So macht Geldausgeben glücklich

Finanzberater gelten als Experten für Sparen und Geldanlage, aber Geldausgeben?

Als Finanz-Coach habe ich gelernt, wie sinnvoll es ist, Fragen zu stellen, die neue Perspektive eröffnen. Bei der Geldanlage geht es nicht darum, möglichst viel Geld zu horten, sondern Einnahmen zu generieren und Ausgaben zu finanzieren. Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt: Wie kann ich mein Geld so ausgeben, dass es mich glücklicher macht?

Ist das nicht schade?

Wann haben Sie Ihre letzte Gehaltserhöhung erhalten? Können Sie sich noch daran erinnern? Wahrscheinlich ja. Wenn es Ihnen so geht, wie den Menschen, die ich befragt habe, dann können Sie womöglich nicht sagen, wo das zusätzliche Geld geblieben ist und was Sie damit gemacht haben.

Ich habe mich vor einiger Zeit daran erinnert, dass ich als Dreißigjähriger von meiner Großmutter Geld geerbt habe. Ich kann beim besten Willen nicht mehr sagen, was ich mit dem Geld gemacht habe. Ich habe es aufs Sparkonto gebucht und später achtlos ausgegeben. Geld für das meine Großmutter lange gespart hat.

Kennen Sie Menschen, die permanent unter Zeitdruck stehen und sich sehnlich mehr Zeit wünschen? Haben Sie einmal „Leerlauf“ und sind nicht verplant, gehen Sie einkaufen, um die Zeit „totzuschlagen“.

Wenn wir auf unser Leben zurückblicken, gibt es oft Dinge, die wir bedauern. Bronnie Ware hat Sterbende gefragt und deren Antworten in einem beeindruckenden BuchFünf Dinge, die Sterbene am meisten bedauern“ festgehalten. Eine Aussage lautete:

„Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein“

Glück kann man nicht kaufen

Natürlich können Sie Glück nicht einfach kaufen. Aber Sie können Ihr Geld so ausgeben, dass es Sie glücklicher macht. Die Schlüsselwörter lauten „Bewusstsein“ und „Sinn“.

  • Was ist Ihnen wichtig?
  • Was tun Sie wirklich gern?
  • Welche Aufgabe erfüllt Sie?
  • Welche Menschen sind Ihnen wichtig?
  • Mit wem sind Sie gerne zusammen?

Was für Sie Sinn macht, können nur Sie bestimmen. Eine kluge Philosophin hat dazu einmal gesagt:

„Sinn macht, was Dich berührt.“
Natalie Knapp

Jeder muss also seine individuelle Antwort finden. Die US-Psychologin Elizabeth Dunn und der US-Marketingspezialist Michael Norton haben wissenschaftliche Erkenntnisse ausgewertet. In Ihrem Buch „Happy Money“ haben Sie diese fünf Grundprinzipien klugen Ausgebens postuliert.

Fünf Grundprinzipien klugen Ausgebens

  1. Kaufen Sie Erlebnisse statt Sachen
  2. Gönnen Sie sich etwas Besonderes
  3. Kaufen Sie Zeit
  4. Bezahlen Sie sofort und konsumieren Sie später
  5. Investieren Sie in andere Menschen
Wie kann ich mein Geld so ausgeben, dass es mich glücklicher macht? So optimieren Sie Ihre Glücks-Rendite.
  1. Kaufen Sie Erlebnisse

Marketingexperten haben es längst entdeckt: Erlebnisse sind besonders wertvoll. Eine Hand voll Kaffeebohnen ist kaum etwas wert. Wer es schafft Kaffeebohnen in stets gleicher Qualität herzustellen, kann eine Marke kreieren, das steigert die Zahlungsbereitschaft. Als Dienstleistung bei Tschibo kostet die Tasse Kaffee schon 2 Euro und im Grand Cafe wird der gleiche Kaffee zum Erlebnis und wir zahlen 5-10 Euro dafür.

Erlebnisse lösen Emotionen aus, sie geben uns das Gefühl, mit anderen Menschen verbunden zu sein. Von Erlebnissen erzählen wir noch Jahre später. Tolle Erlebnisse bewahren uns davor, den Kauf später zu bereuen. An Besitz hingegen gewöhnen wir uns sehr schnell, etwas zu besitzen ist bald nichts Besonderes mehr. Das führt dazu, dass wir immer mehr Besitz anhäufen, nur um einen kurzen Kick zu verspüren. Wer einmal umgezogen ist, weiß, was ich meine. Es ist einfach unglaublich, was wir im Laufe der Zeit zusammenkaufen. Laut Süddeutsche Zeitung besitzt jeder Europäer im Schnitt 10.000 Dinge.

TIPP: Tun Sie etwas für Ihre Erlebnis-Biografie, sammeln Sie schöne Erlebnisse. Was sind die fünf schönsten Erlebnisse in Ihrer Sammlung?

„Seine Erinnerungen zu verlieren heißt, sich selbst zu verlieren.“
Elizabeth Dunn

  1. Gönnen Sie sich etwas Besonderes

Unser Alltag wird von Gewohnheiten beherrscht. Gewohnheiten sind nützlich, sparen sie doch Energie. Das Dumme ist nur, das Gehirn unterscheidet nicht zwischen nützlichen und schädlichen Gewohnheiten. Frustkauf, Kauf auf Pump oder mehr auszugeben als man einnimmt, führt auf Dauer zu ernsten Problemen.

Wann haben Sie sich das letzte Mal etwas Besonderes gegönnt? Routine ist der Tod jeder Beziehung. Gewöhnung führt dazu, dass etwas den Reiz verliert und unser Interesse schwindet. Etwas, das wir jederzeit tun könnten, schätzen wir gering. Alles was knapp ist, erscheint wertvoll. Wenn wir wissen, dass etwas nicht lange dauern wird, genießen wir es umso mehr. Wir lenken unsere ganze Aufmerksamkeit darauf (Bewusstsein).

TIPP: Nutzen Sie die Taktik der „kleinen Freuden“ und der „geteilten Erlebnisse“.  Machen Sie es wie die Erlebnis-Gastronomie: Brechen Sie aus der Routine aus und zelebrieren Sie Ihren Kaffee indem Sie ihn an einem ungewöhnlichen Ort, mit phantasievoller Verzierung und in Gesellschaft eines Menschen, den Sie schätzen einnehmen.

„Das Großartigste, was Du tun kannst, Dein Leben heute noch zu ändern, ist für das dankbar zu sein, was Du hast.“
Oprah Winfrey

  1. Kaufen Sie Zeit

Das Gefühl, genug Zeit zu haben, wirkt sich sehr positiv auf unsere Zufriedenheit aus. Kennen Sie den Zustand des Flows, jenes als beglückend erlebte Gefühl eines mentalen Zustandes völliger Vertiefung  und Konzentration, wenn Sie voll bei der Sache sind? Menschen, die unter Zeitdruck stehen, fällt es hingegen schwer sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.

Zeitentscheidungen verbinden wir mit Sinn für uns selbst. Geldentscheidungen lassen uns eher kühl und rational denken. Wirtschaftlich betrachtet gilt das Motto „Zeit ist Geld“ und Zeit und Geld sind gleichwertig. Im Hinblick auf unsere Lebenszufriedenheit ist Zeit jedoch viel wertvoller.

TIPP: Fragen Sie sich: Ändert dieser Kauf etwas daran, wie ich meine Zeit nutze? Ist ein teures Auto, mit dem Sie täglich zur Arbeit pendeln etwas, das Ihnen wertvolle Zeit bringt oder macht es für Sie mehr Sinn, das Geld für ungeliebte Tätigkeiten wie Reifenwechsel, Putzen oder die Steuererklärung auszugeben. Womit könnten Sie, die gewonnene Zeit sinnvoll füllen? Besonders erfüllend sind Tätigkeiten im Flow, Zeit mit den Kindern oder dem Partner.

„Wir betrachten Zeit als einen festen Wert, genau da liegt der Fehler. Zeit kann langsam, aber auch schnell verstreichen, je nachdem, was wir gerade machen.“
Midaner Talane

  1. Sofort bezahlen, später konsumieren

Wir wollen alles und zwar sofort. Angebote mit Zahlungsaufschub, Ratenzahlung oder auf Kreditkarte sind verführerisch. Bedürfnisbefriedigung sofort, den Schmerz des Bezahlens verschieben. Es ist richtig, dass die Freude am Konsum am größten ist, wenn wir ihn nicht bezahlen müssen. Es ist daher klug, Konsum und Bezahlung zu entkoppeln.

Forscher haben herausgefunden, dass unser Glücksgefühl nicht dann am höchsten ist, wenn wir etwas erhalten, sondern kurz vorher. Die freudige Erwartung aktiviert unser Belohnungssystem (nucleus accumbens) im Gehirn. Sobald wir es haben, sinkt das Interesse. Ist die Bezahlung noch offen, führt das oft zu Bereuen.

TIPP: Drehen Sie den Spies um und handeln Sie genau anders herum, als Ihr Impuls es vorgibt. Bezahlen Sie zuerst und konsumieren Sie später. So ist der Schmerz schnell vorbei und Ihnen bleibt die Vorfreude. Das führt dazu, dass Sie weniger ausgeben und mehr davon haben.

„Die Vorfreude ist eine Freude, die nichts kostet und der kurzen Freude am Konsum eines Gegenstands vorausgeht.“
Elizabeth Dunn

  1. In andere Menschen investieren

Forschung kommt zum Ergebnis, dass es uns wesentlich glücklicher macht, anderen Menschen von unserem Geld abzugeben, als es selber zu verbrauchen. Das hat drei Gründe:

  • Es stärkt unsere Beziehungen zu anderen Menschen.
  • Wir können etwas bewirken. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit ist ein großer Motivator.
  • Zu geben, steht für ein Leben in Fülle, statt im Mangel.

TIPP: In Beziehungen investieren, d.h. investieren und zusammen genießen, ist am schönsten.

„Wer gibt gewinnt.“

Ivan Misner

Ein neuer Blick auf Ihre Finanzen

Als Finanz-Coach helfe ich Menschen zu verstehen, was Geld mit uns macht, und zu erfahren, was sie mit Geld machen können.

