreckliches passiert, dann nehmen wir dennoch wahr, dass „da draußen“ ständig schreckliche Dinge passieren. Und im TV oder Internet sind wir live dabei. Doch vor Ort bleiben 364 Tage friedlich.

INSTINKT 6: Der Instinkt der Verallgemeinerung

Kategorien sind wichtig für uns, sonst würde unser Denken nicht funktionieren. Kategorien geben dem Denken Struktur. Doch sie verzerren auch unser Weltbild. Es gibt mehr Gemeinsamkeiten zwischen Gruppen als wir denken und mehr Unterschiede innerhalb einer Gruppe.

INSTINKT 7: Der Instinkt des Schicksals

Ein hoffnungsloser Fall. Dieses Urteil wird beispielsweise allzu oft über Afrika abgegeben. Doch langsamer Wandel ist auch ein Wandel. Wir unterschätzen Prozesse, die schleichend sind und überschätzen plötzliche Veränderungen.

INSTINKT 8: Der Instinkt der einzigen Perspektive

Menschen haben eine Vorliebe für einfache Ursachen und Lösungen. Rosling rät dazu, bescheiden zu bleiben und das Ausmaß des eignen Wissens nicht zu überschätzen. Neugierig zu bleiben und offen für neue Informationen hilft, andere Perspektiven einzunehmen. Die Dollar Street Fotos zeigen das in eindrucksvoller Weise. Ideologien verengen den Blick.

INSTINKT 9: Der Instinkt der Schuldzuweisung

„Wenn Du mit dem Finger auf andere zeigt, weisen drei Finger auf Dich selbst.“

Altes Sprichwort

Wir suchen gern die Schuld bei anderen. Klassische Kandidaten für Schuldzuweisungen sind: üble Unternehmer, lügende Journalisten und Ausländer. Am Beispiel der Journalisten zeigt er auf, dass eine faktenbasierte Weltsicht von Medien nicht erwartet werden kann. Medien leben davon, unsere Aufmerksamkeit zu erhaschen. Umso wichtiger ist es, dass wir Verantwortung für uns übernehmen und uns den Fakten zuwenden. 

INSTINKT 10: Der Instinkt der Dringlichkeit

Dringlichkeit ist geboten bei unmittelbaren Gefahren, wenn wir uns einem Raubtier gegenübersehen. Diese Art Dringlichkeit besteht in unserer heutigen Gesellschaft selten. Vielmehr haben wir die Zeit, unsere Handlungen zu überdenken und sollten das auch tun. Die überdramatisierte Weltsicht erzeugt ein permanentes Gefühl der Krise. Das führt zu Stress oder auch zu Apathie.

Rosling rät, unsere Energie auf fünf globale Risiken zu konzentrieren, die wirklich bedeutend sind:

  • Globale Pandemie
  • Finanzkollaps
  • Der dritte Weltkrieg
  • Klimawandel
  • Extreme Armut

Welche Folgen hat das?

Wir haben zehn Gründe kennengelernt, warum wir die Welt nicht so sehen, wie sie ist. Und das hat Folgen. Denn wie uns ergeht es sogar unseren politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern. Sein Schlüsselerlebnis hatte Rosling als er den Test mit den 13 Fragen der versammelten Elite beim Weltwirtschaftsforum in Davos vorlegte. Die Ergebnisse waren erschreckend.

Wer auf Basis falscher Einschätzungen entscheidet, der wird nicht die richtigen Maßnahmen ergreifen. Ob Klimawandel, Entwicklungs- oder Flüchtlingspolitik. Es besteht nicht nur die Gefahr falscher Maßnahmen, sondern auch verpasster Chancen.

Es muss daher in unser aller Interesse sein, die Welt auf Basis von Fakten zu betrachten und andere Perspektiven zuzulassen. Wer nicht erkennt, was sich bereits alles verbessert hat, der verliert die Hoffnung und wird mutlos.

Was können wir gegen Wahrnehmungsfehler tun?

Jedes Kapitel über einen der Instinkte, die uns fehlleiten, hat Rosling mit nützlichen Handlungsanweisungen geschlossen. Mein Rat an Sie, lesen Sie das Buch. Es ist wirklich lesenswert und gibt Orientierung in einem Meer alarmistischer Nachrichten und Bilder, die uns täglich erreichen.

