Wie spreche ich mit meinem Partner über Geld?

Geld ist das letzte Tabu unter Partnern. Paare tun sich schwer, über Geld zu sprechen. Einige befürchten, dass es der Liebe schadet. Ob mit oder ohne Trauschein, keiner der eine Beziehung eingeht, kommt am Thema Geld vorbei. Immer wieder begegne ich Menschen, die über den Umgang mit Geld in ihrer Beziehung nicht glücklich sind. Doch wie darüber sprechen?

Das Ideal der Liebe

Paare waren ursprünglich Überlebensgemeinschaften. Ihr Zweck war es, den gemeinsamen Alltag zu bewältigen. Heute ist das Ideal der Paarbeziehung die Liebe. Gefragt, warum wir mit einem Partner zusammen sind, lautet die erwartete Antwort: Weil wir uns lieben. Und nicht: Weil wir uns brauchen. Dabei ist letzteres auch heute noch der Fall.

Wir brauchen uns auf drei Ebenen:

Emotional – Bestätigung liebenswert zu sein, angenommen zu sein
Praktisch – Aufgabenteilung, ergänzende Kompetenzen
Faktisch – um Kinder zu zeugen und uns zu versorgen

 

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Und die harte Realität

Viele haben die Sorge, dass es der Liebe schadet, über Geld zu sprechen.
So kommt es zu merkwürdigen Phänomenen:

• Ein Partner weiß nicht, was der andere verdient.
• Ein Partner ist „Finanzminister“ und trifft alle Entscheidungen allein.
• Ein Partner interessiert sich nicht für Geld, lebt aber gut vom Geld seines Partners.

Die Auswirkungen können drastisch sein:

• Ein Partner fühlt sich abhängig und ist es womöglich auch.
• Widersprüchliche Signale bei der Erziehung der Kinder in Sachen Geld.
• Nach einer Trennung (Tod oder Scheidung) steht der ahnungslose Partner alleine da.

Für Verliebte mag es unromantisch klingen, über Geld zu sprechen oder gar einen Ehevertrag zu schließen. Jede Beziehung wird im Laufe der Zeit auf die Probe gestellt und dann zahlt es sich aus.

 

Über Geld spricht man nicht

Kennen Sie diesen Spruch? Wie leben Sie das – in der Paarbeziehung, einer Freundschaft oder gegenüber den Kindern? Können wir Geld außen vorlassen? Ist Geld nicht allgegenwärtig?

• Wer bezahlt die Rechnung?
• Wem gehört die Wohnung, das Haus, das Auto?
• Wieviel Taschengeld bekommen die Kinder?
• Ziehen wir wegen eines tollen Jobangebots (Karriere) um?
• Wer hat welchen Rentenanspruch?

Über etwas nicht zu sprechen, bedeutet nicht, dass es nicht da ist. Unausgesprochen bleibt, was wir erwarten und ersehnen. Unausgesprochen bleibt, welche Gedanken, Befürchtungen und Hoffnungen Geld-Handlungen auslösen. Schweigen löst keine Probleme.

Es ist unmöglich, Geld aus einer Beziehung herauszulassen. Klick um zu Tweeten

 

Die Sprachlosigkeit überwinden

Viele Paare wissen nicht, wie sie es anstellen sollen, über Geld zu sprechen, ohne das Ideal der Liebe zu beschädigen. Hier setzt Michael Mary mit seiner Erfahrung als Therapeut in der Paarberatung an. Er hat drei Formen der Liebe beobachtet, die jeweils eine eigene Logik und ein eigenes Verhalten aufweisen. Sie ähneln den drei Motiven um Freundschaft einzugehen, die Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik beschreibt: Freundschaft um des Nutzens Willen, des Wesens Willen und der Lust Willen.

Diese drei Formen der Liebe kommen heute in jeglicher Kombination in Paarbeziehungen vor, gleichzeitig oder zeitversetzt:

Partnerschaftliche Liebe
• Freundschaftliche Liebe
• Emotional-leidenschaftliche Liebe

Die drei Formen der Liebe bedingen drei Formen von Geld:

• Partner-Geld
• Freundschafts-Geld
• Liebes-Geld

Diese Differenzierung erleichtert es Paaren, über Geld und ihre Absichten mit Geld zu sprechen. Richtig angewendet stärkt das die Beziehung. Falsch angewendet führt es zu Konflikten.

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Nachfolgend möchte ich die drei Geldformen kurz vorstellen.

Partner-Geld

Partnerschaftliche Liebe entstammt einem Versorgungsversprechen. Es geht darum, den Lebensalltag gemeinsam zu bewältigen. Die Logik dahinter ist eine Verhandlungs-Logik. Über die Leistungen – ob ökonomisch oder nicht – muss verhandelt werden. Eine Gegenleistung kann erwartet werde. Die Partner haben einen Anspruch auf Erfüllung, den sie aktiv einfordern. Das Verhalten, dass beide voneinander erwarten ist verlässlich, berechenbar, vertragstreu.

Das Verhandeln geschieht bewusst, und es kommt zu einem Vertrag – ob schriftlich (Ehevertrag), mündlich oder unausgesprochen (konkludentes Handeln). Die Leistungen, die die Partner füreinander erbringen, müssen nicht gleich, sondern lediglich gleichwertig sein. Ein klassisches Beispiel: Ein Partner arbeitet, um Geld zu verdienen und der andere bleibt zu Hause, um den Haushalt zu führen und Kinder zu erziehen. Es ist nicht zielführend, zu berechnen wieviel die Hausarbeit in Euro wert ist. Vielmehr lautet die Verhandlungslogik: Wir teilen uns die Aufgaben und jeder gibt sein Bestes. So ist beides gleichwertig, ohne gleichartig sein zu müssen. Ändern sich die Lebensumstände, ist neu zu verhandeln. Beispiele sind: Umzug und Hauskauf, Nachwuchs, Kinder aus dem Haus, Renteneintritt, Pflege der Eltern.