Die Frage „Kann man Geld in Glück verwandeln?“ verändert die Perspektive. Es eröffnet allen, die Finanzen mit Zahlen, Verzicht und schlechtem Gewissen assoziieren ein Angebot, Geld als Mittel zu entdecken mit dem Sie gestalten können. Eine gute Beziehung zu Geld bedeutet, mit sich und der Welt in Einklang zu leben. Schenken Sie Ihrem Geld ein wenig neugierige Aufmerksamkeit und entdecken Sie, was Sie mit Geld Gutes für sich und Ihre Mitmenschen bewirken können.

Wie Frau erfolgreich Finanzentscheidungen trifft

Finanzen gelten nicht als Domäne der Frauen. Völlig zu unrecht. Ich erlebe in meiner Praxis, wie Frauen sehr verantwortungsbewusst mit Geld umgehen. Frauen agieren oft ruhiger und disziplinierter. Ihnen fehlt manchmal lediglich Erfahrung und Zutrauen in ihre Fähigkeiten. Sich seiner Schwäche bewusst zu sein, muss kein Nachteil sein. Männer neigen zur Selbstüberschätzung. Das führt zu Fehlern. Wer klug entscheidet, kann das Spiel zu seinen Gunsten verändern.

„Nicht die Verhältnisse bestimmen Dein Leben, sondern Deine Entscheidungen.“ Tony Robins

 

Change the Game

Die Finanzmärkte faszinieren vornehmlich Männer, das zeigt sich in der Sprache:

  • den Index schlagen
  • den Markt timen und outperformen
  • aktives Management

Vielen Menschen, darunter vielen Frauen, ist diese Welt suspekt. Doch bei Finanzen geht es nicht darum was Finanzmärkte machen, was der Finanzberater empfiehlt oder Ihr Nachbar denkt. Es geht einzig darum, was Ihnen wichtig ist und wie Sie Ihr Leben gestalten. Unsere Finanzentscheidungen haben Einfluss auf unseren Lebensstandard, unsere Handlungsoptionen und unsere Unabhängigkeit. Wer das Spiel zu seinen Gunsten verändern will, tut gut daran, sich auf das zu konzentrieren, was Frau selber beeinflussen kann.

Konzentrieren Sie sich auf das was Sie selber beeinflussen.

 

  1. Selbst-Bewusstsein in der Beziehung

Geld ist ein Beziehungsthema. Wie ist Ihre Beziehung zu Geld? Wofür ist Ihnen Geld wichtig? Welche Rolle spielt Geld in Ihrem Leben? Jeder hat eine ganz eigene Vorstellung von Geld. Da Geld abstrakt ist wirkt es wie eine Leinwand. Wir projizieren unsere Ängste, Hoffnungen und Sorgen darauf.

Was wir über Geld denken sagt mehr über uns als über Geld.

Nur wer reflektiert ist und seine Beziehung zu Geld geklärt hat, kann souverän damit umgehen. Dies gilt besonders, wenn Partner gemeinsam entscheiden. In der Ehe kommen Partner aus verschiedenen Familien zusammen. Sie bringen ihre Geschichte zu Geld mit, oft ungeklärte Konflikte. Unser Verhältnis zu Geld prägt sich in der Kindheit. Wir lernen indem wir nachahmen. Wir entwickeln unbewusst Glaubenssätze, die unser Verhalten mit Geld lenken. Sie können Erfolg beflügeln oder blockieren.

  • Mit wem können Sie über Geld sprechen?
  • Wofür ist Ihnen Geld wichtig?
  • Wie sprechen Sie mit Ihren Kindern über Geld?

 

  1. Gehe nie einkaufen ohne Einkaufszettel

Ziele sind echte Game-Changer. Wer weiß, was er will, ist dem anderen überlegen. Die wenigsten Menschen haben konkrete Finanz-Ziele. Es gilt zunächst herauszufinden, was Sie wollen. Ziele funktionieren, wenn sie konkret und motivierend sind. Konkret bedeutet messbar und terminiert, motivierend bedeutet Sinn machen und Energie freisetzen.

Ziele definieren klingt einfacher als es ist. Wir tun uns schwer damit. Im Dialog mit einem Freund, Coach oder Berater fällt es uns leichter. Auch methodisch gibt es Kniffe. Uns ist meist klarer, was wir nicht wollen. Der geniale Bildhauer Michelangelo hat die „Negativ-Methode“ anschaulich beschrieben. Auf die Frage, wie es ihm gelungen ist, eine perfekte Statue wie den David zu erschaffen, antwortete er:

„Der David steckte von Anfang an in dem Marmorblock. Ich habe nur entfernt, was nicht dazu gehörte“

Einfach in eine Bank zu laufen, ist genauso gefährlich, wie ohne Einkaufszettel in einen Supermarkt zu gehen. Sie haben immer etwas im Korb, das Sie nicht brauchen. Bankberater sind Verkäufer. Sie lieben Kunden, die nicht wissen, was sie wollen, denn der Bankberater hat klare Vertriebsvorgaben. Wenn Sie jedoch das Ziel vorgeben, werden Sie auf Augenhöhe mit Ihrem Berater sein.

  • Wissen Sie, wo Sie stehen?
  • Haben Sie ein konkretes Finanz-Ziel?
  • Welche Bedeutung hat das Ziel für Ihr Leben?

 

  1. Frage nie Deinen Friseur, ob Du eine neue Frisur brauchst

 

Diese Warnung stammt vom legendären Investor Warren Buffet, einem der reichsten Menschen der Welt. Er hat ein Vermögen gemacht mit Investments in Unternehmen. Es gibt Tausende von Finanzprodukten, täglich werden neue kreiert. Alle wollen an den Mann – bzw. die Frau – gebracht werden, deshalb unterhalten Banken Filialen und Versicherungen Agenturen. Und deshalb zahlen die Produzenten von Finanzprodukten Provisionen und Kick-Backs an die Verkäufer ihrer Produkte. So funktioniert Finanzberatung in Deutschland.

You get what you pay for. Wer unabhängige Beratung sucht, handelt klug seinen Berater direkt dafür zu bezahlen.

Sie wünschen unabhängige Beratung? Diese erhalten Sie bei Honorarberatern. Als Kunde zahlen Sie Ihren Berater direkt für die Beratungsleistung, klar und transparent. Im Gegenzug erhalten Sie Zugang zu Finanzprodukten, die keine Vertriebsprovision enthalten, sogenannte „Netto-Produkte“. Sie werden staunen, wieviel günstiger diese sind. Produkte werden Ihnen nur empfohlen, wenn sie für Sie Sinn machen. Wieviel Finanzprodukte haben Sie, von denen Sie gar nicht wissen wofür?

Brauchen Sie Überblick über Ihre Finanzen und einen Plan, dann empfehlen sich zertifizierte Finanzplaner, die ebenfalls auf Honorarbasis arbeiten. Diese helfen Ihnen erst einmal einen Finanzplan zu erstellen, ohne Finanzprodukte zu vermitteln. Für hohe Qualifikation, ganzheitliche Betrachtung und klare Ethikstandards steht der internationale Standard „Certified Financial Planner (CFP)“.

  • Wissen Sie, von wem Ihr Finanzberater Geld erhält?
  • Kennen Sie die Kosten Ihrer Finanzprodukte?
  • Haben Sie einen unabhängigen Berater?

 

FAZIT

Halten Sie es wie John D. Rockefeller

„Lieber eine Stunde nachdenken über Geld, als eine Stunde für Geld arbeiten.“

Aber machen Sie sich Ihre eigenen Gedanken über das, was Ihnen wichtig ist und versuchen Sie nicht, es anderen recht zu machen.

Das ist übrigens kein Widerspruch zu einer guten Partnerschaft. Gute gemeinsame Lösungen berücksichtigen die Bedürfnisse beider Partner und dazu ist ein gesundes Selbst-Bewusstsein Voraussetzung. Jeder Partner hat eine eigene Perspektive und Interessen. Das ist völlig normal. Wie eine Kommunikation zu Geld in einer Paar-Beziehung gelingen kann, dazu finden Sie Anregungen in meinem Beitrag: Wie spreche ich mit meinem Partner über Geld?

 

Wie treffen Sie Finanzentscheidungen? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Worauf suchen Sie eine Antwort?

 

Wie spreche ich mit meinem Partner über Geld?

Geld ist das letzte Tabu unter Partnern. Paare tun sich schwer, über Geld zu sprechen. Einige befürchten, dass es der Liebe schadet. Ob mit oder ohne Trauschein, keiner der eine Beziehung eingeht, kommt am Thema Geld vorbei. Immer wieder begegne ich Menschen, die über den Umgang mit Geld in ihrer Beziehung nicht glücklich sind. Doch wie darüber sprechen?

Das Ideal der Liebe

Paare waren ursprünglich Überlebensgemeinschaften. Ihr Zweck war es, den gemeinsamen Alltag zu bewältigen. Heute ist das Ideal der Paarbeziehung die Liebe. Gefragt, warum wir mit einem Partner zusammen sind, lautet die erwartete Antwort: Weil wir uns lieben. Und nicht: Weil wir uns brauchen. Dabei ist letzteres auch heute noch der Fall.

Wir brauchen uns auf drei Ebenen:

Emotional – Bestätigung liebenswert zu sein, angenommen zu sein
Praktisch – Aufgabenteilung, ergänzende Kompetenzen
Faktisch – um Kinder zu zeugen und uns zu versorgen

 

Hört beim Geld die Liebe auf?

Und die harte Realität

Viele haben die Sorge, dass es der Liebe schadet, über Geld zu sprechen.
So kommt es zu merkwürdigen Phänomenen:

• Ein Partner weiß nicht, was der andere verdient.
• Ein Partner ist „Finanzminister“ und trifft alle Entscheidungen allein.
• Ein Partner interessiert sich nicht für Geld, lebt aber gut vom Geld seines Partners.

Die Auswirkungen können drastisch sein:

• Ein Partner fühlt sich abhängig und ist es womöglich auch.
• Widersprüchliche Signale bei der Erziehung der Kinder in Sachen Geld.
• Nach einer Trennung (Tod oder Scheidung) steht der ahnungslose Partner alleine da.

Für Verliebte mag es unromantisch klingen, über Geld zu sprechen oder gar einen Ehevertrag zu schließen. Jede Beziehung wird im Laufe der Zeit auf die Probe gestellt und dann zahlt es sich aus.

 

Über Geld spricht man nicht

Kennen Sie diesen Spruch? Wie leben Sie das – in der Paarbeziehung, einer Freundschaft oder gegenüber den Kindern? Können wir Geld außen vorlassen? Ist Geld nicht allgegenwärtig?

