Geldanlage: Herausforderung Risiko

Anleger suchen Rendite und Sicherheit. Doch jede Anlageentscheidung ist mit Risiken verbunden und es gilt: Keine Rendite ohne Risiko. Ein Dilemma, das nicht nur Anleger, sondern auch Berater herausfordert. Was macht den Umgang mit Risiken so speziell? Und wie können Anleger und Berater damit konstruktiv umgehen?

 

  1. Die große Begriffsverwirrung

Alle reden über „Risiko“, doch was verstehen die unterschiedlichen Gesprächspartner in einem Beratungsgespräch darunter?

Der einfachste Weg dies herauszufinden ist, nachzufragen: „Was verstehen Sie unter Risiko, bitte nennen Sie einen anderen Begriff?“ Folgende Antworten habe ich bisher erhalten:

  • Unsicherheit
  • Gefahr
  • Chance
  • Nervenkitzel
  • Achterbahnfahrt
  • Notwendiges Übel

Für jemanden, der Risiko als Gefahr wahrnimmt, ist es schwer vorstellbar, dass andere (womöglich der eigene Partner) in Risiken eine Chance sehen. Ein konstruktives Gespräch über Risiken kann nur entstehen, wenn wir wissen, wie unser Gegenüber Risiko empfindet und wenn wir diese Perspektive ernst nehmen.

Haben Sie mit Ihrem Finanzberater schon einmal darüber gesprochen? Oder bringt Ihr Berater sogar noch ganz andere Begriffe ins Spiel, wie Volatilität, Maximum Drawdown oder Value at Risk. Das sind mathematische Modelle, die sich nicht intuitiv erschließen.

Rat für Anleger: Wenn Sie mit Ihrem Partner oder Ihrem Finanzberatern über Risiko sprechen, klären Sie, was diese darunter verstehen.

 

  1. Mit Ungewissheit leben

Risiko ist dadurch definiert, dass sich dem Eintritt eines Ereignisses eine Wahrscheinlichkeit zuordnen lässt. Das ist selten der Fall. Beim Münzwurf ist es gleich wahrscheinlich, dass Kopf oder Zahl fällt. Beim Würfeln stehen die Chancen für jede Seite des Würfels 1:6.

Wenn wir von Risiken sprechen geht es fast immer um Ungewissheit, also um Ereignisse von denen nicht bekannt ist, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie eintreten. An Kapitalmärkten herrscht Ungewissheit, das macht vielen Anlegern Angst.

Doch Ungewissheit herrscht in vielen Lebenssituationen. Im Verkehr setzen wir nicht nur Geld, sondern sogar unser Leben aufs Spiel. Trotz Verkehrsregeln können jederzeit unerwartete Dinge passieren. Doch macht Ihnen das Angst? Hält es Sie davon ab, am Verkehr teilzunehmen? Wir haben uns daran gewöhnt und außerdem eine hohe Motivation, denn schließlich wollen wir mobil sein und unsere Ziele erreichen. Warum sollte das an der Börse nicht auch möglich sein, wenn wir uns darauf einlassen?

 

  1. Geld und Projektion

Was ist eigentlich Geld? Die Frage verblüfft, schließlich gehen wir täglich damit um. Probieren Sie es und stellen Sie diese Frage Ihren Freunden und Bekannten. Sie werden erstaunt sein wieviel unterschiedliche Antworten Sie erhalten. Das führt mich zu dem Schluss: Geld ist das, was wir glauben, was es ist.

Geld ist eine Projektionsfläche: Wir projizieren unsere Ängste, Hoffnungen und Sorgen auf Geld.

Haben Sie Geld schon einmal aus dieser Perspektive betrachtet? Das Geld hält eine Botschaft für uns bereit. Was und wie wir über Geld denken, sagt in Wahrheit etwas über uns.

Nicht nur Geld ist eine Projektionsfläche, auch viele Anlageobjekte lösen Projektionen aus:

  • Immobilien gelten als besonders sicher. Schon unseren Urahnen galt die Höhle als Hort der Sicherheit.
  • Gold gilt als besonders werthaltig, galt es doch schon in der Antike als wertvoll.
  • Aktien gelten als spekulativ, da ihre Kurse stark schwanken und sie rege gehandelt werden.

Wer seine Projektionen kennt, kann bewusster entscheiden. Oft ist zu beobachten, dass Anleger auf bestimmte Anlageformen (Immobilien, Gold) fixiert sind und dabei hohe Klumpenrisiken eingehen.

 

  1. Verluste wiegen schwer

Verluste wiegen mehr als zweimal so stark wie Gewinne. Verlustaversion nennen Wissenschaftler menschliches Verhalten, das versucht, Verluste zu vermeiden.

Das hat Einfluss auf das Verhalten von Anlegern. Sie tendieren dazu ihre Gewinnchancen zu kappen indem sie viel zu früh verkaufen (Gewinne mitnehmen). An Verlieren halten sie viel zu lange fest, nur um einen Verlust nicht realisieren zu müssen. Das wiederum erhöht das Verlustpotenzial. Mehr Erfolgs verspricht es, Verluste systematisch zu begrenzen und Gewinne laufen zu lassen.

Rat an Anleger: Es zahlt sich aus, beim Anlegen nicht dem ersten Impuls zu folgen, sondern nachzudenken. Zahlreiche Denkfallen drohen, wenn wir impulsiv handeln.

 

  1. Zeitpräferenz: Belohnung sofort

Zu sparen bedeutet, heute auf Konsum zu verzichten zugunsten einer Belohnung in der Zukunft. Das fällt uns schwer. Berühmtheit erlangte der Marshmallow Test des US-Psycholgen Walter Mischel. Er setzte Kinder in einen Raum vor einem Teller mit einem Marshmallow darauf. Dann kündigte er ihnen an, dass er ihnen einen zweiten Marshmallow gibt, wenn sie es schaffen den ersten Marshmallow nicht aufzuessen bis er wiederkommt. Auf Videos ist herrlich zu sehen, wie schwer es den Kindern fällt, ihren Impuls nach sofortiger Belohnung zu unterdrücken.

Die eigentliche Erkenntnis brachte eine Langzeitstudie. Mischel fand heraus, dass die Kinder im Leben erfolgreicher waren, die bereits als Kinder ihre Impulse kontrollieren konnten. Selbstkontrolle ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.

 

  1. Verzerrte Wahrnehmung

Viele Denkfallen in Bezug auf Risiko beruhen auf verzerrter Wahrnehmung:

  • Wir neigen dazu, schleichende Risiken (falsche Haltung, falsche Ernährung, Inflation) zu unterschätzen und kurzfristige Risiken (Unfall, Crash, Terroranschlag) zu überschätzen.
  • Wir überschätzen die Bedeutung von Ereignissen, die gerade passiert sind.
  • Wir überschätzen den Wert der Dinge, die wir besitzen. Was wir einmal besitzen geben wir ungern wieder her (Verlustaversion).
  • Wir lassen uns von der Art der Darstellung einer Sache oder Frage beeinflussen.
Wer Anlageentscheidungen trifft oder berät, braucht Risikokompetenz. Darunter versteht man die Fähigkeit, informiert, kritisch und reflektiert mit Risiken umzugehen.

 

Lösungsansätze für Berater und Anleger

 

Sensibilisierung und achtsame Kommunikation

Es ist notwendig sensibel umzugehen mit Begriffen wie Risiko und Geld. Wer darum weiß, kann Begriffe, Einstellungen und Wahrnehmung hinterfragen. Das gilt besonders

  • in der Beziehung zwischen Berater und Anleger. Portfolien der Kunden müssen zum Risikoprofil des Kunden passen und nicht die Risikobereitschaft des Beraters wiederspiegeln.
  • in der Beziehung zwischen Anlegern, die gemeinsam in Gemeinschaftsdepots Geld anlegen. Die Partner sollten die finanzielle Risikobereitschaft Ihres Partners kennen und respektieren.

Dies ist nicht nur wünschenswert, sondern notwendig. Fehlt eine gemeinsame Basis im Verständnis von Risiko, besteht jederzeit die Gefahr, dass ein Partner die Anlage in Frage stellt und damit den Erfolg der Strategie.

