Fünf populäre Irrtümer über die Börse

Deutsche Anleger suchen Sicherheit. Sie lieben Einlagenprodukte, Lebensversicherungen und Garantieprodukte. Und das obwohl diese sich seit Jahren kaum verzinsen. Wer Rendite sucht kommt an der Börse nicht vorbei. Doch viele wissen zu wenig darüber. Einige Irrtümer sind populär und halten sich nachhaltig. Lassen Sie uns damit aufräumen, denn Wissen schadet nur dem, der es nicht hat.

 

WISSEN IST GELD

Von den sieben aufgeführten Thesen sind zwei richtig und fünf falsch. Testen Sie Ihr Börsen-Wissen und beantworten Sie die Frage: Welche zwei Aussagen sind richtig?

 

  1. Die Börse bringt Käufer und Verkäufer zusammen
  2. Wenn es mehr Verkäufer als Käufer gibt, fallen die Kurse
  3. Bei guten Nachrichten steigt die Börse
  4. Von Gewinnmitnahmen ist noch keiner arm geworden
  5. Es ist wichtig, an der Börse keine Nachricht zu verpassen
  6. Was steigt, muss auch wieder fallen
  7. Investieren lohnt sich mehr als Geld zu verleihen

 

Wissen ist Geld: Testen Sie Ihr Börsen-Wissen! Fünf populäre Irrtümer über die Börse Share on X

Die Auflösung finden Sie ganz unten am Ende des Artikels und die Begründung im Text.

 

  1. Die Börse bringt Käufer und Verkäufer zusammen.

Börsen sind Markplätze für Wertpapiere. Wer ein bestimmtes Wertpapier kaufen oder verkaufen möchte, kann über eine Bank oder einen Broker den Auftrag an eine Börse geben. Dort vermitteln Makler zwischen Käufer und Verkäufer und stellen amtliche Kurse. Das Prinzip ist alt: Im Mittelalter erhielten Städte Marktrecht für bestimmte Waren. Wer Fisch, Leder oder Wolle kaufen oder verkaufen wollte, wusste, wo er hinmusste. Heute gibt es Börsen für Aktien, Renten (Anleihen), Derivate.

Voraussetzung Fungibilität: Nur austauschbare Güter lassen sich an der Börse handeln. Immobilien und Kunstwerke sind Unikate, daher gibt es zwar Auktionen, aber keinen Börsenhandel.

 

  1. Wenn es mehr Verkäufer als Käufer gibt, fallen die Kurse

Jeden Tag kurz vor der Tagesschau kommt „Börse vor Acht“. Vor der Kulisse der Frankfurter Börse erklären uns Kommentatoren die Kursentwicklung des Tages. Mit der Realität hat das wenig zu tun, schon die Kulisse ist gestellt. Längst findet der Handel überwiegend elektronisch statt. Die Zeiten, wo Börsenhändler und Makler hektisch auf dem Parkett handelten, ist längst vorbei.

Fallen die Kurse, hört und liest man häufig als Erklärung: Es gab mehr Verkäufer als Käufer. Das klingt plausibel, stimmt aber nicht. Es gibt stets gleichviele Käufer und Verkäufer oder präziser ausgedrückt, die Menge der gekauften und verkauften Wertpapiere ist zu jedem Moment gleich. Die angezeigten Börsenkurse informieren öffentlich darüber, zu welchem Preis ein Wertpapier den Besitzer wechselt.

Vorsicht vor Börsen-Kommentaren: Was sich so plausibel anhört, ist oft nur eine gute Story. Share on X

 

  1. Bei guten Nachrichten steigt die Börse

An der Börse werden Erwartungen gehandelt. Stehen positive Nachrichten in Aussicht, lockt dies Käufer an und deren Nachfrage treibt die Kurse. Die eigentliche Nachricht löst kaum mehr etwas aus, es sei denn, sie weicht ab. Im Gegenteil: Es ist häufig zu beobachten, dass Kurse nach positiven Nachrichten, die erwartet wurden, fallen. Einige Anleger nehmen ihre Gewinne mit, frei nach dem Motto: Wenn es am schönsten ist, ist es Zeit zu gehen.

 

  1. Von Gewinnmitnahmen ist noch keiner arm geworden

Dieser Satz gilt uneingeschränkt für Banken und Berater, sie verdienen an jeder Transaktion eine Provision. Aus Anlegersicht sieht das deutlich differenzierter aus.

Gewinnmitnahmen fühlen sich für Anleger gut an. Wir Menschen hassen Verluste und lieben Gewinne. Der Wirtschaftspsychologe Kahneman hat den Begriff der „Verlustaversion“ geprägt. Er hat gemessen, dass wir Verluste doppelt so stark wahrnehmen wie Gewinne. Wir fühlen uns folglich gut, wenn wir Verluste vermeiden. Wirtschaftlich sieht die Bilanz anders aus. Aktien bewegen sich häufig in Trends, die länger anhalten. Wer zu früh verkauft, verpasst den Großteil des Kursanstiegs.