• Wer bezahlt die Rechnung?
• Wem gehört die Wohnung, das Haus, das Auto?
• Wieviel Taschengeld bekommen die Kinder?
• Ziehen wir wegen eines tollen Jobangebots (Karriere) um?
• Wer hat welchen Rentenanspruch?

Über etwas nicht zu sprechen, bedeutet nicht, dass es nicht da ist. Unausgesprochen bleibt, was wir erwarten und ersehnen. Unausgesprochen bleibt, welche Gedanken, Befürchtungen und Hoffnungen Geld-Handlungen auslösen. Schweigen löst keine Probleme.

Es ist unmöglich, Geld aus einer Beziehung herauszulassen.

 

Die Sprachlosigkeit überwinden

Viele Paare wissen nicht, wie sie es anstellen sollen, über Geld zu sprechen, ohne das Ideal der Liebe zu beschädigen. Hier setzt Michael Mary mit seiner Erfahrung als Therapeut in der Paarberatung an. Er hat drei Formen der Liebe beobachtet, die jeweils eine eigene Logik und ein eigenes Verhalten aufweisen. Sie ähneln den drei Motiven um Freundschaft einzugehen, die Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik beschreibt: Freundschaft um des Nutzens Willen, des Wesens Willen und der Lust Willen.

Diese drei Formen der Liebe kommen heute in jeglicher Kombination in Paarbeziehungen vor, gleichzeitig oder zeitversetzt:

Partnerschaftliche Liebe
• Freundschaftliche Liebe
• Emotional-leidenschaftliche Liebe

Die drei Formen der Liebe bedingen drei Formen von Geld:

• Partner-Geld
• Freundschafts-Geld
• Liebes-Geld

Diese Differenzierung erleichtert es Paaren, über Geld und ihre Absichten mit Geld zu sprechen. Richtig angewendet stärkt das die Beziehung. Falsch angewendet führt es zu Konflikten.

Buchempfehlung: Michael Mary „Liebes Geld“ Vom letzten Tabu in Paarbeziehungen

Nachfolgend möchte ich die drei Geldformen kurz vorstellen.

Partner-Geld

Partnerschaftliche Liebe entstammt einem Versorgungsversprechen. Es geht darum, den Lebensalltag gemeinsam zu bewältigen. Die Logik dahinter ist eine Verhandlungs-Logik. Über die Leistungen – ob ökonomisch oder nicht – muss verhandelt werden. Eine Gegenleistung kann erwartet werde. Die Partner haben einen Anspruch auf Erfüllung, den sie aktiv einfordern. Das Verhalten, dass beide voneinander erwarten ist verlässlich, berechenbar, vertragstreu.

Das Verhandeln geschieht bewusst, und es kommt zu einem Vertrag – ob schriftlich (Ehevertrag), mündlich oder unausgesprochen (konkludentes Handeln). Die Leistungen, die die Partner füreinander erbringen, müssen nicht gleich, sondern lediglich gleichwertig sein. Ein klassisches Beispiel: Ein Partner arbeitet, um Geld zu verdienen und der andere bleibt zu Hause, um den Haushalt zu führen und Kinder zu erziehen. Es ist nicht zielführend, zu berechnen wieviel die Hausarbeit in Euro wert ist. Vielmehr lautet die Verhandlungslogik: Wir teilen uns die Aufgaben und jeder gibt sein Bestes. So ist beides gleichwertig, ohne gleichartig sein zu müssen. Ändern sich die Lebensumstände, ist neu zu verhandeln. Beispiele sind: Umzug und Hauskauf, Nachwuchs, Kinder aus dem Haus, Renteneintritt, Pflege der Eltern.

Partnergeld ist Tauschgeld und kann den Zahlenden entpflichten, seine Schuld tilgen. Der Sinn von Partnergeld ist Bindung. Partnergeld gibt es sowohl in der Paarliebe als auch im Geschäftsverkehr, dort bleibt es allerdings kalt.

Freundes-Geld

Freundschaftliche Liebe bestätigt uns in unserer Identität und fördert die Entwicklung unserer Persönlichkeit. Basis sind gemeinsame Interessen oder gegenseitige Faszination (von der Andersartigkeit). Die Logik dahinter ist eine Teilhabe-Logik. Sie ist nicht kalkulierend, sondern freiwillig. Ein Gegengeschenk kann erhofft, aber nicht erwartet werden. Das Verhalten, das beide voneinander erwarten ist wohlwollend, akzeptierend und unterstützend.

Es ist ein Geben und Nehmen von Herzen. Sein Maßstab ist die Erfüllung und das Glück des Partners. Deshalb gilt: Was den einen glücklich macht, darf den anderen nicht unglücklich machen. Auch wenn es gut ist, dass Geben und Nehmen sich auf Dauer ausgleichen, es geht nicht um ein Aufrechnen. Freundes-Geld bleibt freiwillig.

Liebes-Geld

Emotional-leidenschaftliche Liebe ist bedingungslos. Sie bedeutet, dass sich jeder um seiner selbst willen und ohne Vorbehalt geliebt fühlt. Ganz angenommen, so wie er ist. Die Logik dahinter ist die einer Schenkung. Liebe schenken bedeutet ohne Erwartungen und ohne Anspruch etwas zurückzufordern. Gegengeschenke dürfen ersehnt werden, aber nicht mehr. Das Verhalten, das beide voneinander erwarten ist eine Offenbarung und Zuwendung zum Innersten.

Liebes-Geld soll Liebe zeigen. Es hat keinen Maßstab, sondern entspringt dem Bedürfnis des Schenkenden, seiner Liebe Ausdruck zu geben.

Die Eigensicherung nicht vernachlässigen

Geld zu Geben oder zu nehmen ist mit Erwartungen verbunden. Je ehrlicher wir uns und unserem Partner gegenüber dies eingestehen, je einfacher wird die Kommunikation. Das Modell von Mary mit seiner Logik, kann dabei helfen. Wer sein Einkommen als Partner-Geld einbringt, darf eine gleichwertige Gegenleistung erwarten und sogar einfordern. Das gilt jedoch genauso, für denjenigen, der auf Einkommen und Karriere verzichtet, um diese dem Partner zu ermöglichen.

Wer seinem Partner helfen möchte, darf seine „Eigensicherung“ nicht vernachlässigen.

Diesen Grundsatz kennt jede Seilschaft im Berg. Doch immer wieder sehe ich Fälle in denen ein Partner dem anderen alles ermöglicht, ohne sich selber abzusichern. Helma Sick hat das mit Ihrem Buchtitel „Ein Mann ist noch keine Altersvorsorge“ auf den Punkt gebracht.

Kritisch wird es bei einseitige Liebe oder Freundschaft, die nicht erwidert werden. Sie führen zur Selbstaufgabe. Nicht selten thematisieren Paare Geld nicht, aus Angst ihr Partner könnte sie verlassen. Fehlt die Eigensicherung, ist diese Angst nicht nur emotional, sondern auch wirtschaftlich begründet.

Die Haltung ist entscheidend

In einer gesunden Partnerschaft finden sich alle drei Formen der Liebe und des Geldes:

• Partnerschaftliche Liebe und Partner-Geld beruhen auf einem Vertrag über gleichwertige Leistungen.
• Freundschaftliche Liebe und Freundes-Geld sind ein gegenseitiges Geben und Nehmen von Herzen – ohne aufzurechnen.
• Emotional-leidenschaftliche Liebe und Liebes-Geld sind bedingungslos – fern von Erwartungen und Ansprüchen.

Entscheidend ist die Absicht. Welche Absicht Partner mit dem was sie tun verbinden, können nur sie selber definieren. Der Ansatz von Mary bietet ein Modell, das hilft sich beim Umgang mit Geld über die eigenen Absichten klarer zu werden und Asymmetrien zu vermeiden. Wer Liebes-Geld schenkt, darf keine Gegengeschenke erwarten oder gar einfordern. Genauso schräg wäre es als Gegenleistung für Partner-Geld zu erwarten, (um seiner selbst willen) geliebt zu werden.

Chance und Risiko

Wer eine Lösung will, die von der Beziehung bestimmt wird und nicht vom Geld, der muss über Geld sprechen. Sonst macht das Geld etwas mit der Beziehung. Den ersten Schritt zu tun, erfordert Mut. Das Risiko besteht darin, das der wahre Zustand einer Beziehung offenbar wird. Noch nie erlebt habe ich jedoch, dass das Ansprechen von Geldthemen eine Beziehung zerstört.

Wer mit seinem Partner über Geld spricht, hat die Chance, Erwartungen zu klären und den anderen besser zu verstehen. Auch in einer Paarbeziehung bleiben wir Individuen, die die Welt aus unterschiedlicher Perspektive wahrnehmen. Dies zu akzeptieren und sich einzufühlen ist eine gute Basis. Geldentscheidungen bewusst und gemeinsam zu treffen, stärkt die Bindung unter Partnern.

 

Warum private Finanzen selbst Unternehmer herausfordern

Private Finanzen sind eine Herausforderung. Erstaunlicherweise geht es selbst im Job erfolgreichen Menschen so. Sogar Unternehmer und Manager tun sich schwer, obwohl sie es gewohnt sind Finanzentscheidungen zu treffen. Was ist bei privaten Finanzen anders? Folgendes Verhalten habe ich beobachtet:

 

  1. Planlos drauflos

Eine solide Planung ist im Business selbstverständlich. Kein Unternehmen, keine Verwaltung agiert ohne Plan.

Jeder Unternehmer hat einen Businessplan, doch viel zu wenige haben eine private Finanzplanung.

 

In angelsächsischen Ländern ist es üblich, zum Financial Planner zu gehen. Finanzplaner analysieren die Situation und zeigen Wege auf, wie Sie Finanzziele erreichen. Dabei geht es nicht um konkrete Produktempfehlungen, sondern um Konzepte. Damit unterscheidet sich diese Tätigkeit deutlich von der Finanzberatung, die Kunden überwiegend in Deutschland erleben. Da Banken, Versicherungen und Finanzberater von Produkt-Provisionen leben, stehen Finanzprodukte im Fokus. Doch auch in Deutschland gibt es zertifizierte Finanzplaner nach internationalem Standard – Certified Financial Planner (CFPs).