 

Risikoprofiling

Das Thema Risiko in der Geldanlage hat verschiedene Aspekte. Ein gutes Bild erhält, wer ein Risikoprofil erstellt. Es ergibt sich aus vier Komponenten:

  • Das erforderliche Risiko ergibt sich aus der Logik, dass je höher die gewünschte bzw. benötigte Rendite ist, das Risiko steigt.
  • Die finanziellen Risikobereitschaft ist ein relativ konstantes, individuelles Persönlichkeitsmerkmal. Ich nutze einen wissenschaftlich fundierten und weltweit erprobten Test des australischen Anbieters FinaMetrica zur Messung. Der Test bietet wertvole Gesprächsansätze, um herauszufinden, wie der Anleger Risiken sieht. Wie ich vorgehe, habe ich im Buch beschrieben. Ich nutze den Test nicht als Basis für meine Anlageberatung und auch in der Finanzplanung und im Finanzcoaching.
  • Bei der Risikokapazität geht es darum festzustellen, wieviel Risiko ein Anleger objektiv verträgt.Eine gute Basis stellt eine private Finanzplanung dar.
  • Mit der Risikowahrnehmung haben wir uns oben schon beschäftigt.

Buchempfehlung

Die Herausforderungen im Umgang mit Geld und Risiko sind meinem Beitrag im Buch „Vermögensmanufaktur“ herausgegeben von Roland Eller und Markus Heinrich entnommen. Das Buch ist soeben im Finanzbuch Verlag erschienen. Viele renommierte Experten haben dort Beiträge zu verschiedenen Aspekten der Geldanlage verfasst. Es richtet sich an Anleger, die Methoden und Tools der Profis für die eigene Geldanlage nutzen wollen.

Es enthält Kapitel zu

  • Umweltanalyse (Trends und Entwicklungen)
  • Methoden und Werkzeuge
  • Märkte, Produkte und Anlagestrategien
  • Do it yourself

Besonders empfehlen kann die die Kapitel von Gerd Kommer, Autor wichtiger Standardwerke zu ETFs und passivem Investieren. Seine Bücher sind Standardwerke und Inspiration für meine Arbeit.

 

 


 

3 populäre Irrtümer zu Risiko, die Anlegern teuer zu stehen kommen

3 populäre Irrtümer zu RisikoSie sind Anleger und suchen Sicherheit? Sie wollen Risiken vermeiden? Dann sollten Sie die drei gängigsten Irrtümer zu Risiko kennen. Sie haben damit zu tun, wie wir Risiko wahrnehmen. Doch können wir uns wirklich auf unsere Wahrnehmung verlassen? In drei Beispielen haben Sie hier die Gelegenheit, zu überprüfen aus welcher Perspektive Sie Risiken wahrnehmen und teure Fehler zu vermeiden.

 

Können wir unseren Sinnen trauen?

Als Wahlpfälzer liebe ich guten Wein. Ein Erlebnis hat mich nachdenklich gemacht. Bei einem Winzer im Rheingau habe ich am eigenen Leib erfahren, wie sehr Licht und Farbe meinen Geschmack von Wein beeinflussen. Obwohl mein Verstand wusste, dass ich wiederholt den selben Wein trank, schmeckte er – je nach Farbe im Raum – ganz unterschiedlich:

  • Blaues Licht – Wein schmeckt wie Wasser
  • Rotes Licht – Wein schmeck gehaltvoll und schwer
  • Weißes Licht – Wein schmeckt leicht

Kann ich meinen Geschmacksnerven noch trauen?

Was wir wahrnehmen hängt davon ab, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Zauberkünstler nutzen geschickt unsere eingeschränkte Wahrnehmung, um uns vom wahren Geschehen abzulenken.

Sicherlich kennen Sie Kippbilder. Je nachdem worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten, sehen Sie zwei unterschiedliche Bilder. Beide sind wahr.

Könnte es sein, dass wir als Anleger auch blinde Flecken haben und wesentliche Punkte übersehen?

Ich lade Sie ein: Prüfen Sie Ihre Wahrnehmung als Anleger. Wie wir Risiko wahrnehmen.

 

  1. Für meine Sicherheit, riskier ich alles

Wenn uns die Angst packt, verhalten wir uns irrational. Nach dem Terroranschlag auf die Türme des World-Trade-Centers 9/11 haben die New Yorker Flugzeuge gemieden und sind auf die Straße ausgewichen. Experten schätzen, dass dieses Verhalten 1.600 Menschen das Leben gekostet hat, da beim Autofahren mehr Menschen je km sterben als beim Fliegen.

Nach der Finanzkrise 2008 haben einige Anleger aus Angst vor Bankenpleiten Ihr Erspartes abgehoben und zu Hause unter das Kopfkissen gelegt. Bei jährlich 150.000 Wohnungseinbrüchen, keine gute Idee, selbst wenn sie glauben, das Geld clever versteckt zu haben.

„Wir sind zu jedem Risiko bereit, von dem wir glauben, dass es unsere Sicherheit erhöht.“ Weidner, Wolfram

Uns Menschen geht es wie dem Reh, das auf der Flucht vor dem Adler dem Wolf in die Arme läuft. Natürlich ist es schwer, in akuter Gefahr einen klaren Kopf zu bewahren. Doch viele Anleger machen ähnliche Fehler schon aus lauter Vorsicht und Angst vor möglichen Risiken.

 

Unterschätztes Risiko

Obwohl im Verkehr Ungewissheit herrscht und viele Gefahren lauern, wagen wir uns täglich auf die Straße. Oder haben Sie schon mal von Dauerparkern gehört, die sich über Jahre nicht vom Parkplatz wagen, weil Ihnen der Verkehr zu hohe Risiken birgt? Beim Geldanlegen jedoch gibt es viele Dauerparker.

Die Parkplätze für Anleger heißen Sparbuch, Tagesgeld oder Termingeld. Über einer Billion Euro liegen auf solchen Park-Konten. Ein Großteil davon Dauerparker, die sich seit der Finanzkrise 2008 – dem 9/11-Ereignis der Finanzen – nicht mehr vom Parkplatz trauen. Dabei haben sie nicht nur die Kursanstiege von Aktien und Immobilien verpasst, sondern auch Ihr Ziel Sicherheit nur scheinbar erreicht. So wie ein Auto, dass nur auf dem Parkplatz steht, an Wert verliert, so verlieren die Einlagen der Sparer an Kaufkraft. Die schleichende Inflation sieht harmlos aus, hat aber seit 2008 – trotz niedriger Inflationsraten – jedem Euro zehn Prozent der Kaufkraft genommen.

Wir unterschätzen wie nachhaltig schleichende Inflation wirkt. Die EZB strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent im Jahr an. Was das zwei Prozent Inflation bedeuten,  sehen Sie hier:

Was nominell in Euro sicher aussieht bedeutet real in Kaufkraft einen sicheren Verlust. Mit einem Inflations-Rechner können Sie Szenarien selber rechnen.

„Wir überschätzen immer den Wechsel, der in den nächsten zwei Jahren geschehen wird und unterschätzen den Wechsel, der in den nächsten zehn Jahren passieren wird. Lassen Sie sich selbst nicht von Nichtstun einlullen.“ Bill Gates

Schleichende Risiken gibt es nicht nur bei der Geldanlage. Mangelnde Bewegung, falsche Ernährung, schlechte Gewohnheiten – stets gilt: Kleine Ursache, große Wirkung mit der Zeit. Ob das Inflations-Risiko für Sie relevant ist, hängt von Ihrem Anlagehorizont ab, das ist der Zeitraum, den Sie überblicken können. Ein Anleger, der das Geld in zwei Jahren braucht, muss sich nicht um Kaufkraftverlust sorgen. Ein Anleger, der langfristig Vermögen aufbaut oder für den Ruhestand vorsorgt, begeht einen teuren Fehler, wenn er die Inflation ignoriert.

Langfristig ist das Geld auf dem Sparbuch alles andere als sicher.

 

FAZIT: Ohne Zinsen ist Geld auf dem Sparkonto schutzlos der Inflation ausgeliefert und verliert an Kaufkraft. Was kurzfristig sicher ist, ist langfristig in Gefahr.

