Glauben Sie noch an Geld?

Gottes Werk

 

„Ich bin ein Banker der Gottes Werk verrichtet.“  Glodmann Sachs Chef Lloyd Blankfein.

Dieses Zitat ging 2009 um die Welt als sich der Chef der mächtigsten Investmentbank zu seiner Verantwortung in der Finanzkrise äußerte. Siehe FAZ.

Ich war erschrocken als ich dieses Zitat zum ersten Mal las. Es zeigt das Selbstbild vieler Investmentbanker. Sie, die uns in die größte Finanzkrise unserer Zeit getrieben haben, zeigen sich unfähig zur Reflektion.

Mit etwas Abstand verwundert es weniger, bezeichneten sich Investmentbanker doch selber als „Master of the Univers“ oder „Rainmaker“. Sie leben in Ihrer eigenen Welt. Virtual Reality – passt in unsere Zeit.

Auch normale Banken betreiben Geld-Schöpfung. Wenn Banken Kredite vergeben, schaffen Sie neues Geld – Giralgeld. Hierzu passt ein sehenswertes Video des Kabarettisten Volker Pispers,

Man muss dran glauben

Vor einigen Wochen erlebte ich in Landau eine Podiumsdiskussion an der Prof. Dr. Jochen Hörisch von der Uni Mannheim teilnahm. Hörisch zog eine Reihe von Parallelen zwischen dem Glauben an Gott und unserem Glauben an Geld. Er bezeichnete beide als struktur- und funktionsverwandt und untermauerte dies mit zahlreichen Beispielen. Die Nachfolgenden Beispiele stammen sämtlich aus seinem Buch „Man muss dran glauben – Die Theologie der Märkte.“

Das Buch empfehle ich allen, die sich näher mit dem Vergleich beschäftigen wollen. Ich möchte hier nur das Phänomen schildern. Hörig befasst sich weit umfangreicher mit dem Thema und zieht Schlüsse, die über das Thema dieses Artikels hinausgehen.

Der Glaube an Gott und der Glaube an Geld

Beispiele, die zeigen, wie sehr der Sprachgebrauch verwandt ist:

  • Wer an Gott glaubt, der ist ein gläubiger Christ. Wer an Geld glaubt, ist ein Gläubiger – mit einer Forderung gegen einen Schuldner.

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“   Vater Unser

  • Schuld und Schuldner liegen nahe beieinander. Tatsächlich erlebe ich als Finanzcoach, dass das Thema Schulden, bei Menschen Schuldgefühle auslöst. Unser Verhalten und unsere Sicht auf Geld sind von starken Glaubenssätzen geprägt.
  • Schuld muss gebüßt, Schulden zurückgezahlt werden – Geld und (Ver-)Geltung.“
  • Schuldner, die nicht zahlen können, leisten den Offenbarungs-Eid.
  • Geld bringt Erlös, Glaube Erlösung.
  • Messen sind Plätze zum Handeln oder Versammlungen und Feiern der Gläubigen.
  • Um unseren Nachlass zu regeln, schreiben wir ein Testament. Gottes Wort wurde im Alten und Neuen Testament überliefert. Das Wort überdauert den Tod.

Was Glauben bewirkt

Diese sprachliche Verwandtschaft ist kein Zufall. Strukturen und Funktionen sind verwandt. „Gott, wie Geld sind auf Beglaubigung angewiesen.“ So Hörisch “Würde universal das Gute und die Fülle herrschen, gäbe es weder Religion noch Ökonomie“.

Eine Bibel der Ökonomie ist Adam Smiths „Der Wohlstand der Nation“. Er erwähnt darin „die unsichtbare Hand“ des Marktes. Obwohl jeder Einzelne eigennützig handelt, sorgt der Markt dafür, dass Interessen sich ausgleichen und das Gemeinwohl gefördert wird. Das System reguliert sich selbst.

„Die unsichtbare Hand“ wurde zum Glaubenssatz der Neoliberalen, einer von mehreren Glaubensgemeinschaften, denen Ökonomen angehören (neoliberal, keynesianisch, ordoliberal, marxistisch). Hörisch schreibt diesem Glaubenssatz eine „psychologische Entlastungsfunktion“ zu: Wer eigennützig handelt, handelt zum Gemeinwohl und damit im Sinne Gottes. Absolution für rücksichtslosen Egoismus. Wie praktisch Herr Blankenfein.

Hörisch folgert: „Wirtschaftsweise und Masters oft the Universe, die an den Finanzmärkten erhabene Summen handeln, glauben, die invisible Hand des Marktes so zu verstehen wie Theologen den unerforschlichen Ratschluss Gottes.“

Sowohl der Glaube an Gott, wie auch der Glaube an Geld sind ein einfaches Mittel, die verstörende Komplexität des Lebens und der Märkte zu vereinfachen. Gott und Geld sind abstrakt. Wir projizieren unsere Ängste und Hoffnungen auf sie. Dies fasziniert uns.

Irrationale Rationalisten

Dem Markt unsichtbare Kräfte zuzuschreiben, eine göttliche Ordnung – gleichsam der Natur, dies erscheint seltsam irrational. Und das ausgerechnet von Ökonomen, die Rationalität (homo oeconomicus) zum Grundprinzip erklärt haben.

Die Irrationalität passt in unsere Zeit in der:

  • die Notenbank Zinsen abschafft.
  • Sparer Straf-Zinsen zahlen müssen.
  • Notenbanken verzweifelt Inflation entfachen wollen.
  • Bankrotte Staaten und Banken künstlich am Leben erhalten werden
  • virtuelle Spiele, Realität ersetzen.

Futur III wie die Wirtschaftswoche es nennt. Siehe Artikel: Warum Mario Draghi seiner Zeit voraus ist.

„Wir bauen mit nicht vorhandenem Geld auf eine rosige Zukunft, in der sich alle Probleme in Luft aufgelöst haben werden.“ Dieter Schnaas

Wenn der Eigennutz das Gemeinwohl fördert, ist es dann auch im Sinne unserer Kinder, dass wir für unseren heutigen Wohlstand Schulden machen, als gäbe es kein Morgen?

Probleme in die Zukunft zu verschieben, immer wieder „Zeit zu kaufen“, wird ökonomisch nicht aufgehen. Es ist im Gegensatz zum christlichen Glauben kein Konzept für die Ewigkeit. Das Ende ist absehbar. Auch wenn wir Menschen Meister darin sind, Probleme zu verdrängen, dämmert es doch, wenn wir unseren Verstand benutzen. Ich kann nur sagen: achtet mir auf die Kinder. Denn wehe, wenn wie im Märchen ein kleiner Junge ruft

„Der Kaiser ist nackt.“

Denn wer nicht daran glaubt, der muss dran glauben.

Geld oder Liebe

Es gibt Hoffnung. Die Lösung liegt nicht bei Mario Draghi, sondern bei uns.

Die entsprechende Botschaft, passend zu Ostern, hat meine Geldcoach-Kollegin Nicole Rupp mit diesem Satz formuliert:

„Im Leben scheitert nichts am Geld, sondern nur an einem Mangel an Vertrauen, Wertschätzung oder Liebe.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Osterfest.