Natürlich wird kein Plan je genauso umgesetzt. Dafür hält das Leben zu viel Überraschendes bereit. Der Wert einer Planung besteht nicht im Plan, sondern vielmehr im Prozess der Planung. Wenn wir planen, machen wir uns Gedanken über:

  • Unsere Ziele
  • Unsere Position
  • Unsere Präferenzen
  • Konsequenzen und Auswirkungen
  • Mögliche Risiken
  • Szenarien
  • Alternativen
Private Finanzplanung: Zu planen bedeutet, vorbereitet zu sein und zielgerichtet zu agieren.

 

  1. Kontrollverlust

Unternehmer beteiligen sich an anderen Unternehmen. Übernahmen, Fusionen und Joint Ventures sind nichts Ungewöhnliches im Geschäftsalltag. Auch Privatanlegern werden Beteiligungen an Flugzeugen, Schiffen, Containern, Immobilien und Private Equity in Form geschlossener Fonds angeboten. So mancher Unternehmer hat mit solchen privaten Anlagen viel Geld verloren.

Deutsche Anleger haben Milliarden mit Schiffsfonds und Beteiligungen versenkt.

 

Wie kann das sein?

Wenn sich ein Unternehmen an einem anderen Unternehmen beteiligt, treibt der Käufer einen großen Aufwand, dieses zu durchleuchten. Due Diligence heißt das Stichwort: Einsicht in Geschäftsbücher, Recherche im Markt, Gutachten von Sachverständigen. Um ihren Einfluss zu sichern, legen Käufer Wert auf die Mehrheit und entsenden Manager und Spezialisten in das übernommene Unternehmen, um Kontrolle auszuüben.

Auf diese Kontrolle verzichten Anleger bei Beteiligungen komplett. Ihr Anteil ist einer von vielen, Beschlüssen der Mehrheit müssen sie sich beugen. Einsicht in Bücher oder Mitspracherechte – Fehlanzeige. Und als i-Tüpfelchen, der Verzicht auf Liquidität. Es gibt keine Börse für geschlossene Fonds, lediglich ein sogenannter Zweitmarkt.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Beteiligungen für Privatanleger: Hochglanzprospekt statt Due Diligence.

 

Der Vergleich macht deutlich, auf welchem schmalen Grad sich Käufer auf Basis eines Hochglanzprospekts bewegen. Ich spreche aus eigener Erfahrung sowohl als Käufer wie als Verkäufer von Beteiligungen (in meiner Zeit bei der Bank). Die Erfahrung lehrt mich, die Finger von geschlossenen Fonds zu lassen. Ich kann den Aufwand einer ausreichenden Prüfung nicht leisten und sehe den wichtigen Anlage-Grundsatz verletzt, stets Handlungsfähigkeit zu bewahren.

Kommen noch weitere Faktoren hinzu, wie hohes Klumpenrisiko und rechtliche Verpflichtungen, wie Nachschusspflichten, kann es im Ernstfall bedrohlich werden. Geschlossene Fonds sind – wenn überhaupt – nur für Privatanleger geeignet, die den Totalausfall verkraften können.

Wer sich hingegen über breit gestreute offene Investmentfonds in Aktien an Unternehmen beteiligt, verfügt über drei entscheidende Vorteile:

  • Risikostreuung als Grundprinzip
  • Handlungsfähigkeit durch tägliches Rückgaberecht zum aktuellen Kurs oder Verkauf über die Börse
  • Rechtlicher Schutz durch Sondervermögen

 

  1. Bei Geld setzt der Verstand aus

Es ist es etwas völlig anderes, als Manger Finanzentscheidungen zu treffen oder als Privatanleger. Für andere zu entscheiden, ist eine andere Herausforderung als für sich selber. Ich möchte nicht urteilen, was schwieriger ist. Fakt ist, es ist anders – vor allem emotional.

Manager sind oft eingebunden in Gremien und ihnen stehen Fachabteilungen zur Seite. Entscheidungen werden intensiv geprüft. Es ist zu bedenken, wie diese auf Anteilseigner, Öffentlichkeit und Belegschaft wirken. Privat entscheiden wir (zu) oft situativ, aus dem Bauch heraus. Nicht selten unter Zeitdruck – selbstgemachter Stress, da wir uns keine Zeit nehmen, oder bewusst herbeigeführter Stress durch Verkäufer, die uns drängen.

Die Gefahren sind vielfältig. Es gibt einen eigenen Forschungszweig, die Behavioral Finance. Er untersucht wie sich Emotionen auf unsere Entscheidungen auswirken. Zwei Beispiele:

Overconfidence Bias

Wir überschätzen unsere Fähigkeiten, wie beim Kauf von geschlossenen Fonds gesehen. Unsere Zuversicht in unsere Fähigkeiten steigt je öfter wir erfolgreich sind, obwohl womöglich ganz andere Faktoren ausschlaggebend sind (Glück, lange Haussephase). Privatanleger sind kleine Fische in einem Haifischbecken. Dafür steht stellvertretend dieses Zitat:

„Du bist nicht Warren Buffet“ Tony Robbins

Was Warren Buffet mit enormem Aufwand, bewundernswerter Disziplin und mittlerweile einzigartiger Ressourcen gelungen ist, das können Privatanleger nicht nachmachen. Oder verfügen Sie über Ressourcen substanzielle Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen zu erwerben?

Verzerrte Wahrnehmung

Jede Finanzentscheidung ist mit einem Risiko verbunden. Die Einschätzung des Risikos hängt von unserer Wahrnehmung ab – aber können wir uns darauf verlassen?

Seltene Risiken wie Terroranschläge überschätzen wir dramatisch, schleichende Risiken wie Übergewicht unterschätzen wir. Crashs bleiben im Gedächtnis haften, Phasen niedriger Volatilität nicht. Was heute geschieht erscheint uns bedeutender als was vorgestern war.

Während wir Verzerrungen in der Wahrnehmung bei anderen beobachten, fällt es uns gleichzeitig schwer, sie bei uns selber zu erkennen.

 

FAZIT:

Private Finanzentscheidungen sind eine Herausforderung. Wir können sie meistern, wenn wir uns ihrer bewusst sind. Es hilft, sich Zeit zu nehmen, zu planen und Schritt für Schritt vorzugehen. In Begleitung fällt es leichter als allein.

Meine Finanz-Coach Kollegin Kornelia Rendings aus Bremen hat sich Gedanken gemacht, wie es nicht so schwer sein muss mit den privaten Finanzen.

 

Wie sind Ihre Erfahrungen?

 

 

Anlegen: Passiv statt aktiv

Passiv soll besser sein als aktiv? Das widerstrebt uns, haben wir doch schon in der Schule gelernt, dass wir uns anstrengen müssen, um etwas zu erreichen. Sind nicht die Medien voll mit Geschichten über tatkräftige Helden? Und bedeutet erfolgreiches Anlegen nicht, stets informiert zu sein, auf Nachrichten zu reagieren und Trends geschickt auszunutzen?

In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

Das Narrativ des aktiven Fondsmanagers

„Der Fonds hat fünf Sterne, das steht für die Qualität. Auf den Fondsmanager kommt es an. Entscheidend ist seine Erfahrung und sein Geschick, Marktentwicklungen zu antizipieren. Er kann flexibel auf Marktveränderungen reagieren, das ist besonders wichtig, wenn die Märkte einbrechen.“ So oder ähnlich erzählen Finanzberater täglich die Geschichte vom aktiven Fondsmanager. Je öfter wir etwas hören, je glaubhafter erscheint es. Selbst derjenige, der die Geschichte erzählt, glaubt umso fester daran, je öfter er sie erzählt.

Doch stimmt sie auch? Wissenschaftliche Studien widerlegen den Mythos. S&P Global untersucht seit 2002 die Performance Europäischer Aktienfonds und veröffentlicht jedes Jahr die „SPIVA Europe Scorecard“ die beweist: Aktive Manger schlagen den Markt nicht.

 

Aktive Fondsmanager halten nicht, was sie versprechen – sie schlagen den Markt nicht.

85 % aller Fondsmanager schlagen ihre Benchmark nicht

Die Prozentzahlen variieren, je nach untersuchtem Zeitraum. Doch die Kernaussage bleibt. Kaum einem Fondsmanager gelingt es, seine Benchmark (einen Index) zu schlagen. Je länger die Zeiträume, je weniger schaffen es. Und das hat drei Gründe:

  1. Wertpapiermärkte sind effizient. Neue Nachrichten verbreiten sich im Internet in Sekundenschnelle und schlagen sich sofort im Kurs nieder. In welche Richtung ist oft genug unvorhersehbar, da das nicht nur von den Fakten, sondern auch davon abhängt, was Marktteilnehmer erwarten.

„Die zentrale Aussage der denkbar umfassenden Literatur zur Kapitalmarkteffizienz lautet, dass es nahezu unmöglich ist, Überrenditen zu erzielen, wenn man nur auf öffentlich zugängliche Informationen zurückgreift.“ Lawrence Summer

  1. Hohe Aktivität erhöht die Fehleranfälligkeit. Viele Entscheidungen bedeuten viele potentielle Fehlerquellen. Fehler können sich verstärken.
  2. Während der Erfolg von Aktivität ungewiss ist, sind die Kosten gewiss. Aktive Fondsmanager produzieren Zusatzkosten, jede Transaktion kostet Geld. Geld, das sie dem Fondsvolumen entnehmen und das die Rendite der Anleger schmälert.

Niemand kann die Zukunft vorhersehen. Was in nächster Zeit an Wertpapiermärkten geschieht unterliegt dem Zufall. Es lässt sich nicht vorhersagen. Besser ist es, auf Prognosen ganz zu verzichten.

Und sollten Sie dies nicht wahrhaben wollen, so seien Sie wenigstens nicht naiv. Oder glauben Sie wirklich, dass jemand, der in der Lage ist Börsenkurse vorherzusagen, als Fondsmanager für Kleinanleger arbeitet?

 

Starmanager werden vom Marketing erfunden

Wenn 85 % der Fondsmanager versagen, gibt es im Umkehrschluss 15 % Fondsmanager, die ihre Benchmark schlagen. Die Idee liegt nahe, sich auf diese zu konzentrieren. Doch die Favoriten wechseln ständig und ohne System, was dafürspricht, dass der Zufall Regie führt.

Viele Transaktionen erhöhen die Kosten. Hohe Kosten fressen die Rendite von aktiven Investmentfonds.