 

Überschätztes Risiko

Genau andersherum ist es bei Aktien. Sie können kurzfristig erheblich schwanken. Ein Risiko, dass Anleger mit kurzfristigem Anlagehorizont zu Recht meiden. Der Kauf von Aktien auf kurze Sicht ist Spekulation.

Die Perspektive ändert sich, wenn das Geld längerfristig arbeiten kann. Je länger das Geld investiert ist, je unwahrscheinlicher ist es, dass ein Verlust entsteht. So hätten bisher alle Anleger, die Ihr Geld in den Weltaktienindex MSCI World investiert hätten, spätestens nach fünfzehn Jahren mit Gewinn verkaufen können.

Daten der Vergangenheit sind keine Garantie für die Zukunft. Aber der beobachtete Effekt ist plausibel, addieren sich Risiken nicht einfach, sondern heben sich zum Teil auf. So gleichen sich ein Teil der Kurs-Schwankungen nach unten und oben mit der Zeit aus. Der Effekt wird noch verstärkt, wenn die Anlage nicht zu einem Zeitpunkt, sondern zeitlich verteilt getätigt wird. Dies ist bei Sparplänen mit gleichbleibenden Raten der Fall (Cost-Average-Effekt).

FAZIT: Das Risiko mit Aktien Verlust zu machen sinkt, je länger Sie investiert sind. Diese Aussage gilt nur, wenn Sie den ganzen Aktienmarkt betrachten. Wer in Einzelwerten investiert geht ein höheres Risiko ein. Investmentfonds ermöglichen es selbst Kleinanlegern, weltweit zu streuen.

Aktien sind langfristig viel sicherer als viele Anleger denken.

 

  1. Verschiedenheit als Chance, Risiko zu reduzieren

Wer von einer Sache überzeugt ist, neigt dazu alles auf diese Karte zu setzen. Das ist riskant. Denn geht die Sache schief, sind die Auswirkungen groß. Das gilt selbst für relativ sichere Anlagen wie Immobilien. Nicht umsonst setzt sich das Bundeskabinett niemals in einen Flieger und der amerikanische Vizepräsident nie zum Präsidenten in die Airforce Nr.1. Keiner will einen Totalausfall riskieren.

Risiken zu verteilen, ist der beste Schutz und erhöht die Sicherheit. Bei der Geldanlage spricht man von Diversifikation. Das Prinzip ist bekannt unter dem Motto „Lege nie alle Eier in einen Korb“. In der Praxis streuen Anleger Risiken oft unzureichend. Der Diversifikations-Effekt tritt nur ein, wenn die Anlagen so verschieden sind, dass die Kurse sich nicht im Gleichklang bewegen (Korrelation). Im Idealfall heben sich die Kursbewegungen gegenseitig auf. So ist zu beobachten, dass Anleger in Krisenzeiten Aktien verkaufen und in Renten (Anleihen) umschichten. Eine Flucht in die Sicherheit. Beruhigt sich die Lage, stehen eher die Chancen im Fokus und das Geld fließt in die Aktien. Eine Mischung aus Aktien und Renten reduziert die Schwankungen, und Verluste der einen Anlage werden (zum Teil) durch Gewinne der anderen Anlage kompensiert.

Geld zu investieren bringt mehr, als es zu verleihen

Auf lange Sicht haben Aktien deutlich höhere Renditen erzielt als Renten. Dieser Effekt ist langfristig messbar, wenngleich nicht zu jeder Zeit., So gibt es immer wieder Phasen (Crash, Baisse) wo es zeitweilig andersherum läuft. Wer jedoch einen langen Atem hat, kann diesen Effekt nutzen und die „Aktien-Prämie“ erzielen. So haben Wissenschaftler die Differenz zwischen der Aktien- und der Renten-Rendite getauft.

Wer langfristig in den Aktienmarkt investiert verdient eine Aktien-Prämie.

 

FAZIT: Wer Aktien Renten beimischt reduziert die Schwankungen seines Depots. Wer Renten Aktien beimischt erhöht langfristig seine Rendite.

 

  1. Wenn am Ende des Geldes noch Leben übrig ist

Wird eine Lebensversicherung fällig stellt sich die Frage: Kapital oder Rente?

Pfiffige Rechner nehmen die Zahl der jährlich in Aussicht gestellte Rente und teilen das Kapital durch die Jahresrente. Manch einer kommt zum Schluss, dass sich die Rente nicht rechnet. Wer das Kapital nimmt und sich laufend Kapital in Höhe der Rente entnimmt kommt einige Jahre damit aus. Erst danach wäre die Rente günstiger. Es folgt meist der Satz: „Wer weiß, ob ich überhaupt so lange lebe?“

Der frühe Tod wird als Risiko gesehen. Doch ist das wirklich Ihr Problem? Sollten Sie sich nicht vielmehr Gedanken machen, was passiert, wenn Sie lange leben?

Wer lange lebt, braucht lange Geld. Unterschätzen Sie nicht Ihr Langlebigkeitsrisiko.

 

Und genau dieses Risiko nimmt Ihnen, wenn Sie das möchten, eine Versicherung ab. Dank vieler Versicherten kann sie eine Mischkalkulation anstellen. Versicherungen nutzen das Prinzip der Risikostreuung. Dank vieler versicherter Personen können sie mit statistischen Durchschnittswerten rechnen, während für den Einzelnen nur seine individuelle Lebenszeit relevant ist.

FAZIT: Bedauern Sie nicht, zu Lebzeiten nicht alles Geld ausgegeben zu haben. Machen Sie sich besser Gedanken über das finanzielle Risiko, eines langes Leben finanzieren zu müssen.

 

Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihr eigentliches Problem

Stellen Sie die richtigen Fragen:

Lohnt es aus Angst vor einem Risiko ein viel Größeres einzugehen?

Haben Sie ein kurzfristiges Sparziel oder ein langfristiges Ziel und einen langen Anlagehorizont?

Welche Auswirkung hätte der Ausfall einer Anlage für Sie?

Haben Sie Ihre Risiken ausreichend gestreut (diversifiziert), so dass Risiken kompensiert werden?

Sind Sie in der Lage, auch ein langes Leben zu finanzieren?

 

Welches Risiko beschäftigt Sie? Wie lautet Ihre Frage?

 

Clever anlegen: Die Igel-Strategie

„Ich bin schon da!“ ruft der Igel. Kennen Sie die Geschichte vom Hasen und dem Igel, die ein Wettrennen veranstalten? Der Igel gewinnt ohne sich groß anzustrengen, während der Hase sich völlig verausgabt. Was können Sie als Anleger daraus lernen? Heute zeige ich Ihnen wie Sie – ganz legal und ohne Trickserei – 90 % der Anleger hinter sich lassen mit der Igelstrategie.

Die Geschichte wurde bekannt durch die Gebrüder Grimm. Eine Kurzfassung finden im Anhang am Ende dieses Beitrags.

Hasen machen Fehler

Der Hase wollte unbedingt gewinnen. Ein Typ mit echter Sieger-Mentalität, langen Beinen und Tatkraft. Sein Motiv: Erster sein, den Igel schlagen. Völlig überzeugt von seinen Fähigkeiten und der Überlegenheit seiner langen Beine, rannte er drauflos. Ein Scheitern konnte er nicht akzeptieren. Selbst als er wiederholt das Rennen verloren hatte, trat er mit unveränderter Strategie erneut an und verausgabte sich völlig.

Auch an der Börse finden wir jede Menge aktiver Anleger und Finanzprofis, deren Motiv es ist, besser zu sein als der Durchschnitt. Als Messlatte (Benchmark) dient ihnen ein Index (z.B. Dax, Euro Stoxx, MSC World). Aktive Anleger versuchen, durch geschicktes Trading (Market-Timing) oder Auswahl (Stock-Picking) bewusst vom Index abzuweichen und dadurch eine Outperformance zu erreichen.

Wer will schon Durchschnitt sein? Warum alle den Index schlagen wollen.

Aktive Anleger sind überzeugt von der Richtigkeit ihres Tuns, statt langer Beine verlassen sie sich auf:

  • Charts und Analysen
  • Experten und Medien
  • Aktionismus und Glück

Besonders tragisch ist, dass sie nicht innehalten und ihr Verhalten überdenken. Trotz Niederlagen rennen sie unverdrossen weiter drauflos im Glauben, dass sie nur schneller rennen müssen, um erfolgreich zu sein.

