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Die Truthahn-Illusion

Es ist schon wieder passiert. Immer wieder versenken Anleger Milliarden in scheinbar sicheren Anlagen. Diesmal betrifft es 50.000 Anleger, die in Container-Direktanlagen der P&R Gruppe investiert haben. Die Pleite trifft Anleger (und manchen Berater) aus heiterem Himmel. Viele schworen seit Jahren auf P&R Container Investments. Die P&R Gruppe war berühmt für Ihre Zuverlässigkeit, ihren Verpflichtungen ist sie stets zu 100 Prozent nachgekommen. Seit Ihrer Gründung im Jahr 1975 und über alle Crashs und Krisen hinweg. Wie – um Himmelswillen – konnte das passieren?

 

So erging es dem Truthahn

Das Phänomen ist nicht neu und in der Verhaltensökonomik als Truthahn-Illusion bekannt. Der Truthahn wurde seit seiner Geburt von Menschen gefüttert und gemästet. Seinen Kindern erzählte er stolz: „Der Mensch ist unser bester Freund“. Die Gans hatte Zweifel, ihr nahmen die Menschen die Eier weg. „So ein Quatsch!“, sagte der Truthahn. „Ich kenne keinen besseren Freund, als den Menschen.“ Und er führte an, dass er seine These sogar „empirisch“ belegen könne. Mit jedem Tag stieg seine Gewissheit, bis …  Ja, … bis kurz vor Thanksgiving. Da wurde seine These auf grausame Weise widerlegt. Doch da war es bereits zu spät.

Traurig – nicht wahr? Traurig ist auch das Schicksal, dass den P&R Anlegern droht. Sie bangen um Ihre Container-Direktanlagen. Der Insolvenzverwalter muss 1,25 Millionen weltweit verstreute Containern verwerten. Es bleibt abzuwarten, was da für die Anleger übrigbleibt.

 

100 Prozent

Anleger fühlten sich zu hundert Prozent sicher. Denn P&R erfüllte über viele Jahre zu 100 Prozent, was in den Verkaufsprospekten prognostiziert wurde. Und das in einem Geschäft, dass vom Welthandel abhängig ist. Mehr als ungewöhnlich ist diese Stabilität für die Anlageform als Sachwertanlage in Fonds. Die Stiftung Warentest untersuchte 2015 über 1.000 seit 1975 aufgelegte geschlossene Fonds. Nur 6 % der Fondsbeteiligungen erreichten ihre Prognosen. Ob Schiffsfonds, Medienfonds oder Immobilienfonds, überall tauchten Risiken auf, die vorher nicht prognostiziert waren. Und mitten drin P&R ein Hort der Stabilität? Zu schön, um wahr zu sein.

 

Die Ruhe vor dem Sturm

Es ist wie auf dem Meer. Ist die See spiegelglatt, freut das die Leichtmatrosen. Erfahrene Seeleute hingegen wissen, es droht ein Sturm. Auch an der Börse ist dieses Phänomen zu beobachten. Der Wirtschaftsprofessor und Behavioral-Finance-Experte Prof. Rüdiger von Nitsch nennt es „erlernte Sorglosigkeit“. Ist lange nichts passiert, werden wir sorglos. Ein Börsenjahr wie 2017 mit geringen Schwankungen fühlt sich zwar gut an, macht aber unvorsichtig. Im Falle von P&R gab es gar keine Schwankungen, handelte es sich doch um geschlossene Fonds, die nicht börsengehandelt werden. Keine Kursschwankungen, 100 Prozent pünktliche Ausschüttungen, 100 Prozent erfüllte Prognosen, das ist das Paradies für Sparer, die sich in einer Zeit von Null-Zinsen und Unsicherheit nach Stabilität sehnen.

Doch unter der Oberfläche brodelte es wohl schon länger. Der Markt für Container war seit 2011 rückläufig. Operative Verluste wurden offensichtlich über Jahre gestopft.  Ob mit Rücklagen oder mit dem frischen Geld neuer Anleger, das wird hoffentlich das Insolvenzverfahren zeigen. P&R gehörte zum sogenannten Grauen Kapitalmarkt, dort herrschten über Jahrzehnte geringe Standards, was Prospektpflicht und andere Regularien betrifft.

Der Fall P+R ist kein Einzelfall. Immer wieder unterliegen Anleger der Truthahn-Illusion.

 

Schneeballsysteme

Berühmtheit erlangte die Madoff-Pleite. Bernhard Madoff, Jahrzehnte lang ein Mann mit tadellosem Ruf, eine Wall-Street Legende. Zur Legende wurde er, weil er Anlegern seines Hedgefonds über zehn Prozent Rendite versprochen hatte und dieses Versprechen wie ein Uhrwerk einhielt. Nur hatte er das Geld nicht erwirtschaftet, sondern den Konten seiner Kunden entnommen. Solange stetig Kapital zufloss, kein Problem. Und Geld floss reichlich. Die Creme de la Creme der Finanzszene vertraute ihm sein Geld an, gierig nach seinen Renditen. Solche Schneeball Systeme sind Betrug, sie leben von Anlegern, die glauben wollen, was nicht sein kann.

 

Opfer des eigenen Erfolgs

Beteiligungen, auch geschlossene Fonds genannt (korrekt „Alternative Investmentfonds“ AIF), erfreuen sich bei Finanzvertrieben großer Beliebtheit aufgrund üppiger Provisionen. Ein echter Renner waren jahrelang Schiffsfonds. Die verkauften sich so gut, dass ihre Macher immer neue Fonds aufgelegten und dafür Schiffe bestellten. Ca. ¾ aller Frachtschiffe auf den Weltmeeren gehören deutschen Anlegern. Ihre Preise sind aufgrund des Überangebots massiv eingebrochen. Ein Desaster das Banken kräftig anheizten, nicht zuletzt die HSH-Nordbank, die jüngst verkauft wurde. Das Kapitel ist sowohl für Anleger wie Steuerzahler noch nicht ausgestanden, da sollten wir uns keine Illusionen machen.

Beteiligungen bergen oft unkalkulierbare Risiken für Anleger. Im Ernstfall ist es oft unmöglich, sie zu akzeptablen Preisen zu verkaufen.

 

Schon in der Finanzkrise erwischte es sicherheitsorientierte Anleger heftig. Bei konservativen Anleger erfreuten sich Immobilienfonds großer Beliebtheit. Geringe Kursschwankungen, regelmäßige Erträge, Anlageobjekte, die real sind und an deren Anblick man sich erfreuen kann. Im Gegensatz zu den Containerinvestments war es sogar möglich in „offene“ Fonds (OGAW) zu investieren. Das sind klassische Investmentfonds, in die Anleger täglich ein- und aussteigen können. Herz, was willst Du mehr.