Partnergeld ist Tauschgeld und kann den Zahlenden entpflichten, seine Schuld tilgen. Der Sinn von Partnergeld ist Bindung. Partnergeld gibt es sowohl in der Paarliebe als auch im Geschäftsverkehr, dort bleibt es allerdings kalt.

Freundes-Geld

Freundschaftliche Liebe bestätigt uns in unserer Identität und fördert die Entwicklung unserer Persönlichkeit. Basis sind gemeinsame Interessen oder gegenseitige Faszination (von der Andersartigkeit). Die Logik dahinter ist eine Teilhabe-Logik. Sie ist nicht kalkulierend, sondern freiwillig. Ein Gegengeschenk kann erhofft, aber nicht erwartet werden. Das Verhalten, das beide voneinander erwarten ist wohlwollend, akzeptierend und unterstützend.

Es ist ein Geben und Nehmen von Herzen. Sein Maßstab ist die Erfüllung und das Glück des Partners. Deshalb gilt: Was den einen glücklich macht, darf den anderen nicht unglücklich machen. Auch wenn es gut ist, dass Geben und Nehmen sich auf Dauer ausgleichen, es geht nicht um ein Aufrechnen. Freundes-Geld bleibt freiwillig.

Liebes-Geld

Emotional-leidenschaftliche Liebe ist bedingungslos. Sie bedeutet, dass sich jeder um seiner selbst willen und ohne Vorbehalt geliebt fühlt. Ganz angenommen, so wie er ist. Die Logik dahinter ist die einer Schenkung. Liebe schenken bedeutet ohne Erwartungen und ohne Anspruch etwas zurückzufordern. Gegengeschenke dürfen ersehnt werden, aber nicht mehr. Das Verhalten, das beide voneinander erwarten ist eine Offenbarung und Zuwendung zum Innersten.

Liebes-Geld soll Liebe zeigen. Es hat keinen Maßstab, sondern entspringt dem Bedürfnis des Schenkenden, seiner Liebe Ausdruck zu geben.

Die Eigensicherung nicht vernachlässigen

Geld zu Geben oder zu nehmen ist mit Erwartungen verbunden. Je ehrlicher wir uns und unserem Partner gegenüber dies eingestehen, je einfacher wird die Kommunikation. Das Modell von Mary mit seiner Logik, kann dabei helfen. Wer sein Einkommen als Partner-Geld einbringt, darf eine gleichwertige Gegenleistung erwarten und sogar einfordern. Das gilt jedoch genauso, für denjenigen, der auf Einkommen und Karriere verzichtet, um diese dem Partner zu ermöglichen.

Wer seinem Partner helfen möchte, darf seine „Eigensicherung“ nicht vernachlässigen. Klick um zu Tweeten

Diesen Grundsatz kennt jede Seilschaft im Berg. Doch immer wieder sehe ich Fälle in denen ein Partner dem anderen alles ermöglicht, ohne sich selber abzusichern. Helma Sick hat das mit Ihrem Buchtitel „Ein Mann ist noch keine Altersvorsorge“ auf den Punkt gebracht.

Kritisch wird es bei einseitige Liebe oder Freundschaft, die nicht erwidert werden. Sie führen zur Selbstaufgabe. Nicht selten thematisieren Paare Geld nicht, aus Angst ihr Partner könnte sie verlassen. Fehlt die Eigensicherung, ist diese Angst nicht nur emotional, sondern auch wirtschaftlich begründet.

Die Haltung ist entscheidend

In einer gesunden Partnerschaft finden sich alle drei Formen der Liebe und des Geldes:

• Partnerschaftliche Liebe und Partner-Geld beruhen auf einem Vertrag über gleichwertige Leistungen.
• Freundschaftliche Liebe und Freundes-Geld sind ein gegenseitiges Geben und Nehmen von Herzen – ohne aufzurechnen.
• Emotional-leidenschaftliche Liebe und Liebes-Geld sind bedingungslos – fern von Erwartungen und Ansprüchen.

Entscheidend ist die Absicht. Welche Absicht Partner mit dem was sie tun verbinden, können nur sie selber definieren. Der Ansatz von Mary bietet ein Modell, das hilft sich beim Umgang mit Geld über die eigenen Absichten klarer zu werden und Asymmetrien zu vermeiden. Wer Liebes-Geld schenkt, darf keine Gegengeschenke erwarten oder gar einfordern. Genauso schräg wäre es als Gegenleistung für Partner-Geld zu erwarten, (um seiner selbst willen) geliebt zu werden.

Chance und Risiko

Wer eine Lösung will, die von der Beziehung bestimmt wird und nicht vom Geld, der muss über Geld sprechen. Sonst macht das Geld etwas mit der Beziehung. Den ersten Schritt zu tun, erfordert Mut. Das Risiko besteht darin, das der wahre Zustand einer Beziehung offenbar wird. Noch nie erlebt habe ich jedoch, dass das Ansprechen von Geldthemen eine Beziehung zerstört.

Wer mit seinem Partner über Geld spricht, hat die Chance, Erwartungen zu klären und den anderen besser zu verstehen. Auch in einer Paarbeziehung bleiben wir Individuen, die die Welt aus unterschiedlicher Perspektive wahrnehmen. Dies zu akzeptieren und sich einzufühlen ist eine gute Basis. Geldentscheidungen bewusst und gemeinsam zu treffen, stärkt die Bindung unter Partnern.