Und was bedeutet das für Geldanleger?

Das lesen Sie im nächsten BLOG-Beitrag „FACTFULLNESS für Geldanleger“


Sind Sie neugierig geworden? Dann sind das Buch und die Website „Gapminder“ eine wahre Fundgrube.

Wer war Hans Rosling?

Leider ist der Autor im Februar 2017 verstorben. Das Buch ist sein Vermächtnis, dass sein Sohn Ola und dessen Frau Anna weiterführen. Rosling wurde 1948 in Uppsala geboren und war Professor für Internationale Gesundheit am Karolinska Institutet sowie Direktor der von ihm gegründeten Gapminder-Stiftung in Stockholm. Als Forscher, Arzt und Gründungsmitglied von Ärzte ohne Grenzen e.V. in Schweden ist er viele Jahre weltweit tätig gewesen und hat vieles mit eigenen Augen gesehen. Seine Daten ziehen er und seine Mitstreiter aus öffentlich zugänglichen Quellen der UNO, Weltbank oder anderer supranationaler Organisationen.

Mein Rat:

Verzichten Sie eine Woche auf den Konsum von Nachrichten und lesen Sie stattdessen ein gutes Buch wie „Factfullness“. Sie werden sehen:

  • Sie werden nichts verpassen.
  • Sie erlangen neue Erkenntnisse.
  • Die veränderte Sicht auf die Welt wird Ihnen Kraft und Zuversicht geben.

Und genau das wünsche ich Ihnen für das neue Jahr!

3 populäre Irrtümer zu Risiko, die Anlegern teuer zu stehen kommen

3 populäre Irrtümer zu RisikoSie sind Anleger und suchen Sicherheit? Sie wollen Risiken vermeiden? Dann sollten Sie die drei gängigsten Irrtümer zu Risiko kennen. Sie haben damit zu tun, wie wir Risiko wahrnehmen. Doch können wir uns wirklich auf unsere Wahrnehmung verlassen? In drei Beispielen haben Sie hier die Gelegenheit, zu überprüfen aus welcher Perspektive Sie Risiken wahrnehmen und teure Fehler zu vermeiden.

 

Können wir unseren Sinnen trauen?

Als Wahlpfälzer liebe ich guten Wein. Ein Erlebnis hat mich nachdenklich gemacht. Bei einem Winzer im Rheingau habe ich am eigenen Leib erfahren, wie sehr Licht und Farbe meinen Geschmack von Wein beeinflussen. Obwohl mein Verstand wusste, dass ich wiederholt den selben Wein trank, schmeckte er – je nach Farbe im Raum – ganz unterschiedlich:

  • Blaues Licht – Wein schmeckt wie Wasser
  • Rotes Licht – Wein schmeck gehaltvoll und schwer
  • Weißes Licht – Wein schmeckt leicht

Kann ich meinen Geschmacksnerven noch trauen?

Was wir wahrnehmen hängt davon ab, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Zauberkünstler nutzen geschickt unsere eingeschränkte Wahrnehmung, um uns vom wahren Geschehen abzulenken.

Sicherlich kennen Sie Kippbilder. Je nachdem worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten, sehen Sie zwei unterschiedliche Bilder. Beide sind wahr.

Könnte es sein, dass wir als Anleger auch blinde Flecken haben und wesentliche Punkte übersehen?

Ich lade Sie ein: Prüfen Sie Ihre Wahrnehmung als Anleger. Wie wir Risiko wahrnehmen.

 

  1. Für meine Sicherheit, riskier ich alles

Wenn uns die Angst packt, verhalten wir uns irrational. Nach dem Terroranschlag auf die Türme des World-Trade-Centers 9/11 haben die New Yorker Flugzeuge gemieden und sind auf die Straße ausgewichen. Experten schätzen, dass dieses Verhalten 1.600 Menschen das Leben gekostet hat, da beim Autofahren mehr Menschen je km sterben als beim Fliegen.

Nach der Finanzkrise 2008 haben einige Anleger aus Angst vor Bankenpleiten Ihr Erspartes abgehoben und zu Hause unter das Kopfkissen gelegt. Bei jährlich 150.000 Wohnungseinbrüchen, keine gute Idee, selbst wenn sie glauben, das Geld clever versteckt zu haben.