Das dachten sich auch zunehmend institutionelle Anleger (Profis), die immer größere Summen statt auf Tagesgeld in offenen Immobilienfonds parkten. Einer Anlageform, die für Kleinanleger konzipiert waren. Und so musste es kommen, wie es kam, in der Finanzkrise brauchten die Großanleger Geld und verkauften Ihre Anteile an den Immobilienfonds. Doch diese hatten kein Geld, die Anleger auszuzahlen. Das Geld der Anleger steckte in Immobilien, die so schnell nicht und schon gar nicht zu vernünftigen Preisen veräußerbar waren. Die Fonds setzten die Rücknahme aus und wurden schließlich abgewickelt. Der Prozess dauert bis heute an.

Was meinen Sie?

Sie haben nun einige Beispiele gesehen. Vor diesem Hintergrund, wie schätzen Sie diese Angebote ein?

  • Eine Bank bietet ein Allwetter-Zertifikat an, das verspricht in allen Börsenlagen Rendite abzuwerfen.
  • Ein Berater empfiehlt Ihnen eine Nachranganleihe einer Bank mit einem Zins von 4% p.a. – ein Schnäppchen in Zeiten von Null-Zinsen.
  • Ein Berater empfiehlt einen Goldsparplan mit Verzinsung.
  • Eine Börsenzeitschrift berichtet begeistert von der Möglichkeit mit einem synthetischen ETF in, eigentlich illiquide, afrikanische Aktienmärkte zu investieren.
  • Ein Onlineunternehmer bietet im Internet an, Sie exklusiv in die Geheimnisse des Online-Business einzuweihen. Mit 20 Stunden Arbeit in der Woche, vom Strand auf Bali ein passives Einkommen und ein süßes Leben.

Selber denken ist gefragt. Nur der gesunde Menschenverstand schützt vor Illusionen.

 

Wie Sie mit drei einfachen Fragen teure Fehler vermeiden

Welche das sind, verrate ich in diesem Artikel.

Eine gute Frage ist oft mehr wert als ein 100 Seiten dicker Prospekt.

 

Robuste Lösungen halten länger

Wer eine lange Reise antritt, der braucht robustes Schuhwerk. Schuhe, die lange halten und gut passen. Erfahrene Wanderer wissen: Outdoor-Mode ist für Spaziergänger, aber auf langen Reisen, ist Bewährtes vorzuziehen. Wer Vermögen aufbaut oder für das Alter vorsorgt, begibt sich auf eine lange Reise über Jahrzehnte. Auch er braucht robuste Lösungen, die halten.

 

Die Lösung muss zum Problem passen

Wer kurzfristiges Trading betreibt, Börse als Hobby sieht oder seinen Nachbarn beeindrucken möchte, der sucht die perfekte Lösung: Das perfekte Timing, das nächste große Ding, die nächste Welle, die er reiten könnte. Motiv ist es, dazu zu gehören und andere zu beeindrucken. Viele Finanzprodukte befriedigen diese Bedürfnisse. Die Finanzindustrie bietet großartige Unterhaltung.

Wer jedoch das Ziel hat, langfristig und systematisch Vermögen aufzubauen oder vorhandenes Vermögen zu bewahren, der braucht eine robuste Lösung, die etwas aushält und die durchhält. Genau wie beim Wetter gibt es an den Kapitalmärkten Zyklen und Kapriolen. Phasen starker Überhitzung und Temperaturstürze (Crashs), laue Frühlingstage und raue Herbststürme.

 

Gibt es die perfekte Lösung?

Wer für jede Situation den perfekten Schuh braucht, der stößt schnell an Grenzen. Oder wie viele Paar Schuhe wollen Sie auf Ihrer Wanderung mitschleppen? Gesucht ist ein Allwetter-Schuh. Doch der kann eben nicht – wie von manchen Verkäufern versprochen – perfekt in allen Lagen sein. Wohl aber robust, denn unverzichtbar ist, dass er hält. Perfektes ist oft zu fragil.

Misstrauen Sie allen Angeboten, die Ihnen die perfekte Lösung für jede Börsenlage versprechen.

 

Aktien haben sich langfristig bewährt

Innovationen sind wichtige Impulse, doch wenn es darauf ankommt, verlasse ich mich lieber auf Bewährtes. Und beim Vermögenserhalt und der Altersvorsorge geht es um viel, um die finanzielle Basis für Ihre Lebensqualität.

Beim Vermögensaufbau und der Altersvorsorge sollten Sie auf Bewährtes setzen.

Vermögenswerte (Assets), die sich seit Jahrhunderten bewährt haben sind:

  • Cash und Einlagen
  • Renten (Anleihen)
  • Immobilien
  • Aktien
  • Gold

Gläubigerpapiere, wie Anleihen, gab es bereits im Mittelalter und Beteiligungen, wie Aktien, schon seit 400 Jahren. Gold, Geld und Immobilien sind noch älter.

Aktien sind vielen suspekt. Sie gelten als spekulativ und risikoreich. Doch gerade bei langen Anlagezeiträumen erwiesen Sie sich als besonders robust. Dies zeigt eindrucksvoll der Chart des Weltaktienindex, MSCI World, seit 1970.

Quelle: Dimensional Fund Advisors. MSCI World Index enthält über 1.600 größten Aktien aus den 23 größten Industrieländern der Welt. Ein guter Indikator für den Weltaktienmarkt. Zum Vergleich: Der viel bekanntere DAX enthält nur die 30 größten Aktien aus Deutschland.

Ölkrise, Schwarzer Montag, Mauerfall, Asienkrise, Russlandkrise, Jahr 2000 Panik, Dotcom-Blase, 9/11, Irakkrieg, Finanz- und Schuldenkrise, Brexit, Donald Trump … All diese Krisen, Kriege, Terroranschläge und Katastrophen konnten es nicht verhindern, dass der Weltaktienindex heute auf Höchstkurs steht. Auch wenn Kurse der Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft darstellen, der Weltaktienindex erwies sich als robust. Nach jedem Einbruch haben sich die Kurse wieder erholt. Panik war stets ein schlechter Ratgeber. Wer durchgehalten hat, das zeigt der Chart, wurde belohnt. Er konnte sein Vermögen langfristig mehren. Aus einem in 1970 investierten Euro wären heute 35 Euro geworden. Rechnet man die Inflation heraus, hätte sich seine Investition immer noch verzehnfacht.

Das ist übrigens nicht das Resultat geschickter Selektion oder geschickten Timings, sondern das Ergebnis von Kaufen und Halten (Passives Investieren). Anlegen mit ruhiger Hand und Durchhaltevermögen.