 „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Albert Einstein

Selbstüberschätzung

Die Börse zieht „Sieger-Typen“ magisch an. Sie ist nichts für Angsthasen. Traden, also Handeln, lautet die Devise. Wer sich nur intensiv genug einarbeitet und etwas riskiert, der gewinnt, so das Narrativ. Dabei geht es den Akteuren wie französischen Liebhabern oder deutschen Autofahrern, 80 % halten sich für überdurchschnittlich gut. Doch wer in der Schule aufgepasst hat, weiß, dass es nur 50% sein können. Ein klarer Fall von Overconfidence-Bias, so nennt das die Wissenschaft, die sich mit Verhaltens-Fehlern beschäftigt, Behavioral Finance.

Handeln kostet

Unterschätzt werden regelmäßig die Kosten des Handelns. Jede Transaktion kostet Geld, das gilt immer. Aber nicht jede Transaktion ist erfolgreich und bringt Geld. Wer viel handelt muss viel richtigmachen, sonst fressen die Kosten die Performance auf. Aber wer macht schon alles richtig? Selbst wer relativ oft richtig entscheidet, unterliegt der Gefahr mit einer falschen Entscheidung den Erfolg wieder zunichte zu machen. Zufallserfolge steigern die Selbstüberschätzung, neigen wir doch dazu, Erfolge unserem Können und Misserfolge, den Umständen zuzurechnen.

Selbst Profis scheitern

Dass private Anleger bei dem Versuch scheitern, den Markt zu schlagen, erscheint verständlich – aber Experten wie Fondsmanager? Sollten diese nicht mit all ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und Finanzkraft ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielen? Der Grund für ihr Scheitern hat zwei einfache Ursachen:

  • Niemand kann die Zukunft vorhersehen.
  • Nicht nur die Transaktionen kosten Geld, auch die Fondsmanager lassen sich ihre Tätigkeit entlohnen. Das geht direkt zu Lasten der Performance ihrer Kunden.

Dr. Marc Ortmann kommt in einer Studie über die Kosten von Altersvorsorgeprodukten auf laufende Kosten von im Durchschnitt ca. 3,5 % p.a. bei Aktienfonds. Die müssen Fondsmanager erst einmal durch geniale Entscheidungen aufholen, um überhaupt die Performance ihres Vergleichsindexes zu schlagen. Kein Wunder, dass das nur sehr selten gelingt. Vermutlich auch das eher Zufall, denn kontinuierlich über einen längeren Zeitraum schafft es kaum ein Fondsmanager, zu reüssieren.

Viele Studien haben das nachgewiesen. Jährlich untersucht das S&P mit der SPIVA Scorecard. Weitere Studien finden Sie im Anhang am Ende des Beitrags.

 

85% der aktiven Fondsmanger scheitern, Ihren Vergleichsindex zu schlagen.

 

Die Igel-Strategie – weniger ist mehr

Während der Hase blind drauflosrennt, hat sich der Igel eine Strategie überlegt. Sie brauchen dazu keinen zweiten Igel, der den Hasen täuscht, sondern nur einen passiven Fonds, der den Index abbildet. Es sind keine Tricks nötig, aber Disziplin erforderlich.  Es bedeutet auf alles zu verzichten, an das der Hase glaubt:

  • Prognosen
  • Trading
  • Timing
  • StockPicking

und damit die Chance, besser abzuschneiden als der Index.

Paradox: Wer mit weniger zufrieden ist, erreicht mehr. Passives Investieren lohnt sich.

 

Die Strategie ist unter der Bezeichnung Passives Investieren, Prognosefreies Investieren oder Indexing bekannt. Sie lässt sich kostengünstig mit ETFs (Exchange Trading Funds) und Indexfonds umsetzen. Diese bilden einen Index nach mit dem Ziel, die gleiche Performance zu erreichen. Dabei gilt: Kaufen und Halten, statt rein und raus. Denn wie sagt schon eine Alte Börsenregel: „Hin und her macht Taschen leer.“

Anmerkung:

Da ich Ihnen keine Märchen erzählen möchte, gehört zur Wahrheit, dass jeder Vergleich hinkt. Positiv ist, dass Sie keine Tricks anwenden müssen, um besser abzuschneiden als die meisten aktiven Fondsmanger. Natürlich gibt es Ausnahmen. Um herauszufinden ob es sich dabei um Zufall handelt oder um Können bräuchten wir sehr lange Beobachtungszeiträume. Ein Gedankenexperiment:

Wenn von  10.000 Fondsmanager jedes Jahr die Hälfte wetten, dass der Index steigt, liegen 50% richtig und 50 % falsch. Das bedeutet:

  1. Jahr 10.000 Fondsmanager: 5.000 liegen 1 xrichtig
  2. Jahr  5.000 Fondsmanager: 2.500 liegen 2 xrichtig
  3. Jahr 2.500 Fondsmanager: 1.250 liegen 3x richtig
  4. Jahr 1.250 Fondsmanager: 725 liegen 4 x richtig
  5. Jahr 725 Fondsmanager: 362 liegen 5 x richtig
  6. Jahr 362 Fondsmanager: 181 liegen 6 x richtig
  7. Jahr 181 Fondsmanager: 90 liegen 7 x richtig
  8. Jahr 90 Fondsmanager: 45 liegen 8 x richtig
  9. Jahr 45 Fondsmanager: 22 liegen 9 x richtig
  10. Jahr 22 Fondsmanager: 11 liegen 10 x richtig

Nach 10 Jahren gibt es immer noch 11 Fondsmanager, die zehnmal hintereinander richtig lagen. Alles im Bereich des Zufalls und noch und kein Beweis von Können. In den Medien jedoch würden diese Fondsmanager längst als Börsengurus gefeiert werden.

Hase oder Igel?

Wie halten Sie es? Kennen Sie die Performance Ihrer Anlagen? Studien haben gezeigt, dass private Anleger die Performance Ihrer Anlagen oft nicht kennen. Aufgefordert sie zu schätzen, neigen sie dazu, diese stark zu überschätzen. Die Realität sieht meist weniger rosig aus.

Welcher Typ sind Sie? Wollen Sie unbedingt gewinnen? Ist es Ihnen wichtig den Index zu schlagen? Oder geben Sie sich mit dem Durchschnitt zufrieden. Aktien weltweit haben langfristig immerhin zwischen 7 und 10% p.a. gebracht, je nach untersuchtem Zeitraum.

 

 

 

Anhang

Die Geschichte „Hase und Igel“ zum Nachlesen

Der Hase macht sich über die schiefen Beine des Igels lustig. Dieser fordert ihn daraufhin zu einem Wettrennen auf. Der Igel, aufgrund seiner kurzen Beine nahezu chancenlos ersinnt eine List. Er ruft seine Frau, die ihm zum Verwechseln ähnlichsieht und postiert sie am anderen Ende des Ackers. Als das Rennen beginnt läuft der Hase wie von der Tarantel gestochen los und lässt den Igel weit hinter sich. Am Ende der Ackerfurche angekommen schallt dem Hasen der Ruf der Igelfrau entgegen: „Ich bin schon da!“. Der Hase versteht die Welt nicht mehr und fordert Revanche. Überzeugt von der Überlegenheit seiner langen Beine, fordert der Hase immer und immer wieder Revanche, bis er schließlich völlig erschöpft zusammenbricht und stirbt.

Weitere Studien

Das Buch „Herleitung und Umsetzung eines passiven Investment-Ansatzes für Privatanleger in Deutschland“ von Gerd Kommer enthält eine Auflistung vieler Studien, die Underperformance von aktiven Fondsmanagern nachweisen.

Dieser Artikel in „Das Investment“ enthält weitere Quellen.

John C. Bogle, The mutual fund industry 60 years later: For Better or Worse?, Financial Analysts Journal, January 2005
Geoffrey C. Friesen and Travis R. A. Sapp, Mutual fund flows and investor returns: An empirical examination of fund investor timing ability, Journal of Banking & Finance, September 2007

Lukas Schneider, Are UK fund investors achieving fund rates of returns?, Diplomarbeit FHS Kufstein, Juli 2007

Studien für Deutschland sind mir nicht bekannt. Das Verhalten deutscher Fondsmanager und die Kosten deutscher Fonds sind jedoch vergleichbar. Das Problem ist ein systematisches.

