Game Changer: Fragen

In der Serie „Game Changer“ stelle ich je eine Idee vor, mit der Sie als Anleger die Qualität Ihrer Finanzentscheidungen verbessern. Es sind kleine Ideen mit großer Wirkung (The small Big).

„Ich verstehe nicht.“ So ein Freund, dem ich die Idee vorstellte. „Wieso sollen Fragen ein Game Changer für Anleger sein?“ Ich antwortete: „Warum stellst Du diese Frage?“ Er: „Weil ich es nicht verstehe.“

Verstehen Sie Ihre Finanzen? Verstehen Sie wie Ihre Finanzprodukte funktionieren und wie diese Ihnen helfen, Ihre Ziele zu erreichen? Falls nein, stellt sich die Frage, warum haben Sie nicht nachgefragt?

 

Fragen kostet nichts

Fragen kostet nichts. Nicht zu Fragen hingegen, kommt Verbraucher oft teuer zu stehen. Frage ich Anleger nach den Kosten ihrer Finanzprodukte, können die meisten nur schätzen. Die Kosten werden massiv unterschätzt, auch die emotionalen Kosten. Denn was wir nicht verstehen, können wir nicht kontrollieren und steuern. Das verunsichert und erzeugt negative Gefühle.

Tipp: Sie trauen sich nicht, etwas zu fragen? Dann schalten Sie Ihrer Frage eine Erlaubnisfrage vor: Darf ich Sie etwas Persönliches fragen? Ist es für Sie in Ordnung, wenn ich eine Verständnisfrage stelle?

Offensichtlich kostet es Verbraucher Überwindung, zu fragen. Finanzberater genießen Expertenstatus. Kunden holen sich Rat und fragen: Was soll ich tun? Einige Berater kosten ihren Status aus. Sie verschanzen sich hinter ihrem Computer und bedienen sich einer Expertensprache. Sprache und Auftreten vermitteln Distanz. Andere sind eher kumpelhaft und lassen Kunden gönnerhaft einen Tipp zukommen. Ihre Botschaft: Du musst nichts wissen, vertraue mir, ich mache das schon. Beide Vorgehensweisen signalisieren, dass Fragen unerwünscht sind, kein Ausweis von Beratungsqualität.

Berater sollten eine verständliche Sprache sprechen und Kunden zu Fragen ermuntern. Share on X
  • Stellt Ihr Berater Fragen?  Steht dahinter ehrliches Interesse an Ihnen und Ihrer Situation oder ist es eine formale Befragung?
  • Bringt er Sie zum Nachdenken?
  • Fragt er einfühlsam?
  • Wie antwortet er auf Ihre Fragen?

Vertrauen Sie Ihrer Intuition.

 

Eine gute Frage ist mehr wert als hundert Seiten Information.

Viel hilft viel. Dieser Logik folgt der Gesetzgeber im Verbraucherschutz. Wer eine Anlage tätigt oder einen Kreditvertrag abschließt geht nicht unter hundert Seiten Information nach Hause. Es führt dazu, dass der Berater zwar (formal) informiert hat, der Kunde aber nicht informiert ist. Zuviel Information führt zur Reizüberflutung. Je mehr wir senden, je weniger kommt beim Empfänger an. Die Kunst ist es, das richtige Maß zu finden. Fragen zeigen, wo konkret Bedarf an Information besteht. Fragen beziehen den Gesprächspartner ein und sorgen dafür, dass er aufmerksam bleibt.

„Das Geheimnis, zu langweilen, besteht darin, alles zu sagen, was man weiß.“ Voltaire

Fragen helfen uns, zu lernen. Kinder fragen ständig „Warum?“. Sie sind von Natur aus neugierig und wissbegierig. So erschließen sie sich die Welt und erkennen Zusammenhänge. Erwachsene reagieren genervt: „Frag nicht so viel.“ So wird uns das Fragen aberzogen. Dabei ist kluges Fragen eine Kunst.

Gewissheit ist mehr als ein Irrtum, es ist das Ende der Reise zum Glück“ Carmen Kindl-Beilfuß

Tipp: Kleine Veränderung, große Wirkung. Ersetzen Sie die Frage nach dem Warum durch Wofür. Die Frage „Warum tun Sie das?“ richtet den Blick nach hinten und erzeugt Rechtfertigungsdruck. Die Frage „Wofür tun Sie das?“ richtet den Blick nach vorn und öffnet.

 

Fragen sind mächtige Werkzeuge

Wie bei jedem Werkzeug kommt es auf die Haltung desjenigen an, der es nutzt. Fragen können als Beleidigung aufgefasst werden oder als Kompliment. Sie können rhetorisch sein oder von ehrlichem Interesse zeugen. Wie eine Frage wirkt und wann welche Art der Frage hilfreich ist, hängt vom Kontext ab. Passen Frage, Stimmlage, Augenkontakt, Zeitpunkt und Situation zueinander, empfinden wir es als „stimmig“.

Wer die Kunst des Fragens beherrscht kann damit Botschaften senden und spannende Entdeckungen machen. Der Titel des Buches von Carmen Kindl-Bleifuß über systemisches Fragen bringt dies wunderbar zum Ausdruck:

„Fragen können wie Küsse schmecken.“ Carmen Kindl-Bleifuß

 

Keine Angst vor Pausen

Wenn wir auf eine Frage nicht gleich eine Antwort haben, entsteht eine Pause. Stille ist vielen Menschen unangenehm. Doch sie kann hilfreich sein. Eine Pause entsteht, wenn der Gefragte nicht gleich eine Antwort weiß. Das ist ein Augenblick in dem viel passiert:

  • Pausen sind ein Signal, dass das Gespräch an einem interessanten Punkt ist.
  • Pausen sind Leere, die sich füllt. In ihnen denken wir nach und holen Informationen aus dem Unterbewusstsein hervor.
  • Pausen erzeugen Gefühle. In der Stille nehmen wir Signale wahr, die wir sonst „überhören“.

Hier zeigt sich, Fragen erzeugen Wirkung. Es passiert etwas. Pausen sind spannende Momente. Es lohnt sich, ihrer Wirkung nachzugehen.

  • Warum habe ich darüber noch nie nachgedacht?
  • Warum irritiert mich die Frage?
  • Was löst meine Gefühle aus?

 

Drei Fragen, die sich jeder Anleger stellen sollte. Share on X

Frage nach dem Nutzen: Wofür kaufe ich das Finanzprodukt?

Frage nach Interessenkonflikten: Wem nützt es? (Cui bono)

Frage nach dem Gefühl: Ist das für mich stimmig?

 

 

Welche Erfahrung mit Fragen haben Sie gemacht?

Welche Frage bewegt Sie?