Starmanager werden medial bewusst aufgebaut. Es sind immer Teams, die Fonds managen. Fondsgesellschaften bringen laufend neue Fonds raus. Nur wenige performen, das wird dann werbemäßig ausgeschlachtet. Ein Drittel aller Fonds wird wieder geschlossen. Während Kapitalanlagegesellschaften neue Fonds mit viel Tam Tam ankündigen, versuchen sie erfolglose Fonds möglichst geräuschlos zu schließen.

TIPP: Hüten Sie sich vor Fondsratings und Sternen. Diese legen als Kriterium die Performance der letzten fünf Jahre zugrunde. Diese stellt keine Garantie für die Zukunft dar. Enttäuschungen sind vorprogrammiert, wie dieser Artikel zeigt.

 

Eine einfache Lösung, Flops zu vermeiden

Es gleicht einem Glücksspiel, den Markt mit aktiven Fonds schlagen zu wollen. Wer die Marktrendite erzielt, gehört zu den besten Anlegern. Und das ist gar nicht so schwer.

Wer die Marktrendite will, muss den Markt kaufen.

Passive Fonds haben das Ziel, einen Index nachzubilden und dem Kunden die Performance zu bringen, die der Index hat. Ein Index ist ein Gedankenkonstrukt, das Sie nicht direkt kaufen. Sie brauchen ein Vehikel wie einen Investmentfonds. Investiert der Investmentfonds in die gleichen Werte wie der Index und mit derselben Gewichtung, so bildet er ihn nach. So funktioniert „Passives Investieren“, auch „Indexing“ genannt. Nutzen Sie Exchange Trading Funds (ETF) – sie bilden kostengünstig marktbreite Indices nach.

Den Markt zu schlagen ist eine Kunst. Den Markt abzubilden ein Handwerk.

Das Ergebnis ist verblüffend: Die Anleger, die unbedingt den Markt schlagen wollen, scheitern und werden von den Anlegern überholt, die sich mit der Marktrendite begnügen.

 

Faktor Kosten

Die Kosten unterscheiden sich gravierend. Während aktive Aktienfonds im Schnitt laufende Kosten von 3,5% p.a. aufweisen, liegen passive Fonds (ETFs) bei 0-0,5 % (laut Marc Ortmann im Buch „Kostenvergleich von Altersvorsorgeprodukten“). Das erklärt zwei Phänomene:

  1. Warum aktive Fonds auf Dauer schlechter abschneiden als passive Fonds.
  2. Warum Finanzberater trotzdem weiter aktive Fonds verkaufen.

Denn die Kosten der Anleger sind die Erträge der Verkäufer. Außerdem lassen sich die Geschichten rund um das aktive Investieren bestens verkaufen und so die Aufmerksamkeit von der schlechten Gesamtbilanz weglenken.

“Indexing ist langweilig, keine Frage. Es ist, als wenn man die eigene Schwester küsst. Oder Farbe beim Trocknen zuschaut.” Gerd Kommer

 

Einfach, aber nicht leicht

Das Prinzip ist einfach, es umzusetzen nicht leicht. Ähnlich wie Abnehmen oder einen Baum pflanzen. Die Grundprinzipien sind nicht schwer, die Herausforderung liegt darin durchzuhalten und geduldig zu sein. In der Gruppe mit anderen oder mit einem Personal Coach geht es deutlich leichter.

Der Anleger sollte nicht in Panik geraten. Börsen gleichen einer Achterbahn, wenn der Wagen nach unten saust, wird es unheimlich. Wer jetzt aus dem Wagen springt, nimmt ernsthaft Schaden. Indem er die Aktienquote reduziert kann jeder Anleger die Schwankungsintensität seiner Anlage steuern und an seine finanzielle Risikobereitschaft anpassen.

Ist die Anlage zu langweilig droht ebenso Gefahr. Wer sich langweilt neigt dazu, die Pferde zu wechseln. Schnell wird wieder taktiert, statt eine Strategie nachhaltig umzusetzen. Passives Investieren ist kein Spaziergang, Durchzuhalten erfordert Disziplin und ist anstrengend.

 

Handwerker statt Künstler

Zum Schluss möchte ich noch eine weitverbreitete Falschinformation ausräumen. Selbst von Finanzberatern höre ich immer wieder, dass aktive Fonds deshalb so teuer sind, weil sie Fondsmanager haben, während passive Fonds keinen Fondsmanager brauchen. Das ist Unsinn. Einen Index nachzubilden ist eine anspruchsvolle Arbeit. Das Fondsmanagement muss Veränderungen im Index (veränderte Zusammensetzung, Ausschüttungen und Wiederanlage) nachvollziehen. Gefragt ist solides Handwerk, gilt es doch die Abweichung vom Index (Tracking Error) möglichst niedrig zu halten. Diese soliden Handwerker arbeiten im Stillen, während die Künstler des aktiven Managements sich bewusst vermarkten.

 

 

Wie Sie mit 3 einfachen Fragen teure Fehler bei Finanzanlagen vermeiden

Fehler bei Finanzanlagen können richtig teuer werden, viel Ärger bereiten und im schlimmsten Fall Ihr Leben negativ verändern. Ob Beteiligungen wie Schiffsfonds, Zertifikate wie Lehmann-Zertifikate oder Immobilien wie Bauherrenmodelle oder Ostimmobilien, allen Anlagen ist eines gemeinsam: Anleger haben große Verluste erlitten, bis hin zum Totalverlust. Sogar vermeintlich sichere Produkte haben enttäuscht, so zahlen Kapital-Lebensversicherungen oft nur die Hälfte dessen aus, was bei Vertragsabschluss versprochen wurde. Wer auf solche Verträge zur Altersvorsorge oder Tilgung seiner Baufinanzierung gesetzt hat, wird böse überrascht.

Sie fragen sich womöglich:

  • Wie kann ich teure Fehler vermeiden?
  • Wem kann ich noch vertrauen?

Stellen Sie die richtigen Fragen und vertrauen Sie auf Ihr Urteilsvermögen:

 

Mit diesen drei Fragen vermeiden Sie teure Fehler bei Finanzanlagen.

 

  1. Wie wirkt es sich auf mein Leben aus, wenn die Anlage schiefgeht? (Risikotragfähigkeit)
  2. Welche Rechtsposition habe ich? (Rechte)
  3. Kann ich im Notfall meine Anlage zu Geld machen? (Liquidität)

 

Trauen Sie sich. Trauen Sie sich, diese Fragen Ihrem Finanzberater zu stellen und trauen Sie sich, keine Kompromisse zu machen. Es geht um Ihr Geld. Diese Fragen sind relevant, essentiell und legitim. Sie haben ein Anrecht darauf, dass Ihr Gesprächspartner die Fragen ernst nimmt und Sie verständlich beantwortet. Fallen die Antworten nicht zu Ihrer Zufriedenheit aus, lassen Sie die Finger davon. Bitten Sie um einen alternativen Vorschlag, wechseln Sie den Berater oder schreiben Sie erst einmal einen Einkaufszettel.

Die drei Fragen folgen diesen Grundprinzipien:

Drei Grundprinzipien bei Finanzanlagen

 

  1. Bedenken Sie die Auswirkungen Ihrer Entscheidungen
  2. Kennen Sie Ihre Rechte
  3. Bleiben Sie handlungsfähig

Wie geht das im Detail?

 

  1. Rechnen Sie mit dem Schlimmsten

„Wie wirkt es sich auf mein Leben aus, wenn die Anlage schiefgeht?“

Also nicht, was kann alles schiefgehen und mit welcher Wahrscheinlichkeit tritt das ein oder nicht, sondern einfach nur, was bedeutet es, wenn es passieren würde?

  • Müssten Sie Ihren Lebensstandard einschränken?
  • Könnten Sie gar Miete, Auto, Kreditraten oder die Ausbildung Ihrer Kinder nicht mehr bezahlen?
  • Wäre Ihr Lebensstandard im Ruhestand gefährdet?

Oder

  • Wäre es eher ein emotionales Problem (Versagen, Frust, Wut)?
  • Würde es Sie vor anderen schlecht dastehen lassen?
  • War das Geld nicht verplant, sondern „über“?

So können Sie sich schützen:

  • Setzen Sie nicht zu viel auf eine Karte.
  • Verteilen Sie Ihr Risiko auf mehrere Investments.
  • Wählen Sie Losgrößen, deren Ausfall Sie verkraften.
  • Nutzen Sie offene Investmentfonds, um weltweit breit zu streuen.
  • Achten Sie darauf, dass die Anlagen auf die Sie Ihr Geld verteilen nicht alle von den gleichen Ereignissen abhängen. (geringe Korrelation)

 

  1. Verschaffen Sie sich Klarheit

„Welche Rechtsposition habe ich?“

Mit jeder Anlage sind Rechte und Pflichten verbunden. Anleger sollten sie kennen.

  • Sind Sie Gläubiger?
  • Wer ist Ihr Schuldner?
  • Oder sind Sie (Mit-)Inhaber und voll an Gewinn und Verlust beteiligt?

Wie wichtig das ist, haben viele Sparkassen-Kunden in der Finanzkrise erlebt. Ihre Berater hatten ihnen Lehmann-Zertifikate  empfohlen. Zertifikate ermöglichen Wetten auf den Aktienmarkt. Zertifikate sind jedoch keine Aktien, sondern Schuldverschreibungen, also Gläubigerpapiere. Die Rückzahlung oder Auszahlung schuldet der Herausgeber (Emittent). Im Falle von Lehmann-Zertifikaten war der Schuldner die US Bank Lehmann Brothers. Diese ist in der Finanzkrise pleitegegangen. Was passiert, wenn der Schuldner pleite ist? Der Gläubiger – in unserem Fall der Anleger bei der Sparkasse – schaut in die Röhre.

So können Sie sich schützen:

  • Fragen Sie Ihren Berater immer danach, welche Rechtsposition Sie haben.
  • Nutzen Sie den besonderen Schutz durch Sondervermögen“.

Offene Investmentfonds sind „Sondervermögen“, das bedeutet, dass niemand sich an dem Vermögen der Anleger bedienen darf, wenn eine Bank oder die Kapitalanlage pleitegeht. Hätten die Sparkassen-Kunden keine Lehmann-Zertifikate, sondern Lehmann-Fonds besessen, so wäre Ihr Vermögen nicht Teil der Konkursmasse von Lehmann Brothers geworden. Achtung: Das gilt nicht für geschlossene Fonds (Beteiligungen).