 

 

Honorar statt Provision

„Wie kann ich sicherstellen, dass mein Berater meine Interessen vertritt?“ Wer eine Antwort sucht, achte darauf, wer seinen Berater bezahlt und wofür. In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

 

Letztens erzählte mir meine Nachbarin „Komisch? Ich war gestern am Fahrkartenschalter der Bahn und der Bahnbeamte hat eine Reiseversicherung empfohlen. Warum habe ich nicht verstanden?“ Meine Antwort: „Warum Du das abschließen solltest, weiß ich auch nicht. Aber warum er Dir das empfohlen hat, kann ich Dir sagen. Er hat einen Vertriebsauftrag (Ziel). Sein Arbeitgeber, die Bahn erwartet, dass er Versicherungen verkauft.“

Was bei der Bahn noch fremd, ist bei Banken längst normal.

Bankberater und Versicherungsvermittler sind Verkäufer von Finanzprodukten.

 

Ein ungutes Gefühl

Intransparente Systeme wirken nicht Vertrauensbildend. Und Vertrauen hat die Finanzindustrie mit ihren Skandalen reichlich verspielt. Verbraucherschützer und laut Handelsblatt, selbst die Bundesbank warnen Anleger vor den Kauf- und Verkaufsempfehlungen der Banken. Zu hohe Kosten und zu viele Transaktionen, die Anleger Geld kosten.

Die Geldströme beim Kauf eines Finanzproduktes sind für die Kunden nicht transparent. Beratung wird kostenfrei. Angeboten. Bei Abschluss eines Finanzprodukts fallen Abschlusskosten an. Auch im Verlauf schmälern weitere Kosten seine Performance.

Können Sie sagen, wie hoch die Abschlusskosten Ihrer Finanzprodukte sind und was Sie laufend bezahlen? Kaum ein Kunde kennt die Antwort und das verwundert nicht. Obwohl Gesetze verschärft wurden, werden immer noch nicht alle Kosten klar ausgewiesen. Finanzberater erhalten Ihr Gehalt oder Ihre Provision nicht vom Kunden, sondern von Banken und Versicherungen.

Es bleibt ein ungutes Gefühl. Wie können Sie sicher sein, dass Ihr Berater Ihnen das Produkt deshalb empfohlen hat, weil es ihm mehr Provision einbringt?

Cui bono? Wem nützt es? Das ungute Gefühl in der Provisionsberatung.

 

Honorarberatung eine Alternative

Die Alternative Beratung gegen Honorar. Sie bezahlen Ihren Berater direkt dafür, dass er Sie berät und betreut. Im Gegenzug erhalten Sie Finanzprodukte, die keine Vertriebskosten enthalten, sogenannte „Netto-Produkte“. Der Berater hat keinen Anreiz, Ihnen ein Produkt deshalb zu empfehlen, weil er dafür Geld von dem Produktanbieter erhält. Das vermeidet den Interessenkonflikt des Beraters in der klassischen Provisionsberatung.

Honorarberatung bietet Vorteile:

 1. Transparenz und Klarheit.

Der Honorarberater stellt dem Kunden die Beratungsleistung separat und direkt in Rechnung. Entscheidend ist, dass der Kunde seinen Nutzen erkennt.

 2. Zugang zu kostengünstigen Produkten

Honorarberater empfehlen Produkte, die klassische Provisionsberater nicht empfehlen werden, weil sie nichts daran verdienen. Dazu gehören ETFs, Indexfonds oder sogenannte „Netto-Policen“ bei Versicherungen. Diese Produkte enthalten keine Kick-Backs, Retrozessionen oder Provisionen an Berater und sind erstaunlich günstig.

 3. Anreiz für ein besseres Beratungserlebnis

Berater sollten sich über ihre Beratungsleistung definieren und nicht über Finanzprodukte, die haben andere entwickelt. Wenn der Druck wegfällt, ein Produkt verkaufen zu müssen, kann der Berater sich ganz auf den Kunden und seine Bedürfnisse konzentrieren.

 

Es ist ungewohnt für Beratung zu zahlen. Menschen sind Gewohnheitstiere. Es kostet uns Energie, Gewohnheiten zu ändern. Es fühlt sich womöglich anfangs ungewohnt an. Doch ist es wirklich so ungewöhnlich? Steuerberater, Rechtsanwälte, Dienstleister, sie alle erhalten ein Honorar. Als Finanzplaner und Finanz-Coach kann ich gar nicht anders als auf Honorarbasis arbeiten, genau wie Architekten oder Business-Coaches.

 

Überzeugend – oder welche Einwände haben Sie?

Ist es klug für Beratung zu bezahlen, wo es diese bei Provisionsberatern umsonst gibt?

Jede Beratung bedeutet Aufwand. Niemand arbeitet gern umsonst. Kostenlose Beratung ist für den Provisions-Berater vertane Zeit, wenn kein Abschluss herauskommt. Nur bei Abschluss eines Finanzprodukts erhält er Geld für seine Arbeit. Er wird in jedem Fall versuchen, Sie zu einem Abschluss zu bewegen. Vielleicht haben Sie den Druck, der durch diese Situation entsteht, bereits selber erlebt.

Hat nicht der Honorarberater ein Interesse daran, mir möglichst viele Stunden zu berechnen?

Diese Sorge von Kunden ist nachvollziehbar, gerade am Anfang einer Beziehung. Da er schwer einschätzen kann, wie hoch der Aufwand der Beratung ist, arbeiten viele Honorarberater mit Pauschalen. Sie klären im Vorgespräch den Beratungsumfang und vereinbaren einen Pauschalpreis. Der Kunde hat eine feste Kalkulationsgröße und muss nicht ständig auf die Uhr sehen.

Kann ich mir Honorarberatung leisten?

Können Sie es sich leisten, weiterzumachen wie bisher? Waren Sie damit erfolgreich? Haben Sie ein gutes Gefühl? Können Sie mit Intransparenz und Verkaufsdruck leben?

Falls nein, ist Honorarberatung eine Alternative. Es ist richtig, erst einen Plan zu machen und dann einkaufen zu gehen. Beratung verursacht Kosten und Finanzprodukte verursachen Kosten. Beides zu trennen, schafft Klarheit und Transparenz. Honorar plus Nettoprodukt ist in vielen Fällen günstiger als der Kauf von Provisionsprodukten. Am teuersten sind die Dinge, die wir nicht brauchen.

Nur wer für Beratung bezahlt, darf unabhängige Beratung erwarten.

 

Unabhängige Beratung

Bei Honorarberatung geht es im Kern nicht um die Vergütung, sondern um unabhängige Beratung. Im Englischen spricht man von „independent advice“. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Darum geht es. Das Honorar für Beratung ist lediglich der Game Changer, der das sicherstellen soll.

„You get, what you pay for.“

 

Wofür sind Sie bereit zu zahlen?

Komplexität: Warum uns unsere Finanzen überfordern

  • Meine Lebensversicherung wird fällig, aber es gibt keine Zinsen mehr!
  • Ich soll in Aktien einsteigen sagt mein Banker, sonst verpasse ich etwas. Aber im Internet warnt man vor dem Crash.
  • Ich muss etwas für meine Rente tun, sagen sie im Fernsehen, sonst droht Altersarmut. Doch was? Mein Banker empfiehlt Fonds, mein Versicherungsvertreter Riester, meine Mutter Bausparen und mein Freund schwört auf Aktien?
  • Sind die Kurse jetzt hoch oder niedrig? Wann ist der richtige Zeitpunkt einzusteigen?
  • Sind Immobilien teuer oder noch günstig? Soll man jetzt trotz hoher Preise noch kaufen und die niedrigen Kredit-Zinsen ausnutzen? Oder besser abwarten?

Fragen über Fragen: Was soll ich tun?

 

Die Komplexität von Finanzentscheidungen überfordert - Was soll ich tun?

Viele fühlen sich überwältigt von dem großen Angebot, den vielen Möglichkeiten, den unterschiedlichen Meinungen und gut gemeinten Ratschlägen, Tipps und Warnungen. Warum stresst uns das so?