 

Bewährte Vehikel für Privatanleger

Als Vehikel zur Investition haben sich für Privatanleger Investmentfonds bewährt. Sie ermöglichen:

  • Breite Streuung bei kleinem Kapitaleinsatz
  • Rechtlicher Schutz vor Pleite des Verwalters durch Sondervermögen
  • Hohe Liquidität durch tägliche Rückgabeoption bzw. Börsenhandel

 

Ein Wort zu Immobilien

Auch Immobilien haben sich als krisenfest erwiesen. Diese Aussage gilt für die Assetklasse. Doch Vorsicht, was für die Assetklasse als Ganzes richtig ist, kann sich im konkreten Einzelfall als falsch erweisen. Die Lage ist entscheidend. Nord oder Süd, Großstadt oder Provinz, Preise entwickeln sich unterschiedlich. Da Immobilien viel Kapital binden (mangelnde Risikostreuung) und teilweise kreditfinanziert werden, sind die Auswirkungen gravierend, wenn etwas schiefläuft.

Immobilien und Aktien erfordern beide unternehmerisches Risiko und Engagement. Mieten fließen nicht von selber. Sie sind das Resultat unternehmerischer Entscheidungen, wie Finanzierung, Vermietung, Instandhaltung und Pflege.

 

Wichtiger als das Schuhwerk bleibt die Karte

Ist das Schuhwerk noch so gut, er wird nicht an sein Ziel kommen, wenn  dem Wanderer die Orientierung fehlt. Schuhe, wie Finanzprodukte, sind nur Hilfsmittel – wichtige Werkzeuge, aber auch nicht mehr. Sie ersetzen keine Karte und keinen Kompass. Legen Sie daher zunächst Ihre Route fest. Erst wenn Sie wissen,

  • wo Sie hinwollen,
  • durch welches Gelände Ihr Weg führt
  • und wie lange Sie unterwegs sein werden

sollten Sie Ihr Schuhwerk oder Finanzprodukt wählen.

Für Anleger gilt: Finanzprodukte ersetzen keine Finanzplanung. Nur wer weiß, wo er hinwill, kann entscheiden, was er braucht.

Der Schuh muss dem Wanderer passen

Der Schuh muss nicht nur halten, er sollte auch passen. Nichts ist qualvoller als ein Schuh der zu eng ist oder zu weit. Schmerzhafte Blasen bereiten seinem Träger Pein.

So wie jeder Mensch eine andere Fuß-Form hat, so hat jeder auch eine andere finanzielle Risikobereitschaft und eine individuelle Ausgangssituation. Es lohnt sich, die Anlagestrategie und Asset-Allokation hierauf anzupassen. Es erhöht die Chance, dass der Anleger durchhält und nicht auf halber Strecke aussteigt, weil ihn der Schuh zu sehr drückt.

 

Erfahrung zahlt sich aus

Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Ein erfahrener Begleiter an Ihrer Seite

  • gibt Sicherheit
  • vermeidet Fehler
  • und hilft, Ihr Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren.

Auch dieses Prinzip hat sich bewährt.

 

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wo setzen Sie auf robuste Lösungen?

 

 

 

 

 

 

Clever anlegen: Die Igel-Strategie

„Ich bin schon da!“ ruft der Igel. Kennen Sie die Geschichte vom Hasen und dem Igel, die ein Wettrennen veranstalten? Der Igel gewinnt ohne sich groß anzustrengen, während der Hase sich völlig verausgabt. Was können Sie als Anleger daraus lernen? Heute zeige ich Ihnen wie Sie – ganz legal und ohne Trickserei – 90 % der Anleger hinter sich lassen mit der Igelstrategie.

Die Geschichte wurde bekannt durch die Gebrüder Grimm. Eine Kurzfassung finden im Anhang am Ende dieses Beitrags.

Hasen machen Fehler

Der Hase wollte unbedingt gewinnen. Ein Typ mit echter Sieger-Mentalität, langen Beinen und Tatkraft. Sein Motiv: Erster sein, den Igel schlagen. Völlig überzeugt von seinen Fähigkeiten und der Überlegenheit seiner langen Beine, rannte er drauflos. Ein Scheitern konnte er nicht akzeptieren. Selbst als er wiederholt das Rennen verloren hatte, trat er mit unveränderter Strategie erneut an und verausgabte sich völlig.

Auch an der Börse finden wir jede Menge aktiver Anleger und Finanzprofis, deren Motiv es ist, besser zu sein als der Durchschnitt. Als Messlatte (Benchmark) dient ihnen ein Index (z.B. Dax, Euro Stoxx, MSC World). Aktive Anleger versuchen, durch geschicktes Trading (Market-Timing) oder Auswahl (Stock-Picking) bewusst vom Index abzuweichen und dadurch eine Outperformance zu erreichen.

Wer will schon Durchschnitt sein? Warum alle den Index schlagen wollen.

Aktive Anleger sind überzeugt von der Richtigkeit ihres Tuns, statt langer Beine verlassen sie sich auf:

  • Charts und Analysen
  • Experten und Medien
  • Aktionismus und Glück

Besonders tragisch ist, dass sie nicht innehalten und ihr Verhalten überdenken. Trotz Niederlagen rennen sie unverdrossen weiter drauflos im Glauben, dass sie nur schneller rennen müssen, um erfolgreich zu sein.

 „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Albert Einstein

Selbstüberschätzung

Die Börse zieht „Sieger-Typen“ magisch an. Sie ist nichts für Angsthasen. Traden, also Handeln, lautet die Devise. Wer sich nur intensiv genug einarbeitet und etwas riskiert, der gewinnt, so das Narrativ. Dabei geht es den Akteuren wie französischen Liebhabern oder deutschen Autofahrern, 80 % halten sich für überdurchschnittlich gut. Doch wer in der Schule aufgepasst hat, weiß, dass es nur 50% sein können. Ein klarer Fall von Overconfidence-Bias, so nennt das die Wissenschaft, die sich mit Verhaltens-Fehlern beschäftigt, Behavioral Finance.

Handeln kostet

Unterschätzt werden regelmäßig die Kosten des Handelns. Jede Transaktion kostet Geld, das gilt immer. Aber nicht jede Transaktion ist erfolgreich und bringt Geld. Wer viel handelt muss viel richtigmachen, sonst fressen die Kosten die Performance auf. Aber wer macht schon alles richtig? Selbst wer relativ oft richtig entscheidet, unterliegt der Gefahr mit einer falschen Entscheidung den Erfolg wieder zunichte zu machen. Zufallserfolge steigern die Selbstüberschätzung, neigen wir doch dazu, Erfolge unserem Können und Misserfolge, den Umständen zuzurechnen.

Selbst Profis scheitern

Dass private Anleger bei dem Versuch scheitern, den Markt zu schlagen, erscheint verständlich – aber Experten wie Fondsmanager? Sollten diese nicht mit all ihrem Wissen, ihrer Erfahrung und Finanzkraft ein überdurchschnittliches Ergebnis erzielen? Der Grund für ihr Scheitern hat zwei einfache Ursachen:

  • Niemand kann die Zukunft vorhersehen.
  • Nicht nur die Transaktionen kosten Geld, auch die Fondsmanager lassen sich ihre Tätigkeit entlohnen. Das geht direkt zu Lasten der Performance ihrer Kunden.