„Wir sind zu jedem Risiko bereit, von dem wir glauben, dass es unsere Sicherheit erhöht.“ Weidner, Wolfram

Uns Menschen geht es wie dem Reh, das auf der Flucht vor dem Adler dem Wolf in die Arme läuft. Natürlich ist es schwer, in akuter Gefahr einen klaren Kopf zu bewahren. Doch viele Anleger machen ähnliche Fehler schon aus lauter Vorsicht und Angst vor möglichen Risiken.

 

Unterschätztes Risiko

Obwohl im Verkehr Ungewissheit herrscht und viele Gefahren lauern, wagen wir uns täglich auf die Straße. Oder haben Sie schon mal von Dauerparkern gehört, die sich über Jahre nicht vom Parkplatz wagen, weil Ihnen der Verkehr zu hohe Risiken birgt? Beim Geldanlegen jedoch gibt es viele Dauerparker.

Die Parkplätze für Anleger heißen Sparbuch, Tagesgeld oder Termingeld. Über einer Billion Euro liegen auf solchen Park-Konten. Ein Großteil davon Dauerparker, die sich seit der Finanzkrise 2008 – dem 9/11-Ereignis der Finanzen – nicht mehr vom Parkplatz trauen. Dabei haben sie nicht nur die Kursanstiege von Aktien und Immobilien verpasst, sondern auch Ihr Ziel Sicherheit nur scheinbar erreicht. So wie ein Auto, dass nur auf dem Parkplatz steht, an Wert verliert, so verlieren die Einlagen der Sparer an Kaufkraft. Die schleichende Inflation sieht harmlos aus, hat aber seit 2008 – trotz niedriger Inflationsraten – jedem Euro zehn Prozent der Kaufkraft genommen.

Wir unterschätzen wie nachhaltig schleichende Inflation wirkt. Die EZB strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent im Jahr an. Was das zwei Prozent Inflation bedeuten,  sehen Sie hier:

Was nominell in Euro sicher aussieht bedeutet real in Kaufkraft einen sicheren Verlust. Mit einem Inflations-Rechner können Sie Szenarien selber rechnen.

„Wir überschätzen immer den Wechsel, der in den nächsten zwei Jahren geschehen wird und unterschätzen den Wechsel, der in den nächsten zehn Jahren passieren wird. Lassen Sie sich selbst nicht von Nichtstun einlullen.“ Bill Gates

Schleichende Risiken gibt es nicht nur bei der Geldanlage. Mangelnde Bewegung, falsche Ernährung, schlechte Gewohnheiten – stets gilt: Kleine Ursache, große Wirkung mit der Zeit. Ob das Inflations-Risiko für Sie relevant ist, hängt von Ihrem Anlagehorizont ab, das ist der Zeitraum, den Sie überblicken können. Ein Anleger, der das Geld in zwei Jahren braucht, muss sich nicht um Kaufkraftverlust sorgen. Ein Anleger, der langfristig Vermögen aufbaut oder für den Ruhestand vorsorgt, begeht einen teuren Fehler, wenn er die Inflation ignoriert.

Langfristig ist das Geld auf dem Sparbuch alles andere als sicher.

 

FAZIT: Ohne Zinsen ist Geld auf dem Sparkonto schutzlos der Inflation ausgeliefert und verliert an Kaufkraft. Was kurzfristig sicher ist, ist langfristig in Gefahr.

 

Überschätztes Risiko

Genau andersherum ist es bei Aktien. Sie können kurzfristig erheblich schwanken. Ein Risiko, dass Anleger mit kurzfristigem Anlagehorizont zu Recht meiden. Der Kauf von Aktien auf kurze Sicht ist Spekulation.

Die Perspektive ändert sich, wenn das Geld längerfristig arbeiten kann. Je länger das Geld investiert ist, je unwahrscheinlicher ist es, dass ein Verlust entsteht. So hätten bisher alle Anleger, die Ihr Geld in den Weltaktienindex MSCI World investiert hätten, spätestens nach fünfzehn Jahren mit Gewinn verkaufen können.

Daten der Vergangenheit sind keine Garantie für die Zukunft. Aber der beobachtete Effekt ist plausibel, addieren sich Risiken nicht einfach, sondern heben sich zum Teil auf. So gleichen sich ein Teil der Kurs-Schwankungen nach unten und oben mit der Zeit aus. Der Effekt wird noch verstärkt, wenn die Anlage nicht zu einem Zeitpunkt, sondern zeitlich verteilt getätigt wird. Dies ist bei Sparplänen mit gleichbleibenden Raten der Fall (Cost-Average-Effekt).