 

  1. Bleiben Sie handlungsfähig

„Kann ich im Notfall meine Anlage zu Geld machen?“

Nur Liquidität bedeutet Opportunität und macht es möglich etwas zu verändern. Das ist nicht nur wichtig in Finanzkrisen, sondern auch bei den vielen Veränderungen in unserem Leben. Ob erfreuliche Ereignisse wie Geburt, Hochzeit oder Karriere oder weniger erfreuliche wie Trennung, Tod oder Insolvenz, es ist wichtig, dass Sie über Ihr Geld verfügen können. Lassen sich die Ereignisse vorhersehen, gehen Sie keine Kursrisiken ein. Passieren sie unverhofft, sollten Sie in der Lage sein, möglichst zügig Ihre Anlage zu verkaufen, notfalls auf mit Verlust. Hin und wieder haben wir neue Pläne im Leben (Umzug, Jobwechsel, Hausbau, Familienplanung, Weltreise). Dies macht Anpassungen notwendig.

So können Sie sich schützen:

  • Täglich verfügbare Gelder wie Tagesgeld sind ideal, bringen jedoch kaum Zinsen. Erkundigen Sie sich nach den Bedingungen, wie Sie verfügen können, wenn Sie das Geld bei Banken anlegen (Festgeld, Sparriefe).
  • Wählen Sie Anlagen mit funktionierendem Markt. Börsen sind Märkte für Wertpapieranlagen, Aktien und Renten (Anleihen) werden hier laufend gehandelt. Sie können jederzeit verkaufen, und haben innerhalb weniger Tage das Geld auf Ihrem Konto.
  • Offene Investmentfonds können sowohl an der Börse gehandelt werden (ETFs Exchange Traded Funds) als auch täglich an die Kapitalanlagegesellschaft zum Nettoinventarwert zurückgegeben werden. Ihre Liquidität ist i.d.R. gut. Fragen Sie nach möglichen Einschränkungen. Offene Immobilienfonds haben – als Lehre aus der Finanzkrise – Haltefristen.
  • Meiden Sie geschlossene Fonds. Beteiligungen haben viele Risiken, die für Privatanleger nahezu unüberschaubar sind. Investieren Sie hier nur, wenn Sie einen Ausfall wirklich verkraften können (Regel 1).

 

Eine gute Frage hilft oft mehr als 100 Seiten Information.

 

Weitere Fehler vermeiden Sie, wenn Sie diese drei Indikatoren für erhöhtes Risiko beachten:

 

  1. Ihr Berater setzt Sie emotional oder zeitlich unter Druck, sich zu entscheiden

Unter Druck machen wir leichter Fehler. Seriöse Berater legen Wert darauf, dass Sie Ihre Anlage verstehen und in Ruhe prüfen. Eine goldene Regel für Entscheidungen lautet: Mindestens eine Nacht darüber schlafen. Das verhindert Handeln im Affekt.

 

  1. Utopische Renditeversprechen

Keine Rendite ohne Risiko. Immer wieder lassen sich Anleger mit Traumrenditen ködern. Gier frisst Hirn. 10% Zinsen, 10% Rendite ohne Risiko oder darf es noch ein bisschen mehr sein? 15%? 25%? Hinter solchen Angeboten verbergen sich oft betrügerische Organisationen und Schneeball-Systeme.

  1. Starke Emotionen

Nichts ist so emotional wie Geld. Euphorie oder Panik sind keine guten Ratgeber.

Wir fühlen uns sicher, wenn wir das tun, was viele tun. Leider ist auf die Weisheit der Masse kein Verlass. Wer dem Herdentrieb folgt ist oft zu unkritisch und blind für Risiken.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Angebote mit dem Etikett „ökologisch“ oder „ethisch“ werben. Die Erfahrung zeigt leider, dass Wölfe sich gern mit Schafspelz tarnen. Die Masche ist beliebt bei Betrügern. Schauen Sie lieber zweimal hin.

 

Ein besonders gründlicher Weg, Fehler zu vermeiden und gute Finanzentscheidungen zu treffen, bietet die Private Finanzplanung. Der Finanzplaner (CFP) analysiert Ihre Situation und Ihre Anlagen, spielt Szenarien durch und beachtet finanzielle, rechtliche und steuerliche Aspekte Ihrer Planung.

 

Robust, nicht perfekt

Fehler gehören zum Leben. Wer keine Fehler macht, lernt nichts dazu. Nullfehler-Toleranz mag in der Chip-Produktion hilfreich sein, beim Geldanlegen ist sie utopisch. Entscheidungen unter Ungewissheit und mit mehreren Unbekannten können nicht perfekt sein. Welches die optimale Entscheidung gewesen wäre, wissen wir erst im Nachhinein.

Deshalb, bleiben Sie entspannt. Sie müssen nicht perfekt sein, Ihre Entscheidungen müssen nicht perfekt sein. Treffen Sie einfach die bestmögliche Annahme, vermeiden Sie teure Fehler und konzentrieren Sie sich auf Ihr Leben.

 

 

Wie Sie mit Konzentration die Wirkung erhöhen

Die Finanzwelt ist eine Showbranche. Ständig ringen Neuigkeiten, Sensationen und flackernde Kurstafeln um unserer Aufmerksamkeit. Anleger tun gut daran, sich auf das zu konzentrieren, was sie beeinflussen. In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

Zauberkünstler, Werbung und Verkäufer

Zauberkünstler sind Meister darin, unsere Wahrnehmung dahin zu lenken, wo gerade nicht das Wesentliche passiert. So ist es ihnen möglich, Gegenstände verschwinden zu lassen, ohne dass wir es sehen. Verblüfft zollen wir Beifall.

Aufmerksamkeit ist wertvoll, das wissen, Medien, Werbeagenturen und Politiker. Täglich wetteifern Sie darum, unsere Aufmerksamkeit zu erregen und zu lenken. Sensation, Provokation, Eskalation. Da fällt es schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Auch Finanz-Verkäufer lenken unsere Konzentration bewusst auf bestimmte Aspekte, um von anderen abzulenken.

 

Drei Beispiele wie Verkäufer von Finanzprodukten unsere Aufmerksamkeit ablenken

 

  1. Kleinkredite werden über die Rate verkauft

Konsumentenkredite sind ein lukratives Geschäft für Banken. Hier zahlen die Kunden noch hohe Zinsen, zusätzlich werden Ihnen teure Restschuldversicherungen aufgeschwatzt. Ihren ersten Kleinkredit nehmen Verbraucher meist für eine Anschaffung auf. Er wird später (mehrfach) aufgestockt und das läuft so: Der Zins wird zwar erwähnt, die Aufmerksamkeit geschickt auf die Rate gelenkt. Bank: „Wir haben da ein tolles Angebot für Sie. Als guten Kunden geben wir Ihnen zusätzlich 3.000 Euro Kredit und das zur gleichen Rate wie bisher! Die Laufzeit verlängert sich zwar ein wenig, aber mit der Rate kommen Sie doch gut klar und dann können Sie sich Ihre Anschaffung schon heute leisten!“ Der Kunde hat seinen Wunsch (die Anschaffung) im Kopf, ist froh, dass er Kredit bekommt und ist an die Rate gewöhnt.

  1. Riester, Rürup, bAV werden über die Steuer verkauft

Altersvorsorge fällt uns nicht leicht. Wir sollen heute auf Konsum verzichten, um für etwas vorzusorgen, was wir gar nicht sein wollen, nämlich „alt“. Steuern zu zahlen – wo uns der Staat etwas wegnimmt (Besitzstands-Effekt) – erleben wir sogar noch negativer. Kein Wunder, dass staatlich geförderte Produkte bei Versicherungen der Renner sind. Geld vom Staat zu bekommen oder weniger Steuern zu zahlen, empfinden wir als Gewinn. Vor lauter Steuern sparen bemerken viele nicht, dass sie erhöhte Kosten zahlen und verpackt als Riester oder Rürup eine renditeschwache Rentenversicherung abschließen.

  1. Fonds werden über Geschichten verkauft

Wie ein einzelner Fonds in unserem Portfolio abschneidet ist zweitrangig. Dass die Einzelteile eines Portfolios nicht im Gleichschritt laufen, ist gewollt und sorgt für Stabilität. Entscheidend ist, die Rendite des Portfolios – also, was unterm Strich rauskommt.  Indem Anlageberater die Aufmerksamkeit auf die Einzelteile – statt auf die Summe – richten, lenken Sie von ihrer oftmals bescheidenen Gesamtleistung ab. So lassen sich Anleger leichter bewegen, Fonds zu tauschen, was dem Berater Provision einbringt. Hierzu dienen Geschichten über Börsenzyklen, Fondsmanager, neue Chancen und drohende Gefahren.

Die unzähligen  Börsenbriefe gehen ähnlich vor. Jede Woche zehn neue Tipps. In der Folgewoche Berichte über die drei Tipps, die aufgegangen sind. Die Flops fallen unter den Tisch, schließlich gibt es wieder zehn neue Tipps. Neues Spiel, neues Glück. Nichts geht mehr.

 

Konzentration bedeutet, sich zu fokussieren

„Konzentration (lateinisch concentra, „zusammen zum Mittelpunkt“) ist die willentliche Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das, was wichtig ist.“ (Wikipedia) Und wichtig sind Sie und was Sie erreichen wollen. Das ist der Mittelpunkt.

„Der beste Finanzplan hat nichts damit zu tun, was die Märkte machen, nichts damit, was Ihr Immobilienmakler empfiehlt und mit dem heißen Tipp Ihres Schwagers. Es hat nur damit zu tun, was für Sie am wichtigsten ist.“

Carl Richards

Finanztipp: Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie selber beeinflussen können.

 

Was Sie alles nicht beeinflussen können

Und ablenkt:

  • Börsenkurse
  • Nachrichten
  • Was Ihr Nachbar / Ihr Kollege tut
  • Welche Aktie die nächste „Apple“ wird
  • Betrugsskandale (Banken, Autoindustrie)
  • Ob das Management Ihrer Aktie, Ihres Fonds ausgewechselt wird
  • Ob die Abgeltungssteuer abgeschafft wird
  • Wer in Amerika Präsident ist
  • Ob in China ein Sack Reis umfällt

 

Finanzmärkte sind ein Zuschauer-Sport von hohem Unterhaltungswert.