Dr. Marc Ortmann kommt in einer Studie über die Kosten von Altersvorsorgeprodukten auf laufende Kosten von im Durchschnitt ca. 3,5 % p.a. bei Aktienfonds. Die müssen Fondsmanager erst einmal durch geniale Entscheidungen aufholen, um überhaupt die Performance ihres Vergleichsindexes zu schlagen. Kein Wunder, dass das nur sehr selten gelingt. Vermutlich auch das eher Zufall, denn kontinuierlich über einen längeren Zeitraum schafft es kaum ein Fondsmanager, zu reüssieren.

Viele Studien haben das nachgewiesen. Jährlich untersucht das S&P mit der SPIVA Scorecard. Weitere Studien finden Sie im Anhang am Ende des Beitrags.

 

85% der aktiven Fondsmanger scheitern, Ihren Vergleichsindex zu schlagen.

 

Die Igel-Strategie – weniger ist mehr

Während der Hase blind drauflosrennt, hat sich der Igel eine Strategie überlegt. Sie brauchen dazu keinen zweiten Igel, der den Hasen täuscht, sondern nur einen passiven Fonds, der den Index abbildet. Es sind keine Tricks nötig, aber Disziplin erforderlich.  Es bedeutet auf alles zu verzichten, an das der Hase glaubt:

  • Prognosen
  • Trading
  • Timing
  • StockPicking

und damit die Chance, besser abzuschneiden als der Index.

Paradox: Wer mit weniger zufrieden ist, erreicht mehr. Passives Investieren lohnt sich.

 

Die Strategie ist unter der Bezeichnung Passives Investieren, Prognosefreies Investieren oder Indexing bekannt. Sie lässt sich kostengünstig mit ETFs (Exchange Trading Funds) und Indexfonds umsetzen. Diese bilden einen Index nach mit dem Ziel, die gleiche Performance zu erreichen. Dabei gilt: Kaufen und Halten, statt rein und raus. Denn wie sagt schon eine Alte Börsenregel: „Hin und her macht Taschen leer.“

Anmerkung:

Da ich Ihnen keine Märchen erzählen möchte, gehört zur Wahrheit, dass jeder Vergleich hinkt. Positiv ist, dass Sie keine Tricks anwenden müssen, um besser abzuschneiden als die meisten aktiven Fondsmanger. Natürlich gibt es Ausnahmen. Um herauszufinden ob es sich dabei um Zufall handelt oder um Können bräuchten wir sehr lange Beobachtungszeiträume. Ein Gedankenexperiment:

Wenn von  10.000 Fondsmanager jedes Jahr die Hälfte wetten, dass der Index steigt, liegen 50% richtig und 50 % falsch. Das bedeutet:

  1. Jahr 10.000 Fondsmanager: 5.000 liegen 1 xrichtig
  2. Jahr  5.000 Fondsmanager: 2.500 liegen 2 xrichtig
  3. Jahr 2.500 Fondsmanager: 1.250 liegen 3x richtig
  4. Jahr 1.250 Fondsmanager: 725 liegen 4 x richtig
  5. Jahr 725 Fondsmanager: 362 liegen 5 x richtig
  6. Jahr 362 Fondsmanager: 181 liegen 6 x richtig
  7. Jahr 181 Fondsmanager: 90 liegen 7 x richtig
  8. Jahr 90 Fondsmanager: 45 liegen 8 x richtig
  9. Jahr 45 Fondsmanager: 22 liegen 9 x richtig
  10. Jahr 22 Fondsmanager: 11 liegen 10 x richtig

Nach 10 Jahren gibt es immer noch 11 Fondsmanager, die zehnmal hintereinander richtig lagen. Alles im Bereich des Zufalls und noch und kein Beweis von Können. In den Medien jedoch würden diese Fondsmanager längst als Börsengurus gefeiert werden.

Hase oder Igel?

Wie halten Sie es? Kennen Sie die Performance Ihrer Anlagen? Studien haben gezeigt, dass private Anleger die Performance Ihrer Anlagen oft nicht kennen. Aufgefordert sie zu schätzen, neigen sie dazu, diese stark zu überschätzen. Die Realität sieht meist weniger rosig aus.

Welcher Typ sind Sie? Wollen Sie unbedingt gewinnen? Ist es Ihnen wichtig den Index zu schlagen? Oder geben Sie sich mit dem Durchschnitt zufrieden. Aktien weltweit haben langfristig immerhin zwischen 7 und 10% p.a. gebracht, je nach untersuchtem Zeitraum.

 

 

 

Anhang

Die Geschichte „Hase und Igel“ zum Nachlesen

Der Hase macht sich über die schiefen Beine des Igels lustig. Dieser fordert ihn daraufhin zu einem Wettrennen auf. Der Igel, aufgrund seiner kurzen Beine nahezu chancenlos ersinnt eine List. Er ruft seine Frau, die ihm zum Verwechseln ähnlichsieht und postiert sie am anderen Ende des Ackers. Als das Rennen beginnt läuft der Hase wie von der Tarantel gestochen los und lässt den Igel weit hinter sich. Am Ende der Ackerfurche angekommen schallt dem Hasen der Ruf der Igelfrau entgegen: „Ich bin schon da!“. Der Hase versteht die Welt nicht mehr und fordert Revanche. Überzeugt von der Überlegenheit seiner langen Beine, fordert der Hase immer und immer wieder Revanche, bis er schließlich völlig erschöpft zusammenbricht und stirbt.

Weitere Studien

Das Buch „Herleitung und Umsetzung eines passiven Investment-Ansatzes für Privatanleger in Deutschland“ von Gerd Kommer enthält eine Auflistung vieler Studien, die Underperformance von aktiven Fondsmanagern nachweisen.

Dieser Artikel in „Das Investment“ enthält weitere Quellen.

John C. Bogle, The mutual fund industry 60 years later: For Better or Worse?, Financial Analysts Journal, January 2005
Geoffrey C. Friesen and Travis R. A. Sapp, Mutual fund flows and investor returns: An empirical examination of fund investor timing ability, Journal of Banking & Finance, September 2007

Lukas Schneider, Are UK fund investors achieving fund rates of returns?, Diplomarbeit FHS Kufstein, Juli 2007

Studien für Deutschland sind mir nicht bekannt. Das Verhalten deutscher Fondsmanager und die Kosten deutscher Fonds sind jedoch vergleichbar. Das Problem ist ein systematisches.