FAZIT: Das Risiko mit Aktien Verlust zu machen sinkt, je länger Sie investiert sind. Diese Aussage gilt nur, wenn Sie den ganzen Aktienmarkt betrachten. Wer in Einzelwerten investiert geht ein höheres Risiko ein. Investmentfonds ermöglichen es selbst Kleinanlegern, weltweit zu streuen.

Aktien sind langfristig viel sicherer als viele Anleger denken.

 

  1. Verschiedenheit als Chance, Risiko zu reduzieren

Wer von einer Sache überzeugt ist, neigt dazu alles auf diese Karte zu setzen. Das ist riskant. Denn geht die Sache schief, sind die Auswirkungen groß. Das gilt selbst für relativ sichere Anlagen wie Immobilien. Nicht umsonst setzt sich das Bundeskabinett niemals in einen Flieger und der amerikanische Vizepräsident nie zum Präsidenten in die Airforce Nr.1. Keiner will einen Totalausfall riskieren.

Risiken zu verteilen, ist der beste Schutz und erhöht die Sicherheit. Bei der Geldanlage spricht man von Diversifikation. Das Prinzip ist bekannt unter dem Motto „Lege nie alle Eier in einen Korb“. In der Praxis streuen Anleger Risiken oft unzureichend. Der Diversifikations-Effekt tritt nur ein, wenn die Anlagen so verschieden sind, dass die Kurse sich nicht im Gleichklang bewegen (Korrelation). Im Idealfall heben sich die Kursbewegungen gegenseitig auf. So ist zu beobachten, dass Anleger in Krisenzeiten Aktien verkaufen und in Renten (Anleihen) umschichten. Eine Flucht in die Sicherheit. Beruhigt sich die Lage, stehen eher die Chancen im Fokus und das Geld fließt in die Aktien. Eine Mischung aus Aktien und Renten reduziert die Schwankungen, und Verluste der einen Anlage werden (zum Teil) durch Gewinne der anderen Anlage kompensiert.

Geld zu investieren bringt mehr, als es zu verleihen

Auf lange Sicht haben Aktien deutlich höhere Renditen erzielt als Renten. Dieser Effekt ist langfristig messbar, wenngleich nicht zu jeder Zeit., So gibt es immer wieder Phasen (Crash, Baisse) wo es zeitweilig andersherum läuft. Wer jedoch einen langen Atem hat, kann diesen Effekt nutzen und die „Aktien-Prämie“ erzielen. So haben Wissenschaftler die Differenz zwischen der Aktien- und der Renten-Rendite getauft.

Wer langfristig in den Aktienmarkt investiert verdient eine Aktien-Prämie.

 

FAZIT: Wer Aktien Renten beimischt reduziert die Schwankungen seines Depots. Wer Renten Aktien beimischt erhöht langfristig seine Rendite.

 

  1. Wenn am Ende des Geldes noch Leben übrig ist

Wird eine Lebensversicherung fällig stellt sich die Frage: Kapital oder Rente?

Pfiffige Rechner nehmen die Zahl der jährlich in Aussicht gestellte Rente und teilen das Kapital durch die Jahresrente. Manch einer kommt zum Schluss, dass sich die Rente nicht rechnet. Wer das Kapital nimmt und sich laufend Kapital in Höhe der Rente entnimmt kommt einige Jahre damit aus. Erst danach wäre die Rente günstiger. Es folgt meist der Satz: „Wer weiß, ob ich überhaupt so lange lebe?“

Der frühe Tod wird als Risiko gesehen. Doch ist das wirklich Ihr Problem? Sollten Sie sich nicht vielmehr Gedanken machen, was passiert, wenn Sie lange leben?

Wer lange lebt, braucht lange Geld. Unterschätzen Sie nicht Ihr Langlebigkeitsrisiko.

 

Und genau dieses Risiko nimmt Ihnen, wenn Sie das möchten, eine Versicherung ab. Dank vieler Versicherten kann sie eine Mischkalkulation anstellen. Versicherungen nutzen das Prinzip der Risikostreuung. Dank vieler versicherter Personen können sie mit statistischen Durchschnittswerten rechnen, während für den Einzelnen nur seine individuelle Lebenszeit relevant ist.