 

Was uns schwer fällt

Drei Herausforderungen sind es vor allem, die uns zu schaffen machen:

Komplexität – Alles hängt mit allem zusammen. Was ist Ursache, was Wirkung? Es fällt schwer, die Auswirkungen unseres Handelns einzuschätzen. Uns stehen viel mehr Informationen zur Verfügung als wir verarbeiten können.

Ungewissheit – Wir sehnen uns nach Stabilität und Sicherheit. Wir suchen Muster, Erklärungen und Geborgenheit. Finanzen sind vielen fremd, dies verstärkt das Gefühl der Unsicherheit. Medienlärm und Skandale verunsichern.

Unwissenheit – In der Schule lernen wir alles Mögliche. Über Geld lernen wir nichts. Jeder von uns muss täglich mit Geld umgehen und dennoch sind uns Finanzen fremd. Wir arbeiten hart um Geld zu verdienen, verstehen jedoch wenig davon, es zu mehren.

 

Wie wir reagieren

Es gibt zwei typische Reaktionen auf Geldstress:

  1. Schockstarre – Wir erkennen die Gefahr und starren wie das Kaninchen auf die Schlange, unfähig zu agieren. Häufig beobachte ich die subtilere Form, Verdrängung. Ein typisches Beispiel ist das, was wir „Altersvorsorge“ nennen. Aber wie? Also blenden wir das Problem aus und widmen uns angenehmeren Themen. Bis … es zu spät ist.
  2. Aktivismus – Wir Menschen sind Sammler und Jäger.
  • Sammler sind weitverbreitet. Sie haben typischerweise klare Vorlieben: Immobilien, Lebensversicherungen, Bausparverträge, Gold … Ihre Anlagen sind einseitig, Risikostreuung fehlt.
  • Die Jäger sind seltener, Sie jagen dem schnellen Gewinn, dem heißen Tipp oder dem Schnäppchen hinterher (Trader, Zinshopper).

Es sind Urinstinkte, die hier wachgerufen werden. Als Menschen haben wir die Möglichkeit unser Handeln zu steuern. Dazu müssen wir bewusst unseren Verstand einsetzen:

  1. Erst Nachdenken – dann Handeln. Das kostet Energie, lohnt sich aber.

 

Komplexes muss nicht kompliziert sein

Viele Finanzprodukte sind kompliziert. Das ist etwas Anderes als komplex. Die Philosophin Natalie Knapp hat das an einem Fußball-Beispiel veranschaulicht.

Abseits zu erkennen ist kompliziert, das Ergebnis des Spiels vorherzusagen komplex. Die Regeln des Abseits sind zwar anspruchsvoll, aber kalkulierbar. Das Ergebnis des Spiels hingegen lässt sich nicht kalkulieren, bis zum Schluss sind unvorhergesehene Ereignisse möglich. Das macht Fußballspiele so spannend.

Warum sind Finanzprodukte oft so kompliziert?

Finanzen als Teil unseres Lebens sind komplex. Das lässt sich nicht ändern. Auch in unserem Leben sind jederzeit unvorhergesehene Ereignisse möglich. Komplexe Probleme brauchen nicht notwendigerweise komplizierte Lösungen. Gerade bei Finanzprodukten liegt der Verdacht nahe, dass sie absichtlich kompliziert gestaltet werden. Komplizierte Produkte bedienen einen Mythos, sie werden nur von „wahren Experten“ beherrscht. Auch lassen sich in komplizierten Konstruktionen hohe Kosten gut verstecken. Immer wieder tauchen Produkte auf, die versprechen gleich mehrere Probleme gleichzeitig lösen zu können, gleichsam wie ein Schweizer Messer.

Basisprodukte wie Einlagen, Renten, Immobilien, Aktien oder Gold sind in Ihrer Funktion klar zu unterscheiden. Kombination davon, insbesondere mit derivativen Strukturen, gleichen hingegen aus Sicht der Kunden Überraschungseiern. Die Finanzaufsicht Bafin überlegt gar, komplizierte Finanzprodukte für Privatanleger zu verbieten, wie dieser Artikel aus Welt24 zeigt.

 

Wir können mit Ungewissheit leben

Was ungewiss ist ängstigt und fasziniert uns zugleich. Während wir im Krimi den Zufall lieben, der den Mörder entlarvt, macht es uns Angst, wenn wir etwas nicht vorhersehen können.

Der beste Beweis, dass wir lernen können mit Ungewissheit zu leben, sind für mich der Straßenverkehr oder das Internet. Beide Bereiche sind gekennzeichnet von hoher Ungewissheit und großen Risiken. Täglich sterben Menschen im Verkehr und Internetseiten werden millionenfach gehackt. Und dennoch – es hält uns nicht davon ab, mit dem Auto zu fahren oder im Internet zu surfen. Und wir tun das nicht ängstlich, sondern mit Freude, ja Genuss – trotz aller Gefahren. Wie kann das sein?

Warum können wir mit Ungewissheit im Verkehr gut leben, während sie uns bei Finanzen Angst macht?

 

Drei Unterschiede mache ich aus:

  1. Eine hohe Motivation. Wir haben ein klares Ziel. Wir wollen von A nach B. Die wenigsten Menschen hingegen haben klare finanzielle Ziele.
  2. Übung und Gewöhnung. Wir bewegen uns täglich im Verkehr und im Netz. Wir entwickeln Übung darin und entwickeln ein Gefühl für den Verkehr. Es wird zur Gewohnheit, läuft unbewusst ab und kostet uns weit weniger Energie als bewusstes Entscheiden. Doch wer beschäftigt sich schon täglich mit seinen Finanzen (außer den aktiven Jägern).
  3. Alle tun es. Es fühlt sich richtig an, wenn wir etwas tun, dass alle tun. Wir sind soziale Wesen und brauchen Bestätigung. Wir orientieren uns an andere (aus unserem Stamm). Dieses Verhalten ist ebenfalls bei Finanzen zu beobachten, schadet dort aber, da es Schwankungen verstärkt. Starke Schwankungen lösen Emotionen aus und diese wiederum Kurzschlusshandlungen.

Viele irritiert, dass sich Finanzen nicht vorhersagen lassen. Schließlich gelingt uns das beim Wetter doch auch. Finanzprognosen sind nicht annähernd so treffsicher. Das liegt am Rückkopplungseffekt (selbsterfüllende Prophezeihung), hier im Video von Fintool näher erläutert.

 

Unwissenheit bedeutet, alles glauben zu müssen

Finanzielles Basiswissen wird nicht an der Schule vermittelt. Wir lernen es von denjenigen, die wir um Rat fragen und die uns Finanzprodukte verkaufen. Diese Informationen sind nicht neutral, es bestehen Interessenkonflikte. Der erfahrene Investor Warren Buffet hat es auf den Punkt gebracht:

„Frage nie Deinen Friseur, ob du einen Haarschnitt brauchst.“

Den Umgang mit Geld lernen viele nicht bewusst, sondern durch Nachahmung. Doch Geld ist abstrakt und wir projizieren unsere Gedanken auf das Geld. Unreflektierter Umgang mit Geld führt dazu, dass wir nicht verstehen was Geld bei uns auslöst.

Souverän ist, wer sich bewusst ist, was Geld mit ihm macht (Finanzcoaching) und wer weiß, was er mit Geld machen kann (Finanzbildung). Er hat die Schlüssel in der Hand, Geld so einzusetzen, dass es Mittel zum Zweck ist, die Ziele zu erreichen, die ihm wirklich wichtig sind.

 

Beziehungen sind der Schlüssel

„Es ist kaum möglich, etwas zu verstehen, zu dem wir keine Beziehung aufbauen.“ Natalie Knapp

 

Der beste Weg gute Finanzentscheidungen zu treffen ist, sich auf die Reise zu machen.

  • Wer sich einlässt auf das Thema,
  • wer Erfahrungen sammelt,
  • wer sich an die Umgebung der Finanzmärkte gewöhnt,
  • wer überlegt bevor er handelt und
  • wer Ungewissheit spürt (wie im Verkehr), aber nicht fürchtet, sondern annimmt als Teil unseres Lebens,
  • wer nachdenkt über Geld und seine Gedanken zu Geld,

der ist auf dem Weg, der ist auf dem Weg zur finanziellen Souveränität. Wer all dies tut, der übernimmt Verantwortung für sich, seine Gedanken, sein Handeln und seine Finanzen.