 

 

Anlegen: Passiv statt aktiv

Passiv soll besser sein als aktiv? Das widerstrebt uns, haben wir doch schon in der Schule gelernt, dass wir uns anstrengen müssen, um etwas zu erreichen. Sind nicht die Medien voll mit Geschichten über tatkräftige Helden? Und bedeutet erfolgreiches Anlegen nicht, stets informiert zu sein, auf Nachrichten zu reagieren und Trends geschickt auszunutzen?

In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

Das Narrativ des aktiven Fondsmanagers

„Der Fonds hat fünf Sterne, das steht für die Qualität. Auf den Fondsmanager kommt es an. Entscheidend ist seine Erfahrung und sein Geschick, Marktentwicklungen zu antizipieren. Er kann flexibel auf Marktveränderungen reagieren, das ist besonders wichtig, wenn die Märkte einbrechen.“ So oder ähnlich erzählen Finanzberater täglich die Geschichte vom aktiven Fondsmanager. Je öfter wir etwas hören, je glaubhafter erscheint es. Selbst derjenige, der die Geschichte erzählt, glaubt umso fester daran, je öfter er sie erzählt.

Doch stimmt sie auch? Wissenschaftliche Studien widerlegen den Mythos. S&P Global untersucht seit 2002 die Performance Europäischer Aktienfonds und veröffentlicht jedes Jahr die „SPIVA Europe Scorecard“ die beweist: Aktive Manger schlagen den Markt nicht.

 

Aktive Fondsmanager halten nicht, was sie versprechen – sie schlagen den Markt nicht.

85 % aller Fondsmanager schlagen ihre Benchmark nicht

Die Prozentzahlen variieren, je nach untersuchtem Zeitraum. Doch die Kernaussage bleibt. Kaum einem Fondsmanager gelingt es, seine Benchmark (einen Index) zu schlagen. Je länger die Zeiträume, je weniger schaffen es. Und das hat drei Gründe:

  1. Wertpapiermärkte sind effizient. Neue Nachrichten verbreiten sich im Internet in Sekundenschnelle und schlagen sich sofort im Kurs nieder. In welche Richtung ist oft genug unvorhersehbar, da das nicht nur von den Fakten, sondern auch davon abhängt, was Marktteilnehmer erwarten.

„Die zentrale Aussage der denkbar umfassenden Literatur zur Kapitalmarkteffizienz lautet, dass es nahezu unmöglich ist, Überrenditen zu erzielen, wenn man nur auf öffentlich zugängliche Informationen zurückgreift.“ Lawrence Summer

  1. Hohe Aktivität erhöht die Fehleranfälligkeit. Viele Entscheidungen bedeuten viele potentielle Fehlerquellen. Fehler können sich verstärken.
  2. Während der Erfolg von Aktivität ungewiss ist, sind die Kosten gewiss. Aktive Fondsmanager produzieren Zusatzkosten, jede Transaktion kostet Geld. Geld, das sie dem Fondsvolumen entnehmen und das die Rendite der Anleger schmälert.

Niemand kann die Zukunft vorhersehen. Was in nächster Zeit an Wertpapiermärkten geschieht unterliegt dem Zufall. Es lässt sich nicht vorhersagen. Besser ist es, auf Prognosen ganz zu verzichten.

Und sollten Sie dies nicht wahrhaben wollen, so seien Sie wenigstens nicht naiv. Oder glauben Sie wirklich, dass jemand, der in der Lage ist Börsenkurse vorherzusagen, als Fondsmanager für Kleinanleger arbeitet?

 

Starmanager werden vom Marketing erfunden

Wenn 85 % der Fondsmanager versagen, gibt es im Umkehrschluss 15 % Fondsmanager, die ihre Benchmark schlagen. Die Idee liegt nahe, sich auf diese zu konzentrieren. Doch die Favoriten wechseln ständig und ohne System, was dafürspricht, dass der Zufall Regie führt.

Viele Transaktionen erhöhen die Kosten. Hohe Kosten fressen die Rendite von aktiven Investmentfonds.

Starmanager werden medial bewusst aufgebaut. Es sind immer Teams, die Fonds managen. Fondsgesellschaften bringen laufend neue Fonds raus. Nur wenige performen, das wird dann werbemäßig ausgeschlachtet. Ein Drittel aller Fonds wird wieder geschlossen. Während Kapitalanlagegesellschaften neue Fonds mit viel Tam Tam ankündigen, versuchen sie erfolglose Fonds möglichst geräuschlos zu schließen.

TIPP: Hüten Sie sich vor Fondsratings und Sternen. Diese legen als Kriterium die Performance der letzten fünf Jahre zugrunde. Diese stellt keine Garantie für die Zukunft dar. Enttäuschungen sind vorprogrammiert, wie dieser Artikel zeigt.

 

Eine einfache Lösung, Flops zu vermeiden

Es gleicht einem Glücksspiel, den Markt mit aktiven Fonds schlagen zu wollen. Wer die Marktrendite erzielt, gehört zu den besten Anlegern. Und das ist gar nicht so schwer.

Wer die Marktrendite will, muss den Markt kaufen.

Passive Fonds haben das Ziel, einen Index nachzubilden und dem Kunden die Performance zu bringen, die der Index hat. Ein Index ist ein Gedankenkonstrukt, das Sie nicht direkt kaufen. Sie brauchen ein Vehikel wie einen Investmentfonds. Investiert der Investmentfonds in die gleichen Werte wie der Index und mit derselben Gewichtung, so bildet er ihn nach. So funktioniert „Passives Investieren“, auch „Indexing“ genannt. Nutzen Sie Exchange Trading Funds (ETF) – sie bilden kostengünstig marktbreite Indices nach.

Den Markt zu schlagen ist eine Kunst. Den Markt abzubilden ein Handwerk.

Das Ergebnis ist verblüffend: Die Anleger, die unbedingt den Markt schlagen wollen, scheitern und werden von den Anlegern überholt, die sich mit der Marktrendite begnügen.

 

Faktor Kosten

Die Kosten unterscheiden sich gravierend. Während aktive Aktienfonds im Schnitt laufende Kosten von 3,5% p.a. aufweisen, liegen passive Fonds (ETFs) bei 0-0,5 % (laut Marc Ortmann im Buch „Kostenvergleich von Altersvorsorgeprodukten“). Das erklärt zwei Phänomene:

  1. Warum aktive Fonds auf Dauer schlechter abschneiden als passive Fonds.
  2. Warum Finanzberater trotzdem weiter aktive Fonds verkaufen.

Denn die Kosten der Anleger sind die Erträge der Verkäufer. Außerdem lassen sich die Geschichten rund um das aktive Investieren bestens verkaufen und so die Aufmerksamkeit von der schlechten Gesamtbilanz weglenken.