FAZIT: Bedauern Sie nicht, zu Lebzeiten nicht alles Geld ausgegeben zu haben. Machen Sie sich besser Gedanken über das finanzielle Risiko, eines langes Leben finanzieren zu müssen.

 

Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihr eigentliches Problem

Stellen Sie die richtigen Fragen:

Lohnt es aus Angst vor einem Risiko ein viel Größeres einzugehen?

Haben Sie ein kurzfristiges Sparziel oder ein langfristiges Ziel und einen langen Anlagehorizont?

Welche Auswirkung hätte der Ausfall einer Anlage für Sie?

Haben Sie Ihre Risiken ausreichend gestreut (diversifiziert), so dass Risiken kompensiert werden?

Sind Sie in der Lage, auch ein langes Leben zu finanzieren?

 

Welches Risiko beschäftigt Sie? Wie lautet Ihre Frage?

 

Wie Sie mit Konzentration die Wirkung erhöhen

Die Finanzwelt ist eine Showbranche. Ständig ringen Neuigkeiten, Sensationen und flackernde Kurstafeln um unserer Aufmerksamkeit. Anleger tun gut daran, sich auf das zu konzentrieren, was sie beeinflussen. In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

Zauberkünstler, Werbung und Verkäufer

Zauberkünstler sind Meister darin, unsere Wahrnehmung dahin zu lenken, wo gerade nicht das Wesentliche passiert. So ist es ihnen möglich, Gegenstände verschwinden zu lassen, ohne dass wir es sehen. Verblüfft zollen wir Beifall.

Aufmerksamkeit ist wertvoll, das wissen, Medien, Werbeagenturen und Politiker. Täglich wetteifern Sie darum, unsere Aufmerksamkeit zu erregen und zu lenken. Sensation, Provokation, Eskalation. Da fällt es schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Auch Finanz-Verkäufer lenken unsere Konzentration bewusst auf bestimmte Aspekte, um von anderen abzulenken.

 

Drei Beispiele wie Verkäufer von Finanzprodukten unsere Aufmerksamkeit ablenken

 

  1. Kleinkredite werden über die Rate verkauft

Konsumentenkredite sind ein lukratives Geschäft für Banken. Hier zahlen die Kunden noch hohe Zinsen, zusätzlich werden Ihnen teure Restschuldversicherungen aufgeschwatzt. Ihren ersten Kleinkredit nehmen Verbraucher meist für eine Anschaffung auf. Er wird später (mehrfach) aufgestockt und das läuft so: Der Zins wird zwar erwähnt, die Aufmerksamkeit geschickt auf die Rate gelenkt. Bank: „Wir haben da ein tolles Angebot für Sie. Als guten Kunden geben wir Ihnen zusätzlich 3.000 Euro Kredit und das zur gleichen Rate wie bisher! Die Laufzeit verlängert sich zwar ein wenig, aber mit der Rate kommen Sie doch gut klar und dann können Sie sich Ihre Anschaffung schon heute leisten!“ Der Kunde hat seinen Wunsch (die Anschaffung) im Kopf, ist froh, dass er Kredit bekommt und ist an die Rate gewöhnt.

  1. Riester, Rürup, bAV werden über die Steuer verkauft

Altersvorsorge fällt uns nicht leicht. Wir sollen heute auf Konsum verzichten, um für etwas vorzusorgen, was wir gar nicht sein wollen, nämlich „alt“. Steuern zu zahlen – wo uns der Staat etwas wegnimmt (Besitzstands-Effekt) – erleben wir sogar noch negativer. Kein Wunder, dass staatlich geförderte Produkte bei Versicherungen der Renner sind. Geld vom Staat zu bekommen oder weniger Steuern zu zahlen, empfinden wir als Gewinn. Vor lauter Steuern sparen bemerken viele nicht, dass sie erhöhte Kosten zahlen und verpackt als Riester oder Rürup eine renditeschwache Rentenversicherung abschließen.