Die Konzentration auf die falschen Dinge hat Nebenwirkungen:

 

Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche

Ihre eigene Situation verstehen

  • Haben Sie einen Überblick?
  • Wisse Sie, wo Sie stehen?
  • Wissen Sie, was Sie wollen bzw. wo Sie hinwollen?
  • Kennen Sie Ihre Abhängigkeiten und Risiken?
  • Was sind Ihre Pläne?

Sich selber verstehen

  • Kennen Sie Ihre finanzielle Risikobereitschaft?
  • Können Sie Ihre Erfahrungen, Ihr Wissen und Können realistisch einschätzen?
  • Was brauchen Sie um entscheiden zu können?
  • Haben Sie ausreichend Zeit und Interesse sich um Ihre Finanzen zu kümmern?
  • Schleppen Sie Ballast mit in Form von negativen Erfahrungen oder familiärer Prägung?

Den Partner verstehen

  • Kennen Sie die finanzielle Risikobereitschaft Ihres Partners?
  • Wie ist die Situation Ihres Partners und welche Interessen hat er?
  • Mit wem können Sie über Geld sprechen?

Basiswissen zu Finanzen

  • Haben Sie einen Plan, eine Strategie?
  • Ist Ihr Risiko ausreichend gestreut?
  • Verstehen Sie die Funktionsweise Ihrer Finanzprodukte?
  • Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen?
  • Sind die Kosten transparent und die Sprache verständlich?

Ihre Entscheidungen an all die Ereignisse in Ihrem Leben anpassen

  • Umzug, Hauskauf
  • Jobwechsel, Karriere, Ruhestand
  • Hochzeit, Kinder, Trennung
  • Projekte, Pläne, Selbständigkeit
  • Krankheit, Berufsunfähigkeit, Pflege, Tod
  • Und vieles mehr.

Globale Entwicklungen, Finanzmärkte und Schicksalsschläge, können wir nicht ändern. Aber jeder kann entscheiden, wie er damit umgeht. Wer sich auf die Dinge konzentriert, die er beeinflusst, der erzielt die höchste Wirkung. Dieses Gefühl, etwas bewirken zu können, ist zutiefst befriedigend und motivierend.

 

Game-Changer: Perspektive wechseln

Es ist erstaunlich, wie sich die Welt verändert, wenn wir aus einer anderen Perspektive auf ein Problem oder eine Situation blicken. Der neue Blickwinkel erleichtert es, andere zu verstehen und neue Lösungen zu finden. “In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

Im Tunnelblick

Wenn wir Probleme wälzen, ähneln wir einem Menschen, der eine Taschenlampe besitzt und den Lichtstrahl auf das Problem richtet – und der Rest liegt im Dunkeln. Wäre es möglich das Licht anzumachen, würde uns das vermutlich überfordern – so wie es unsere Augen überfordert, wenn wir aus dem Dunkeln ins Licht treten. Richten wir die Taschenlampe nicht länger auf das Problem, wächst unsere Chance, eine Lösung zu finden.

„Der Lösung ist es egal, warum ein Problem entstanden ist.“ Peter Szabo

Ich war dreißig Jahre in einer Großbank. Ich hätte nie gedacht, wie klein die Welt in einer so großen Bank ausschaut, wenn ich von außen darauf schaue. Haben Sie Ähnliches auch schon erlebt?

 

Jeder lebt in seiner Wirklichkeit

Was wir für wahr halten ist oft nur unsere Wahrnehmung der Dinge. Sobald wir es wagen, den Gedanken zuzulassen, dass unsere Wahrheit nur eine mögliche Sichtweise ist, öffnen wir uns. Ich finde diesen Gedanken sehr erleichternd. Seit ich ihn zulasse kämpfe ich nicht länger gegen Ungläubige, die meine Wahrheit nicht teilen, sondern bin auf einer Entdeckungsreise in die Welt der Wirklichkeiten.

Als Berater hat mich eine Idee zum Coaching geführt. Bevor ich Coach wurde, war sie als Bild in meinem Kopf.  Ich saß nicht länger hinter einem Schreibtisch oder PC verschanzt als Experte, der Empfehlungen ausspricht. Ich sah mich stattdessen als Partner neben meinem Kunden sitzen und die Welt aus seiner Perspektive wahrnehmen. Das ist nicht nur spannend, sondern hilft dem Kunden sehr eine Lösung zu finden, die zu ihm passt.

Es hilft, als Berater das Problem mit den Augen des Kunden zu sehen.

 

Die Wirkung von Perspektivwechseln

Drei Beispiele, wie Perspektivwechsel Anlegern helfen.

 

  1. Altersvorsorge

Finanzentscheidungen haben oftmals Konsequenzen sehr weit in der Zukunft. Der Psychologe Walter Mischel hat herausgefunden, dass es uns schwer fällt uns mit unserem Selbst in der Zukunft zu identifizieren. Das Nachdenken über uns selber in der Zukunft ähnelt im Gehirnscan dem Nachdenken über Fremde. Wer heute Konsumverzicht übt, um für seine Altersvorsorge zu sparen, der entscheidet quasi zwischen: Belohnung (Konsum) sofort oder verzichten zugunsten eines Fremden? Er rät daher, den Gedanken gezielt emotional aufzuladen und die Situation aus der Perspektive des Selbst in der Zukunft zu betrachten: Was wirst Du wohl über Dich denken, wenn Deine Rente nicht zum Leben reicht und Du daran zurückdenkst, dass Du alles ausgegeben hast?

  1. Interessenkonflikte erkennen

Am Beispiel: Erfolgsvergütung

Manche Kunden finden Gefallen an dem Gedanken, dass ihr Vermögensverwalter nur dann Geld verdient, wenn die Performance positiv ist. „Wenn ich verdiene, darf mein Berater auch gut verdienen. Wenn ich nichts verdiene, soll er auch nichts bekommen.“ So der Gedanke. Klingt gut, doch wie sieht dies aus Perspektive des Vermögensverwalters aus, wenn der Kunde hinten liegt? „Wenn es so bleibt, verdiene ich kein Geld. Ich erhöhe das Risiko. Wenn es gut geht, verdiene ich, wenn nicht, kann ich mich nicht verschlechtern. Das Risiko trägt der Kunde.“ Finden Sie die Idee immer noch so attraktiv?

  1. Finanzentscheidungen in der Partnerschaft

Finanzentscheidungen betreffen häufig auch Partner. Oft werden Sie von einem Partner getroffen, der als „Finanzminister“ fungiert, manchmal auch gemeinsam. Selbst Eheleute, die lange verheiratet sind, bleiben Individuen mit eigener Prägung (Kindheit), eigenen Erfahrungen und eigenen Interessen. Vermögen, Einkommen oder Ruhestandsansprüche unterscheiden sich oft stark. Manche Partner sind finanziell abhängig vom anderen. Auch Finanzwissen oder Interesse an Geld und Finanzthemen können sich stark unterscheiden. Sich in die Situation des anderen hineinzudenken, erleichtert das Gespräch und eine konstruktive Lösungsfindung.

 

Versuchen Sie es einmal

„Coaching heißt, einen Denkrahmen zu gestalten, in dem es Kunden möglich wird, neue Lösungen zu finden.“ Daniel Meier

Machen Sie einen Selbstversuch. Welches Problem als Anleger möchten Sie lösen?

  • Wie finde ich ein Finanzprodukt, das zu mir passt?
  • Wie soll ich mich entscheiden?
  • Wie kann ich meinen Partner ins Boot holen?
Neun Fragen, die zum Perspektivwechsel anregen.
  1. Was würde Ihnen Ihr Vater / Ihre Mutter raten, wenn er / sie hinter Ihnen säße?
  2. Was würden Sie denken / fühlen / erwarten, wenn Sie an Stelle Ihres Partners wären?
  3. Was würde Ihr Vorbild tun?
  4. Was würde eine Kamera zeigen, wenn Sie die Szene filmen könnten?
  5. Was würde eine Fliege sehen, die in der Ecke des Raumes sitzt und die Situation beobachtet?
  6. Was würden Sie einem Laien empfehlen, der in Ihrem Fachgebiet zu Ihnen als Berater kommt? Wie sollte er vorgehen?
  7. Was ändert sich für Sie, wenn Sie nicht gleich das Problem lösen müssten, sondern nur einen ersten (kleinen aber konkreten) Schritt in die richtige Richtung tun?
  8. Was verändert sich für Sie, wenn Sie Ihr Ziel nicht als das Ende, sondern als Beginn von etwas formulieren?
  9. Was konkret wäre anders als heute, wenn Ihr Problem, wie durch ein Wunder gelöst wäre?

Berichten Sie im Kommentar von Ihren Erfahrungen!

Game Changer: Ziele

Wer weiß, was er will, ist anderen überlegen. Das gilt im Leben – in besonderem Maße jedoch bei Finanzentscheidungen und in der Finanzberatung. In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

Wer weiß, was er will ist anderen überlegen.

 

Ein Ziel gibt Orientierung

Gerade bei Finanzen haben einige Menschen das Gefühl, den Überblick verloren zu haben. Sie sind überwältigt von den vielen Informationen und Möglichkeiten. Und gelähmt von der Angst, etwas falsch zu machen. Ein Ziel gibt Orientierung.

Vom bloßen Wunsch unterscheidet sich das Ziel durch

  • seine Konkretisierung
  • und seine Magnetwirkung.

Für die Finanzplanung bedarf es sogenannter SMART-Ziele:
S = spezifisch

M = messbar

A = Anspruchsvoll

R = Realistisch

T = Terminiert

Nur Zahlen lassen sich berechnen.

 

Für die Umsetzung ist die Motivation, die Anziehungskraft des Ziels wichtig.

  • Ist das Ziel anspruchsvoll und attraktiv genug, um loszulaufen?
  • Ist ein Ziel realistisch oder erscheint es unerreichbar?
  • Können wir uns das Ziel gut vorstellen, haben wir ein Vorbild oder ein klares Bild?

Tipp: Wer ein konkretes Ziel hat, der kann einschätzen, wie ein Schritt wirkt: Wenn ich das tue, bringt mich das meinem Ziel näher oder eher davon weg?

Tipp: Gerade kreativen Menschen hilft ein Bild. Bilder erreichen unser Unterbewusstsein und wirken stärker als Zahlen.

Wünsche sind gut für die Werbung, Ziele für den Erfolg.