“Indexing ist langweilig, keine Frage. Es ist, als wenn man die eigene Schwester küsst. Oder Farbe beim Trocknen zuschaut.” Gerd Kommer

 

Einfach, aber nicht leicht

Das Prinzip ist einfach, es umzusetzen nicht leicht. Ähnlich wie Abnehmen oder einen Baum pflanzen. Die Grundprinzipien sind nicht schwer, die Herausforderung liegt darin durchzuhalten und geduldig zu sein. In der Gruppe mit anderen oder mit einem Personal Coach geht es deutlich leichter.

Der Anleger sollte nicht in Panik geraten. Börsen gleichen einer Achterbahn, wenn der Wagen nach unten saust, wird es unheimlich. Wer jetzt aus dem Wagen springt, nimmt ernsthaft Schaden. Indem er die Aktienquote reduziert kann jeder Anleger die Schwankungsintensität seiner Anlage steuern und an seine finanzielle Risikobereitschaft anpassen.

Ist die Anlage zu langweilig droht ebenso Gefahr. Wer sich langweilt neigt dazu, die Pferde zu wechseln. Schnell wird wieder taktiert, statt eine Strategie nachhaltig umzusetzen. Passives Investieren ist kein Spaziergang, Durchzuhalten erfordert Disziplin und ist anstrengend.

 

Handwerker statt Künstler

Zum Schluss möchte ich noch eine weitverbreitete Falschinformation ausräumen. Selbst von Finanzberatern höre ich immer wieder, dass aktive Fonds deshalb so teuer sind, weil sie Fondsmanager haben, während passive Fonds keinen Fondsmanager brauchen. Das ist Unsinn. Einen Index nachzubilden ist eine anspruchsvolle Arbeit. Das Fondsmanagement muss Veränderungen im Index (veränderte Zusammensetzung, Ausschüttungen und Wiederanlage) nachvollziehen. Gefragt ist solides Handwerk, gilt es doch die Abweichung vom Index (Tracking Error) möglichst niedrig zu halten. Diese soliden Handwerker arbeiten im Stillen, während die Künstler des aktiven Managements sich bewusst vermarkten.

 

 

Wie Sie mit 3 einfachen Fragen teure Fehler bei Finanzanlagen vermeiden

Fehler bei Finanzanlagen können richtig teuer werden, viel Ärger bereiten und im schlimmsten Fall Ihr Leben negativ verändern. Ob Beteiligungen wie Schiffsfonds, Zertifikate wie Lehmann-Zertifikate oder Immobilien wie Bauherrenmodelle oder Ostimmobilien, allen Anlagen ist eines gemeinsam: Anleger haben große Verluste erlitten, bis hin zum Totalverlust. Sogar vermeintlich sichere Produkte haben enttäuscht, so zahlen Kapital-Lebensversicherungen oft nur die Hälfte dessen aus, was bei Vertragsabschluss versprochen wurde. Wer auf solche Verträge zur Altersvorsorge oder Tilgung seiner Baufinanzierung gesetzt hat, wird böse überrascht.

Sie fragen sich womöglich:

  • Wie kann ich teure Fehler vermeiden?
  • Wem kann ich noch vertrauen?

Stellen Sie die richtigen Fragen und vertrauen Sie auf Ihr Urteilsvermögen:

 

Mit diesen drei Fragen vermeiden Sie teure Fehler bei Finanzanlagen.

 

  1. Wie wirkt es sich auf mein Leben aus, wenn die Anlage schiefgeht? (Risikotragfähigkeit)
  2. Welche Rechtsposition habe ich? (Rechte)
  3. Kann ich im Notfall meine Anlage zu Geld machen? (Liquidität)

 

Trauen Sie sich. Trauen Sie sich, diese Fragen Ihrem Finanzberater zu stellen und trauen Sie sich, keine Kompromisse zu machen. Es geht um Ihr Geld. Diese Fragen sind relevant, essentiell und legitim. Sie haben ein Anrecht darauf, dass Ihr Gesprächspartner die Fragen ernst nimmt und Sie verständlich beantwortet. Fallen die Antworten nicht zu Ihrer Zufriedenheit aus, lassen Sie die Finger davon. Bitten Sie um einen alternativen Vorschlag, wechseln Sie den Berater oder schreiben Sie erst einmal einen Einkaufszettel.

Die drei Fragen folgen diesen Grundprinzipien:

Drei Grundprinzipien bei Finanzanlagen

 

  1. Bedenken Sie die Auswirkungen Ihrer Entscheidungen
  2. Kennen Sie Ihre Rechte
  3. Bleiben Sie handlungsfähig

Wie geht das im Detail?

 

  1. Rechnen Sie mit dem Schlimmsten

„Wie wirkt es sich auf mein Leben aus, wenn die Anlage schiefgeht?“

Also nicht, was kann alles schiefgehen und mit welcher Wahrscheinlichkeit tritt das ein oder nicht, sondern einfach nur, was bedeutet es, wenn es passieren würde?

  • Müssten Sie Ihren Lebensstandard einschränken?
  • Könnten Sie gar Miete, Auto, Kreditraten oder die Ausbildung Ihrer Kinder nicht mehr bezahlen?
  • Wäre Ihr Lebensstandard im Ruhestand gefährdet?

Oder

  • Wäre es eher ein emotionales Problem (Versagen, Frust, Wut)?
  • Würde es Sie vor anderen schlecht dastehen lassen?
  • War das Geld nicht verplant, sondern „über“?

So können Sie sich schützen:

  • Setzen Sie nicht zu viel auf eine Karte.
  • Verteilen Sie Ihr Risiko auf mehrere Investments.
  • Wählen Sie Losgrößen, deren Ausfall Sie verkraften.
  • Nutzen Sie offene Investmentfonds, um weltweit breit zu streuen.
  • Achten Sie darauf, dass die Anlagen auf die Sie Ihr Geld verteilen nicht alle von den gleichen Ereignissen abhängen. (geringe Korrelation)

 

  1. Verschaffen Sie sich Klarheit

„Welche Rechtsposition habe ich?“

Mit jeder Anlage sind Rechte und Pflichten verbunden. Anleger sollten sie kennen.

  • Sind Sie Gläubiger?
  • Wer ist Ihr Schuldner?
  • Oder sind Sie (Mit-)Inhaber und voll an Gewinn und Verlust beteiligt?

Wie wichtig das ist, haben viele Sparkassen-Kunden in der Finanzkrise erlebt. Ihre Berater hatten ihnen Lehmann-Zertifikate  empfohlen. Zertifikate ermöglichen Wetten auf den Aktienmarkt. Zertifikate sind jedoch keine Aktien, sondern Schuldverschreibungen, also Gläubigerpapiere. Die Rückzahlung oder Auszahlung schuldet der Herausgeber (Emittent). Im Falle von Lehmann-Zertifikaten war der Schuldner die US Bank Lehmann Brothers. Diese ist in der Finanzkrise pleitegegangen. Was passiert, wenn der Schuldner pleite ist? Der Gläubiger – in unserem Fall der Anleger bei der Sparkasse – schaut in die Röhre.