  1. Fonds werden über Geschichten verkauft

Wie ein einzelner Fonds in unserem Portfolio abschneidet ist zweitrangig. Dass die Einzelteile eines Portfolios nicht im Gleichschritt laufen, ist gewollt und sorgt für Stabilität. Entscheidend ist, die Rendite des Portfolios – also, was unterm Strich rauskommt.  Indem Anlageberater die Aufmerksamkeit auf die Einzelteile – statt auf die Summe – richten, lenken Sie von ihrer oftmals bescheidenen Gesamtleistung ab. So lassen sich Anleger leichter bewegen, Fonds zu tauschen, was dem Berater Provision einbringt. Hierzu dienen Geschichten über Börsenzyklen, Fondsmanager, neue Chancen und drohende Gefahren.

Die unzähligen  Börsenbriefe gehen ähnlich vor. Jede Woche zehn neue Tipps. In der Folgewoche Berichte über die drei Tipps, die aufgegangen sind. Die Flops fallen unter den Tisch, schließlich gibt es wieder zehn neue Tipps. Neues Spiel, neues Glück. Nichts geht mehr.

 

Konzentration bedeutet, sich zu fokussieren

„Konzentration (lateinisch concentra, „zusammen zum Mittelpunkt“) ist die willentliche Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das, was wichtig ist.“ (Wikipedia) Und wichtig sind Sie und was Sie erreichen wollen. Das ist der Mittelpunkt.

„Der beste Finanzplan hat nichts damit zu tun, was die Märkte machen, nichts damit, was Ihr Immobilienmakler empfiehlt und mit dem heißen Tipp Ihres Schwagers. Es hat nur damit zu tun, was für Sie am wichtigsten ist.“

Carl Richards

Finanztipp: Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie selber beeinflussen können.

 

Was Sie alles nicht beeinflussen können

Und ablenkt:

  • Börsenkurse
  • Nachrichten
  • Was Ihr Nachbar / Ihr Kollege tut
  • Welche Aktie die nächste „Apple“ wird
  • Betrugsskandale (Banken, Autoindustrie)
  • Ob das Management Ihrer Aktie, Ihres Fonds ausgewechselt wird
  • Ob die Abgeltungssteuer abgeschafft wird
  • Wer in Amerika Präsident ist
  • Ob in China ein Sack Reis umfällt

 

Finanzmärkte sind ein Zuschauer-Sport von hohem Unterhaltungswert.

Die Konzentration auf die falschen Dinge hat Nebenwirkungen:

 

Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche

Ihre eigene Situation verstehen

  • Haben Sie einen Überblick?
  • Wisse Sie, wo Sie stehen?
  • Wissen Sie, was Sie wollen bzw. wo Sie hinwollen?
  • Kennen Sie Ihre Abhängigkeiten und Risiken?
  • Was sind Ihre Pläne?

Sich selber verstehen

  • Kennen Sie Ihre finanzielle Risikobereitschaft?
  • Können Sie Ihre Erfahrungen, Ihr Wissen und Können realistisch einschätzen?
  • Was brauchen Sie um entscheiden zu können?
  • Haben Sie ausreichend Zeit und Interesse sich um Ihre Finanzen zu kümmern?
  • Schleppen Sie Ballast mit in Form von negativen Erfahrungen oder familiärer Prägung?

Den Partner verstehen

  • Kennen Sie die finanzielle Risikobereitschaft Ihres Partners?
  • Wie ist die Situation Ihres Partners und welche Interessen hat er?
  • Mit wem können Sie über Geld sprechen?

Basiswissen zu Finanzen

  • Haben Sie einen Plan, eine Strategie?
  • Ist Ihr Risiko ausreichend gestreut?
  • Verstehen Sie die Funktionsweise Ihrer Finanzprodukte?
  • Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen?
  • Sind die Kosten transparent und die Sprache verständlich?

Ihre Entscheidungen an all die Ereignisse in Ihrem Leben anpassen

  • Umzug, Hauskauf
  • Jobwechsel, Karriere, Ruhestand
  • Hochzeit, Kinder, Trennung
  • Projekte, Pläne, Selbständigkeit
  • Krankheit, Berufsunfähigkeit, Pflege, Tod
  • Und vieles mehr.

Globale Entwicklungen, Finanzmärkte und Schicksalsschläge, können wir nicht ändern. Aber jeder kann entscheiden, wie er damit umgeht. Wer sich auf die Dinge konzentriert, die er beeinflusst, der erzielt die höchste Wirkung. Dieses Gefühl, etwas bewirken zu können, ist zutiefst befriedigend und motivierend.