 

Meine Leseempfehlung zum Thema Komplexität: Natalie Knapp – Kompass neues Denken

Wie geht es Ihnen mit Komplexität und Ungewissheit?

Geldgeschenke zu Weihnachten?

Verschenken Sie Geld oder Gutscheine zu Weihnachten? Sind Sie sich der Wirkung von Geld bewusst? Was praktisch und neutral erscheint, ist in Wirklichkeit hoch emtional.

Haben Sie alle Weihnachtsgeschenke gekauft? Oder machen Sie es, wie immer mehr Menschen und verschenken Geld oder Gutscheine. Ist doch auch viel praktischer. Da kann sich der Beschenkte das kaufen, was er mag. Hat doch sowieso jeder schon alles. Soweit die praktische Seite.

Weihnachten und Schenken sind keine Erfindung des Einzelhandels. Sie haben ihren Ursprung im Glauben und der Nächstenliebe. Was bedeutet es da, wenn wir Geld schenken? Sind Geldgeschenke weniger persönlich? Sind sie einfach nur praktischer oder Kommerzialisierung pur?

 

Wie wirkt Geld?

Sie können mit Geld Gutes tun oder Unheil anrichten. Das Geld selber ist neutral. Ja es funktioniert wie eine weiße Wand. Auf diese projizieren wir – wie im Kino – unsere Erwartungen, unsere Hoffnungen und Ängste. Trotz dieser Neutralität lässt es niemanden kalt. Geld löst Emotionen aus. Unsere individuelle Leinwand ist nicht mehr leer. Es laufen dort ständig Filme ab, die unserem Erfahrungsschatz entspringen. Besonders prägt unsere Kindheit, wo alles noch neu war und wir Emotionen noch nicht verdrängt haben.

Die einen vergöttern das Geld und tun alles, um es zu mehren. Andere lehnen Geld ab, als schmutzig und Übel der Welt. Jeder Mensch hat eine eigene Identität zu Geld. Die Wirkung von Geldgeschenken fällt vor diesem Hintergrund sehr unterschiedlich aus.

Geld löst starke Emotionen aus. Wissenschaftler sind in der Lage, das zu messen. Die Hirnforschung kann feststellen, welche Areale in unserem Gehirn aktiviert werden. Brian Knutson, Hirnforscher an der Standfort University, hat die Emotionen von Menschen so gemessen.

Gehirnforscher: Auf keinen Reiz reagiert unser Belohnungssystem so stark, wie auf Geld.

 

Das sollten Sie bedenken, wenn Sie Geld verschenken.

Geld ist Beziehung. Im Geld äußert sich unsere Beziehung zu uns selbst und zu unseren Mitmenschen.

  • Welche Beziehung haben Sie zu Ihrem Geld?
  • Halten Sie es verbissen zusammen?
  • Schämen Sie sich dafür?
  • Können Sie es genießen?
  • Es mit Freuden ausgeben?
  • Es mit Energie vermehren?

Geld braucht unseren liebevollen Blick, unsere Zuwendung. Denn im Geld erkennen wir uns selbst. Sie erinnern sich, die weiße Leinwand. Alles was wir darauf sehen, hat unser Geist erschaffen.

Jeder von uns lebt in seiner Wirklichkeit. Sie bestimmt, wie Geld wirkt. Diese Erkenntnis hat etwas Befreiendes. Es geht nicht darum, alles richtig zu machen, keine Fehler machen zu dürfen. Es geht darum, das Richtige zu tun, unserem Herzen zu folgen und achtsam zu sein, was unser Tun bei anderen auslöst.

 

„Wir können nicht, nicht kommunizieren.“ Paul Watzlawick

Auf die Haltung kommt es an. Alle unsere (Nicht-)Handlungen interpretieren unsere Mitmenschen vor dem Hintergrund ihrer Wirklichkeit. Die höchste Chance, dass unsere Botschaft so ankommt, wie sie gemeint ist, haben wir, wenn wir authentisch sind. Wenn Sagen und Tun, Körperhaltung, Stimme und Augen stimmig sind. Wenn wir von reinem Herzen schenken.

Wir Menschen haben sehr sensible Antennen dafür, wie stimmig eine Botschaft ist. Geldgeschenke bedürfen besonderer Sensibilität. Viele Menschen haben starke Glaubenssätze zu Geld, die es ihnen unmöglich machen, die Botschaft zu erkennen.

  • Wer glaubt, das Geld korrupt macht, dem wird es schwer fallen, es anzunehmen.
  • Wer sich dafür schämt, Geld anzunehmen, ohne etwas dafür zu leisten, hat eine hohe Hürde.
  • Wer glaubt, dass er sich mit Geld Zuneigung kauft, der strahlt dies aus und erntet Misstrauen.

Wir haben viele solcher Glaubenssätze zu Geld. Manche sitzen sehr tief. Wir identifizieren uns mit ihnen. Unsere Wirklichkeit sehen wir dann als einzig mögliche Wahrheit. In unsere Wahrnehmung gibt es viele blinde Flecke. Das schränkt uns ein.

Weihnachten: Wer Geld schenkt, sollte sich bewusst sein, dass jeder auf Geld etwas anderes projiziert.

Der Zauber von Coaching

Gerade weil Geld ein so sensibles Thema ist, das uns in unserem Innersten berührt. Weil es Gefühle auslöst, die uns in Berührung bringen mit unserer Identität. Gerade deshalb braucht es eine Coaching-Haltung beim Gespräch über Geld.

Diese Haltung zeichnet sich dadurch aus, dass sie anerkennt, dass jeder Mensch in seiner Wirklichkeit lebt, seine Sicht auf die Welt hat. Als Coach erlebe ich, wie unterschiedlich, diese Sicht auf die Welt sein kann. Es ist faszinierend, welche Chancen, Energie und Kraft es in Menschen frei setzt, wenn sie es sich erlauben, einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Als Coach bin ich Begleiter, der Menschen einlädt,

  • ihre Wirklichkeit zu erweitern,
  • neue Perspektiven zu erkennen,
  • neue Optionen entdecken, Ihre Potenziale zu entfalten.

 

Werkzeuge sind Hilfsmittel, aber nicht die Lösung

Was haben Produkte, Methoden und Theorien gemeinsam? Es sind Werkzeuge. Mit ihnen können Sie Positives bewirken oder Schaden anrichten. Entscheidend ist nicht das Werkzeug, sondern wozu Sie es einsetzen.

Finanzprodukte werden oft als Lösungen verkauft. Sie können damit Unterschiedliches bewirken. Mit einer Verkaufsoption beispielsweise können Sie spekulieren oder Ihre Position absichern.

Was im Finanzsektor die Produkte, sind im Coaching die Methoden. Sowie einige Berater auf bestimmte Produkte schwören, so propagieren einige Coaches bestimmte Methoden. Wissenschaftler wiederum sind oft fixiert auf ihre Theorie.

Ein guter Berater oder Coach setzt nicht einseitig auf ein Produkt oder eine Methode, sondern wendet unterschiedliche Lösungen auf unterschiedliche Probleme an.

„Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, der sieht in jedem Problem einen Nagel.“ Paul Watzlawick

Haltung reduziert Komplexität

Entscheidungen in komplexer Umgebung fallen uns schwer. Es ist umfangreich und kompliziert, alle Parameter zu dokumentieren und zu gewichten. Aus einer bestimmten Haltung fallen Entscheidungen leichter – quasi zwangsläufig ergibt Eins das Andere.

Kommen wir auf unsere Ursprungsfrage zurück. Sollen Sie einer bestimmten Person zu Weihnachten Geld schenken?

Statt eine Tabelle aufzustellen mit sämtlichen Für und Wider, entscheiden Sie aus Ihrer Haltung. Schenken Sie aus reinem Herzen, weil Sie dem anderen etwas geben wollen. Tun Sie es nicht aus einer Verpflichtung heraus, nicht, um etwas zurück zu erhalten, nicht, um Ihr Ansehen zu fördern. Sie werden automatisch sensibel sein dafür, wie Ihre Botschaft ankommt – auf welche Wirklichkeit des anderen sie trifft.