So können Sie sich schützen:

  • Fragen Sie Ihren Berater immer danach, welche Rechtsposition Sie haben.
  • Nutzen Sie den besonderen Schutz durch Sondervermögen“.

Offene Investmentfonds sind „Sondervermögen“, das bedeutet, dass niemand sich an dem Vermögen der Anleger bedienen darf, wenn eine Bank oder die Kapitalanlage pleitegeht. Hätten die Sparkassen-Kunden keine Lehmann-Zertifikate, sondern Lehmann-Fonds besessen, so wäre Ihr Vermögen nicht Teil der Konkursmasse von Lehmann Brothers geworden. Achtung: Das gilt nicht für geschlossene Fonds (Beteiligungen).

 

  1. Bleiben Sie handlungsfähig

„Kann ich im Notfall meine Anlage zu Geld machen?“

Nur Liquidität bedeutet Opportunität und macht es möglich etwas zu verändern. Das ist nicht nur wichtig in Finanzkrisen, sondern auch bei den vielen Veränderungen in unserem Leben. Ob erfreuliche Ereignisse wie Geburt, Hochzeit oder Karriere oder weniger erfreuliche wie Trennung, Tod oder Insolvenz, es ist wichtig, dass Sie über Ihr Geld verfügen können. Lassen sich die Ereignisse vorhersehen, gehen Sie keine Kursrisiken ein. Passieren sie unverhofft, sollten Sie in der Lage sein, möglichst zügig Ihre Anlage zu verkaufen, notfalls auf mit Verlust. Hin und wieder haben wir neue Pläne im Leben (Umzug, Jobwechsel, Hausbau, Familienplanung, Weltreise). Dies macht Anpassungen notwendig.

So können Sie sich schützen:

  • Täglich verfügbare Gelder wie Tagesgeld sind ideal, bringen jedoch kaum Zinsen. Erkundigen Sie sich nach den Bedingungen, wie Sie verfügen können, wenn Sie das Geld bei Banken anlegen (Festgeld, Sparriefe).
  • Wählen Sie Anlagen mit funktionierendem Markt. Börsen sind Märkte für Wertpapieranlagen, Aktien und Renten (Anleihen) werden hier laufend gehandelt. Sie können jederzeit verkaufen, und haben innerhalb weniger Tage das Geld auf Ihrem Konto.
  • Offene Investmentfonds können sowohl an der Börse gehandelt werden (ETFs Exchange Traded Funds) als auch täglich an die Kapitalanlagegesellschaft zum Nettoinventarwert zurückgegeben werden. Ihre Liquidität ist i.d.R. gut. Fragen Sie nach möglichen Einschränkungen. Offene Immobilienfonds haben – als Lehre aus der Finanzkrise – Haltefristen.
  • Meiden Sie geschlossene Fonds. Beteiligungen haben viele Risiken, die für Privatanleger nahezu unüberschaubar sind. Investieren Sie hier nur, wenn Sie einen Ausfall wirklich verkraften können (Regel 1).

 

Eine gute Frage hilft oft mehr als 100 Seiten Information.

 

Weitere Fehler vermeiden Sie, wenn Sie diese drei Indikatoren für erhöhtes Risiko beachten:

 

  1. Ihr Berater setzt Sie emotional oder zeitlich unter Druck, sich zu entscheiden

Unter Druck machen wir leichter Fehler. Seriöse Berater legen Wert darauf, dass Sie Ihre Anlage verstehen und in Ruhe prüfen. Eine goldene Regel für Entscheidungen lautet: Mindestens eine Nacht darüber schlafen. Das verhindert Handeln im Affekt.

 

  1. Utopische Renditeversprechen

Keine Rendite ohne Risiko. Immer wieder lassen sich Anleger mit Traumrenditen ködern. Gier frisst Hirn. 10% Zinsen, 10% Rendite ohne Risiko oder darf es noch ein bisschen mehr sein? 15%? 25%? Hinter solchen Angeboten verbergen sich oft betrügerische Organisationen und Schneeball-Systeme.

  1. Starke Emotionen

Nichts ist so emotional wie Geld. Euphorie oder Panik sind keine guten Ratgeber.

Wir fühlen uns sicher, wenn wir das tun, was viele tun. Leider ist auf die Weisheit der Masse kein Verlass. Wer dem Herdentrieb folgt ist oft zu unkritisch und blind für Risiken.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Angebote mit dem Etikett „ökologisch“ oder „ethisch“ werben. Die Erfahrung zeigt leider, dass Wölfe sich gern mit Schafspelz tarnen. Die Masche ist beliebt bei Betrügern. Schauen Sie lieber zweimal hin.

 

Ein besonders gründlicher Weg, Fehler zu vermeiden und gute Finanzentscheidungen zu treffen, bietet die Private Finanzplanung. Der Finanzplaner (CFP) analysiert Ihre Situation und Ihre Anlagen, spielt Szenarien durch und beachtet finanzielle, rechtliche und steuerliche Aspekte Ihrer Planung.

 

Robust, nicht perfekt

Fehler gehören zum Leben. Wer keine Fehler macht, lernt nichts dazu. Nullfehler-Toleranz mag in der Chip-Produktion hilfreich sein, beim Geldanlegen ist sie utopisch. Entscheidungen unter Ungewissheit und mit mehreren Unbekannten können nicht perfekt sein. Welches die optimale Entscheidung gewesen wäre, wissen wir erst im Nachhinein.

Deshalb, bleiben Sie entspannt. Sie müssen nicht perfekt sein, Ihre Entscheidungen müssen nicht perfekt sein. Treffen Sie einfach die bestmögliche Annahme, vermeiden Sie teure Fehler und konzentrieren Sie sich auf Ihr Leben.

 

 

Wie Sie mit Konzentration die Wirkung erhöhen

Die Finanzwelt ist eine Showbranche. Ständig ringen Neuigkeiten, Sensationen und flackernde Kurstafeln um unserer Aufmerksamkeit. Anleger tun gut daran, sich auf das zu konzentrieren, was sie beeinflussen. In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern können. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung.

Zauberkünstler, Werbung und Verkäufer

Zauberkünstler sind Meister darin, unsere Wahrnehmung dahin zu lenken, wo gerade nicht das Wesentliche passiert. So ist es ihnen möglich, Gegenstände verschwinden zu lassen, ohne dass wir es sehen. Verblüfft zollen wir Beifall.

Aufmerksamkeit ist wertvoll, das wissen, Medien, Werbeagenturen und Politiker. Täglich wetteifern Sie darum, unsere Aufmerksamkeit zu erregen und zu lenken. Sensation, Provokation, Eskalation. Da fällt es schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Auch Finanz-Verkäufer lenken unsere Konzentration bewusst auf bestimmte Aspekte, um von anderen abzulenken.