 

Auf Augenhöhe mit Ihrem Finanzberater

Finanzberater haben Vertriebsziele. Wer in eine Bank geht und kundtut: „Ich habe 50.000 Euro anzulegen, was macht man denn da?“ Der legt einem Verkäufer den Ball auf den Elfmeterpunkt. Er muss ihn nur noch verwandeln. „Indexpolicen sind im Moment sehr gefragt, da profitieren Sie vom Aktienmarkt ohne Risiko.“ Wer weiß, was er will ist anderen überlegen.

Drehen Sie den Spieß um. Machen Sie die Zielvorgabe: „Ich habe 50.000 Euro anzulegen. Mein Ziel ist es mit 65 monatlich 3.000 Euro netto zum Lebensunterhalt zur Verfügung zu haben, auch, wenn ich nicht mehr arbeite. Ich bitte um einen konkreten Vorschlag, wie ich die 50.000 Euro am besten für mein Ziel einsetze.“ Der Berater bekommt einen Arbeitsauftrag. Der Ball liegt nicht auf dem Elfmeterpunkt, sondern er bekommt einen Pass im Mittelfeld. Er ist gefordert, sich eine Strategie zu überlegen. Dazu muss er in einen Dialog mit Ihnen eintreten und zunächst noch Informationen einholen. Schießt er zu früh auf das Tor – und macht einen Produktvorschlag bevor er Ihre Situation wirklich kennt –, droht der Ball im Aus zu landen.

 

Wenn ich wüsste, was ich wollte

Toller Tipp, werden Sie womöglich sagen. Wenn ich nur wüsste, was ich wollte, ja dann …

Nach meiner Erfahrung haben die wenigsten Menschen ein konkretes Finanzziel. Am konkretesten ist es in der Baufinanzierung. Bei der Geldanlage herrschen – sich widersprechende –  Wünsche vor:

  • Hohe Rendite
  • Sicherheit
  • Jederzeitige Verfügbarkeit

Finanzberater werden nicht dafür bezahlt, Kunden bei der mühseligen Zielfindung zu helfen. Sie erhalten Provision, wenn der Kunde ein Finanzprodukt kauft.

„You get, what you pay for.“ Ideom

 

Wie finde ich mein Ziel?

Fünf Ideen, wie Sie Ihr Ziel finden:

  1. Vom Problem her

Welches Problem möchten Sie lösen? Beschreiben Sie Ihr Problem so exakt wie möglich.

  1. Die Negativ-Methode

Es fällt uns leichter zu sagen, was wir nicht wollen. Indem wir Dinge ausschließen, nähern wir uns dem Kern. Der Bildhauer Michelangelo, Schöpfer so perfekter Skulpturen, wie dem David, hat es auf den Punkt gebracht. Bewunderer fragten ihn: „Meister, wie haben Sie eine so perfekte Skulptur erschaffen können?“ Seine Antwort: „Der David steckte von Anfang an in dem Marmorblock. Ich habe nur entfernt, was nicht dazu gehörte“.

  1. Wunderfrage

Wenn heute Nacht ein Wunder geschehen würde und Ihr Problem wäre weg. Woran würden Sie das konkret feststellen. Was ist dann anders als heute. Beschreiben Sie den Zustand so genau wie möglich.

  1. Werte-Frage

Was ist Ihnen im Leben besonders wichtig? Wie müsste Ihr Finanz-Ziel aussehen, damit es Ihnen hilft, Ihr Lebens-Ziel zu erreichen? Welcher Gedanke macht Ihre Brust weit?

„Nur mit dem Herzen sieht man gut“ Antoine de Saint-Exupéry (Der kleine Prinz)

  1. Im Gespräch

Mit einem guten Freund oder einem Coach oder Berater fällt es leichter. Voraussetzung ist, dass der Partner zuhört und bereit ist Ihre Sicht auf die Welt zu akzeptieren. Eine wertende Haltung und Expertenrat sind hier fehl am Platz.

Mit wem können Sie über Geld sprechen?

 

Welche Erfahrungen haben Sie mit Zielen gemacht? Haben Sie ein Finanz-Ziel? Wie haben Sie es gefunden?

Game Changer: Fragen

In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung (The small Big).

„Ich verstehe nicht.“ So ein Freund, dem ich die Idee vorstellte. „Wieso sollen Fragen ein Game Changer für Anleger sein?“ Ich antwortete: „Warum stellst Du diese Frage?“ Er: „Weil ich es nicht verstehe.“

Verstehen Sie Ihre Finanzen? Verstehen Sie wie Ihre Finanzprodukte funktionieren und wie diese Ihnen helfen, Ihre Ziele zu erreichen? Falls nein, stellt sich die Frage, warum haben Sie nicht nachgefragt?

 

Fragen kostet nichts

Fragen kostet nichts. Nicht zu Fragen hingegen, kommt Verbraucher oft teuer zu stehen. Frage ich Anleger nach den Kosten ihrer Finanzprodukte, können die meisten nur schätzen. Die Kosten werden massiv unterschätzt, auch die emotionalen Kosten. Denn was wir nicht verstehen, können wir nicht kontrollieren und steuern. Das verunsichert und erzeugt negative Gefühle.

Tipp: Sie trauen sich nicht, etwas zu fragen? Dann schalten Sie Ihrer Frage eine Erlaubnisfrage vor: Darf ich Sie etwas Persönliches fragen? Ist es für Sie in Ordnung, wenn ich eine Verständnisfrage stelle?

Offensichtlich kostet es Verbraucher Überwindung, zu fragen. Finanzberater genießen Expertenstatus. Kunden holen sich Rat und fragen: Was soll ich tun? Einige Berater kosten ihren Status aus. Sie verschanzen sich hinter ihrem Computer und bedienen sich einer Expertensprache. Sprache und Auftreten vermitteln Distanz. Andere sind eher kumpelhaft und lassen Kunden gönnerhaft einen Tipp zukommen. Ihre Botschaft: Du musst nichts wissen, vertraue mir, ich mache das schon. Beide Vorgehensweisen signalisieren, dass Fragen unerwünscht sind, kein Ausweis von Beratungsqualität.

Berater sollten eine verständliche Sprache sprechen und Kunden zu Fragen ermuntern.
  • Stellt Ihr Berater Fragen?  Steht dahinter ehrliches Interesse an Ihnen und Ihrer Situation oder ist es eine formale Befragung?
  • Bringt er Sie zum Nachdenken?
  • Fragt er einfühlsam?
  • Wie antwortet er auf Ihre Fragen?

Vertrauen Sie Ihrer Intuition.

 

Eine gute Frage ist mehr wert als hundert Seiten Information.

Viel hilft viel. Dieser Logik folgt der Gesetzgeber im Verbraucherschutz. Wer eine Anlage tätigt oder einen Kreditvertrag abschließt geht nicht unter hundert Seiten Information nach Hause. Es führt dazu, dass der Berater zwar (formal) informiert hat, der Kunde aber nicht informiert ist. Zuviel Information führt zur Reizüberflutung. Je mehr wir senden, je weniger kommt beim Empfänger an. Die Kunst ist es, das richtige Maß zu finden. Fragen zeigen, wo konkret Bedarf an Information besteht. Fragen beziehen den Gesprächspartner ein und sorgen dafür, dass er aufmerksam bleibt.

„Das Geheimnis, zu langweilen, besteht darin, alles zu sagen, was man weiß.“ Voltaire

Fragen helfen uns, zu lernen. Kinder fragen ständig „Warum?“. Sie sind von Natur aus neugierig und wissbegierig. So erschließen sie sich die Welt und erkennen Zusammenhänge. Erwachsene reagieren genervt: „Frag nicht so viel.“ So wird uns das Fragen aberzogen. Dabei ist kluges Fragen eine Kunst.

Gewissheit ist mehr als ein Irrtum, es ist das Ende der Reise zum Glück“ Carmen Kindl-Beilfuß

Tipp: Kleine Veränderung, große Wirkung. Ersetzen Sie die Frage nach dem Warum durch Wofür. Die Frage „Warum tun Sie das?“ richtet den Blick nach hinten und erzeugt Rechtfertigungsdruck. Die Frage „Wofür tun Sie das?“ richtet den Blick nach vorn und öffnet.

 

Fragen sind mächtige Werkzeuge

Wie bei jedem Werkzeug kommt es auf die Haltung desjenigen an, der es nutzt. Fragen können als Beleidigung aufgefasst werden oder als Kompliment. Sie können rhetorisch sein oder von ehrlichem Interesse zeugen. Wie eine Frage wirkt und wann welche Art der Frage hilfreich ist, hängt vom Kontext ab. Passen Frage, Stimmlage, Augenkontakt, Zeitpunkt und Situation zueinander, empfinden wir es als „stimmig“.

Wer die Kunst des Fragens beherrscht kann damit Botschaften senden und spannende Entdeckungen machen. Der Titel des Buches von Carmen Kindl-Bleifuß über systemisches Fragen bringt dies wunderbar zum Ausdruck:

„Fragen können wie Küsse schmecken.“ Carmen Kindl-Bleifuß

 

Keine Angst vor Pausen

Wenn wir auf eine Frage nicht gleich eine Antwort haben, entsteht eine Pause. Stille ist vielen Menschen unangenehm. Doch sie kann hilfreich sein. Eine Pause entsteht, wenn der Gefragte nicht gleich eine Antwort weiß. Das ist ein Augenblick in dem viel passiert:

  • Pausen sind ein Signal, dass das Gespräch an einem interessanten Punkt ist.
  • Pausen sind Leere, die sich füllt. In ihnen denken wir nach und holen Informationen aus dem Unterbewusstsein hervor.
  • Pausen erzeugen Gefühle. In der Stille nehmen wir Signale wahr, die wir sonst „überhören“.

Hier zeigt sich, Fragen erzeugen Wirkung. Es passiert etwas. Pausen sind spannende Momente. Es lohnt sich, ihrer Wirkung nachzugehen.

  • Warum habe ich darüber noch nie nachgedacht?
  • Warum irritiert mich die Frage?
  • Was löst meine Gefühle aus?

 

Drei Fragen, die sich jeder Anleger stellen sollte.

Frage nach dem Nutzen: Wofür kaufe ich das Finanzprodukt?

Frage nach Interessenkonflikten: Wem nützt es? (Cui bono)

Frage nach dem Gefühl: Ist das für mich stimmig?

 

 

Welche Erfahrung mit Fragen haben Sie gemacht?

Welche Frage bewegt Sie?