Sie entscheiden nicht nur rational, sondern hören auf Ihre Gefühle. Sie zapfen eine Quelle an, die viele Entscheidungen leichter macht, Ihre Intuition. Sie hilft Ihnen, das Richtige zu tun. Vertrauen in die eigene Intuition ist gesundes Selbstvertrauen.

 

Geld und Weihnachten

Wenn Sie zu Weihnachten Geldgeschenke erhalten oder selber Geldgeschenke machen wollen, denken Sie einmal darüber nach:

  • Was sagt das Geld über Sie? Welche Gefühle löst es bei Ihnen aus?
  • Auf welche Wirklichkeit wird es beim Beschenkten treffen?
  • Schenken Sie von reinem Herzen und nehmen Sie Geldgeschenke vorbehaltlos an?
  • Was hindert Sie noch daran?
  • Was würde sich für Sie verändern, wenn Sie es tun könnten?

Vertrauen Sie Ihrer Intuition.

Ich freue mich auf Ihre Anmerkungen.

Glauben Sie noch an Geld?

Gottes Werk

 

„Ich bin ein Banker der Gottes Werk verrichtet.“  Glodmann Sachs Chef Lloyd Blankfein.

Dieses Zitat ging 2009 um die Welt als sich der Chef der mächtigsten Investmentbank zu seiner Verantwortung in der Finanzkrise äußerte. Siehe FAZ.

Ich war erschrocken als ich dieses Zitat zum ersten Mal las. Es zeigt das Selbstbild vieler Investmentbanker. Sie, die uns in die größte Finanzkrise unserer Zeit getrieben haben, zeigen sich unfähig zur Reflektion.

Mit etwas Abstand verwundert es weniger, bezeichneten sich Investmentbanker doch selber als „Master of the Univers“ oder „Rainmaker“. Sie leben in Ihrer eigenen Welt. Virtual Reality – passt in unsere Zeit.

Auch normale Banken betreiben Geld-Schöpfung. Wenn Banken Kredite vergeben, schaffen Sie neues Geld – Giralgeld. Hierzu passt ein sehenswertes Video des Kabarettisten Volker Pispers,

Man muss dran glauben

Vor einigen Wochen erlebte ich in Landau eine Podiumsdiskussion an der Prof. Dr. Jochen Hörisch von der Uni Mannheim teilnahm. Hörisch zog eine Reihe von Parallelen zwischen dem Glauben an Gott und unserem Glauben an Geld. Er bezeichnete beide als struktur- und funktionsverwandt und untermauerte dies mit zahlreichen Beispielen. Die Nachfolgenden Beispiele stammen sämtlich aus seinem Buch „Man muss dran glauben – Die Theologie der Märkte.“

Das Buch empfehle ich allen, die sich näher mit dem Vergleich beschäftigen wollen. Ich möchte hier nur das Phänomen schildern. Hörig befasst sich weit umfangreicher mit dem Thema und zieht Schlüsse, die über das Thema dieses Artikels hinausgehen.

Der Glaube an Gott und der Glaube an Geld

Beispiele, die zeigen, wie sehr der Sprachgebrauch verwandt ist:

  • Wer an Gott glaubt, der ist ein gläubiger Christ. Wer an Geld glaubt, ist ein Gläubiger – mit einer Forderung gegen einen Schuldner.

„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“   Vater Unser

  • Schuld und Schuldner liegen nahe beieinander. Tatsächlich erlebe ich als Finanzcoach, dass das Thema Schulden, bei Menschen Schuldgefühle auslöst. Unser Verhalten und unsere Sicht auf Geld sind von starken Glaubenssätzen geprägt.
  • Schuld muss gebüßt, Schulden zurückgezahlt werden – Geld und (Ver-)Geltung.“
  • Schuldner, die nicht zahlen können, leisten den Offenbarungs-Eid.
  • Geld bringt Erlös, Glaube Erlösung.
  • Messen sind Plätze zum Handeln oder Versammlungen und Feiern der Gläubigen.
  • Um unseren Nachlass zu regeln, schreiben wir ein Testament. Gottes Wort wurde im Alten und Neuen Testament überliefert. Das Wort überdauert den Tod.

Was Glauben bewirkt

Diese sprachliche Verwandtschaft ist kein Zufall. Strukturen und Funktionen sind verwandt. „Gott, wie Geld sind auf Beglaubigung angewiesen.“ So Hörisch “Würde universal das Gute und die Fülle herrschen, gäbe es weder Religion noch Ökonomie“.

Eine Bibel der Ökonomie ist Adam Smiths „Der Wohlstand der Nation“. Er erwähnt darin „die unsichtbare Hand“ des Marktes. Obwohl jeder Einzelne eigennützig handelt, sorgt der Markt dafür, dass Interessen sich ausgleichen und das Gemeinwohl gefördert wird. Das System reguliert sich selbst.

„Die unsichtbare Hand“ wurde zum Glaubenssatz der Neoliberalen, einer von mehreren Glaubensgemeinschaften, denen Ökonomen angehören (neoliberal, keynesianisch, ordoliberal, marxistisch). Hörisch schreibt diesem Glaubenssatz eine „psychologische Entlastungsfunktion“ zu: Wer eigennützig handelt, handelt zum Gemeinwohl und damit im Sinne Gottes. Absolution für rücksichtslosen Egoismus. Wie praktisch Herr Blankenfein.

Hörisch folgert: „Wirtschaftsweise und Masters oft the Universe, die an den Finanzmärkten erhabene Summen handeln, glauben, die invisible Hand des Marktes so zu verstehen wie Theologen den unerforschlichen Ratschluss Gottes.“

Sowohl der Glaube an Gott, wie auch der Glaube an Geld sind ein einfaches Mittel, die verstörende Komplexität des Lebens und der Märkte zu vereinfachen. Gott und Geld sind abstrakt. Wir projizieren unsere Ängste und Hoffnungen auf sie. Dies fasziniert uns.

Irrationale Rationalisten

Dem Markt unsichtbare Kräfte zuzuschreiben, eine göttliche Ordnung – gleichsam der Natur, dies erscheint seltsam irrational. Und das ausgerechnet von Ökonomen, die Rationalität (homo oeconomicus) zum Grundprinzip erklärt haben.

Die Irrationalität passt in unsere Zeit in der:

  • die Notenbank Zinsen abschafft.
  • Sparer Straf-Zinsen zahlen müssen.
  • Notenbanken verzweifelt Inflation entfachen wollen.
  • Bankrotte Staaten und Banken künstlich am Leben erhalten werden
  • virtuelle Spiele, Realität ersetzen.

Futur III wie die Wirtschaftswoche es nennt. Siehe Artikel: Warum Mario Draghi seiner Zeit voraus ist.

„Wir bauen mit nicht vorhandenem Geld auf eine rosige Zukunft, in der sich alle Probleme in Luft aufgelöst haben werden.“ Dieter Schnaas

Wenn der Eigennutz das Gemeinwohl fördert, ist es dann auch im Sinne unserer Kinder, dass wir für unseren heutigen Wohlstand Schulden machen, als gäbe es kein Morgen?

Probleme in die Zukunft zu verschieben, immer wieder „Zeit zu kaufen“, wird ökonomisch nicht aufgehen. Es ist im Gegensatz zum christlichen Glauben kein Konzept für die Ewigkeit. Das Ende ist absehbar. Auch wenn wir Menschen Meister darin sind, Probleme zu verdrängen, dämmert es doch, wenn wir unseren Verstand benutzen. Ich kann nur sagen: achtet mir auf die Kinder. Denn wehe, wenn wie im Märchen ein kleiner Junge ruft

„Der Kaiser ist nackt.“

Denn wer nicht daran glaubt, der muss dran glauben.

Geld oder Liebe

Es gibt Hoffnung. Die Lösung liegt nicht bei Mario Draghi, sondern bei uns.

Die entsprechende Botschaft, passend zu Ostern, hat meine Geldcoach-Kollegin Nicole Rupp mit diesem Satz formuliert:

„Im Leben scheitert nichts am Geld, sondern nur an einem Mangel an Vertrauen, Wertschätzung oder Liebe.“

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Osterfest.