 

Drei Beispiele wie Verkäufer von Finanzprodukten unsere Aufmerksamkeit ablenken

 

  1. Kleinkredite werden über die Rate verkauft

Konsumentenkredite sind ein lukratives Geschäft für Banken. Hier zahlen die Kunden noch hohe Zinsen, zusätzlich werden Ihnen teure Restschuldversicherungen aufgeschwatzt. Ihren ersten Kleinkredit nehmen Verbraucher meist für eine Anschaffung auf. Er wird später (mehrfach) aufgestockt und das läuft so: Der Zins wird zwar erwähnt, die Aufmerksamkeit geschickt auf die Rate gelenkt. Bank: „Wir haben da ein tolles Angebot für Sie. Als guten Kunden geben wir Ihnen zusätzlich 3.000 Euro Kredit und das zur gleichen Rate wie bisher! Die Laufzeit verlängert sich zwar ein wenig, aber mit der Rate kommen Sie doch gut klar und dann können Sie sich Ihre Anschaffung schon heute leisten!“ Der Kunde hat seinen Wunsch (die Anschaffung) im Kopf, ist froh, dass er Kredit bekommt und ist an die Rate gewöhnt.

  1. Riester, Rürup, bAV werden über die Steuer verkauft

Altersvorsorge fällt uns nicht leicht. Wir sollen heute auf Konsum verzichten, um für etwas vorzusorgen, was wir gar nicht sein wollen, nämlich „alt“. Steuern zu zahlen – wo uns der Staat etwas wegnimmt (Besitzstands-Effekt) – erleben wir sogar noch negativer. Kein Wunder, dass staatlich geförderte Produkte bei Versicherungen der Renner sind. Geld vom Staat zu bekommen oder weniger Steuern zu zahlen, empfinden wir als Gewinn. Vor lauter Steuern sparen bemerken viele nicht, dass sie erhöhte Kosten zahlen und verpackt als Riester oder Rürup eine renditeschwache Rentenversicherung abschließen.

  1. Fonds werden über Geschichten verkauft

Wie ein einzelner Fonds in unserem Portfolio abschneidet ist zweitrangig. Dass die Einzelteile eines Portfolios nicht im Gleichschritt laufen, ist gewollt und sorgt für Stabilität. Entscheidend ist, die Rendite des Portfolios – also, was unterm Strich rauskommt.  Indem Anlageberater die Aufmerksamkeit auf die Einzelteile – statt auf die Summe – richten, lenken Sie von ihrer oftmals bescheidenen Gesamtleistung ab. So lassen sich Anleger leichter bewegen, Fonds zu tauschen, was dem Berater Provision einbringt. Hierzu dienen Geschichten über Börsenzyklen, Fondsmanager, neue Chancen und drohende Gefahren.

Die unzähligen  Börsenbriefe gehen ähnlich vor. Jede Woche zehn neue Tipps. In der Folgewoche Berichte über die drei Tipps, die aufgegangen sind. Die Flops fallen unter den Tisch, schließlich gibt es wieder zehn neue Tipps. Neues Spiel, neues Glück. Nichts geht mehr.

 

Konzentration bedeutet, sich zu fokussieren

„Konzentration (lateinisch concentra, „zusammen zum Mittelpunkt“) ist die willentliche Fokussierung der Aufmerksamkeit auf das, was wichtig ist.“ (Wikipedia) Und wichtig sind Sie und was Sie erreichen wollen. Das ist der Mittelpunkt.

„Der beste Finanzplan hat nichts damit zu tun, was die Märkte machen, nichts damit, was Ihr Immobilienmakler empfiehlt und mit dem heißen Tipp Ihres Schwagers. Es hat nur damit zu tun, was für Sie am wichtigsten ist.“

Carl Richards

Finanztipp: Konzentrieren Sie sich auf das, was Sie selber beeinflussen können.

 

Was Sie alles nicht beeinflussen können

Und ablenkt:

  • Börsenkurse
  • Nachrichten
  • Was Ihr Nachbar / Ihr Kollege tut
  • Welche Aktie die nächste „Apple“ wird
  • Betrugsskandale (Banken, Autoindustrie)
  • Ob das Management Ihrer Aktie, Ihres Fonds ausgewechselt wird
  • Ob die Abgeltungssteuer abgeschafft wird
  • Wer in Amerika Präsident ist
  • Ob in China ein Sack Reis umfällt

 

Finanzmärkte sind ein Zuschauer-Sport von hohem Unterhaltungswert.

Die Konzentration auf die falschen Dinge hat Nebenwirkungen:

 

Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche

Ihre eigene Situation verstehen

  • Haben Sie einen Überblick?
  • Wisse Sie, wo Sie stehen?
  • Wissen Sie, was Sie wollen bzw. wo Sie hinwollen?
  • Kennen Sie Ihre Abhängigkeiten und Risiken?
  • Was sind Ihre Pläne?

Sich selber verstehen

  • Kennen Sie Ihre finanzielle Risikobereitschaft?
  • Können Sie Ihre Erfahrungen, Ihr Wissen und Können realistisch einschätzen?
  • Was brauchen Sie um entscheiden zu können?
  • Haben Sie ausreichend Zeit und Interesse sich um Ihre Finanzen zu kümmern?
  • Schleppen Sie Ballast mit in Form von negativen Erfahrungen oder familiärer Prägung?

Den Partner verstehen

  • Kennen Sie die finanzielle Risikobereitschaft Ihres Partners?
  • Wie ist die Situation Ihres Partners und welche Interessen hat er?
  • Mit wem können Sie über Geld sprechen?

Basiswissen zu Finanzen

  • Haben Sie einen Plan, eine Strategie?
  • Ist Ihr Risiko ausreichend gestreut?
  • Verstehen Sie die Funktionsweise Ihrer Finanzprodukte?
  • Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen?
  • Sind die Kosten transparent und die Sprache verständlich?

Ihre Entscheidungen an all die Ereignisse in Ihrem Leben anpassen

  • Umzug, Hauskauf
  • Jobwechsel, Karriere, Ruhestand
  • Hochzeit, Kinder, Trennung
  • Projekte, Pläne, Selbständigkeit
  • Krankheit, Berufsunfähigkeit, Pflege, Tod
  • Und vieles mehr.

Globale Entwicklungen, Finanzmärkte und Schicksalsschläge, können wir nicht ändern. Aber jeder kann entscheiden, wie er damit umgeht. Wer sich auf die Dinge konzentriert, die er beeinflusst, der erzielt die höchste Wirkung. Dieses Gefühl, etwas bewirken zu können, ist zutiefst befriedigend und motivierend.