Noch gravierender sind die Folgen der Verlustaversion bei Kursrückgängen. Um den Verlust nicht realisieren zu müssen, sitzen Anleger diese gerne aus. Doch nicht jede Aktie erholt sich wieder. Wer Gewinne zu früh mitnimmt und Verluste nicht realisiert, der hat auf kurz über lang nur noch Nieten im Depot.

Der Spruch „Von Gewinnmitnahmen ist noch keiner arm geworden.“ stammt von Beratern, die an den Gebühren der Transaktionen verdienen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Share on X

 

  1. Es ist wichtig, an der Börse keine Nachricht zu verpassen

Wer glaubt, keine Nachricht verpassen zu dürfen, muss 7 Tage die Woche 24 Stunden am Tag präsent sein. Jede Nachricht ist darauf zu überprüfen, ob sie von Bedeutung ist und falls ja, welche Konsequenz daraus folgt. Das ist Entscheidungsstress pur! Aber Gott sei Dank unnötig.

Der Markt weiß alles. Märkte sind effizient, alle verfügbaren Informationen sind in den Preisen enthalten. Für diese These effizienter Märkte hat der US-Wissenschaftler Eugene Fama, den Wirtschafts-Nobelpreis erhalten. Niemand kann dauerhaft durch öffentliche Informationen (Insiderhandel ist strafbar) besser abschneiden als der Markt.

Selbst wer das in Zweifel zieht, muss als Privatanleger erkennen: Nachrichten verbreiten sich rasend schnell. Jede Nachricht wird sofort in den Kursen eingepreist. Es erstaunt mich, mit anzusehen, wie Leser von Börsenbriefen und -zeitschriften (die wöchentlich erscheinen) glauben, an „Geheimwissen“ zu partizipieren.

Bevor ein Privatanleger eine Nachricht mitbekommt, ist diese bereits in den Kursen eingepreist. Leser von Börsenmagazinen haben keinen Informationsvorsprung. Share on X

 

  1. Was steigt, muss auch wieder fallen

Das Auf und Ab an der Börse wirkt wie ein Ball, der wieder runterfällt, wenn wir ihn hochwerfen. An der Börse gibt es keine Erdanziehungskraft. Zwar verlieren auch Aktienkurse im Aufschwung an Kraft und fallen, doch langfristig steigen die Kurse und fallen nicht auf den Nullpunkt zurück.

Trotz aller Krisen, Kriege und Katastrophen, per Saldo steigen die Aktienkurse. Ein Spiegelbild der Wirtschaft, die in den letzten hundert Jahren enormes Wachstum der Produktivität verzeichnet.

Quelle: Dimensional Funds Advisors – MSCI World – Weltaktienindex

Eine robuste Entwicklung, die Anlegern die Chance eröffnet, alternativ zum Rein und Raus eine „Strategie der ruhigen Hand“ (buy and hold) zu praktizieren. Vorausgesetzt, sie haben Zeit und sie setzen auf den Markt als Ganzes und nicht auf Einzelwerte. Denn obwohl einzelne Aktien bankrottgehen, hat sich der Markt noch immer erholt und neue Höchstkurse erklommen.

 

  1. Investieren lohnt sich mehr, als Geld zu verleihen

Als Anleger haben Sie zwei Alternativen:

Sie können Ihr Geld verleihen gegen Zins und ein Rückzahlungsversprechen des Schuldners. Rechtlich sind Sie Gläubiger. Das ist bei Einlagen (Tagesgeld, Festgeld, Sparkonten) und festverzinslichen Wertpapieren (Staatsanleihen, Unternehmensanleihen) der Fall.

Sie können Ihr Geld investieren und sind am Gewinn und Verlust Ihres Investments beteiligt. Das gilt bei Immobilien und Aktien. Einen Anspruch auf feste Ausschüttungen oder gar Rücknahme gibt es nicht.

Langzeitstudien zeigen, dass Aktienmärkte auf Dauer höhere Renditen aufweisen als Rentenmärkte (Markt für festverzinsliche Wertpapiere). Wissenschaftler sprechen von einer „Aktienprämie“. Sie stellt eine systematische Belohnung für das eingegangene Marktrisiko dar. Doch Vorsicht: Das gilt nur für den gesamten Aktienmarkt, nicht für einzelne Aktien, Branchen oder Länder. Diese Risiken nennen Wissenschaftler unsystematisch, weil sie nicht kalkulierbar sind.

 

Warum Investmentfonds als Anlageform für Privatanleger besonders geeignet sind, das erfahren Sie im nächsten Beitrag: Fünf populäre Irrtümer über Investmentfonds.

 

WISSEN IST GELD

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Auflösung: Richtig sind die Thesen 1 und 7

Haben Sie es gewusst? Dann herzlichen Glückwunsch! Die konkrete Begründung finden Sie im Beitrag.