Investieren ohne zu spekulieren

Investieren zahlt sich aus, spekulieren nicht. Finanzanlagen sind Werkzeuge, die Anlegern helfen sollen, Anlageziele zu erreichen. Jedes Werkzeug will sachgerecht genutzt werden, lässt sich aber auch zweckentfremden: Auf der Säge lässt sich musizieren, mit der Zange auch einen Nagel einschlagen und mit dem Brotmesser sogar morden. Auch Aktien sind Werkzeuge, deren Handhabung wir nicht gelernt haben. Wie Sie damit kalkulierbare Erträge erzielen und sich nicht finanziell ruinieren, davon handelt dieser Artikel.

 

Aktien sind für Spekulanten

Aktien sind Anteile an Unternehmen, die an der Börse gehandelt werden. Ja, mit Aktien können Sie spekulieren. Das geht im Übrigen mit vielen anderen Dingen auch.

Spekulieren bedeutet, etwas zu kaufen in der Hoffnung, es später zu einem höheren Preis an einen anderen zu verkaufen. Share on X

Die Medien sind voll von Tipps zum Spekulieren oder von Stories über erfolgreiche Spekulanten. Auch mit Gold, Briefmarken, Wein oder Immobilien lässt sich spekulieren. Viel spannender ist daher die Frage: Ist es möglich, mit dem Werkzeug auch zu investieren?

Investieren bedeutet Kapital einzusetzen, um damit kalkulierbare Erträge zu erzielen. Share on X

Gold, Briefmarken und Wein eignen sich nicht zum Investieren. Sie haben keine originären Erträge. Es bleibt allein die Hoffnung, sie teurer weiterzuverkaufen.

Aktien (Unternehmen) und Immobilien (sofern vermietet) erwirtschaften hingegen Erträge in Form von Unternehmensgewinnen (Dividende nennt sich der Teil, der ausgeschüttet wird) und Mieten. Erträge machen Kapitalflüsse (Cash Flows) kalkulierbar. Der Wert eines Unternehmens und somit auch einer Aktie lässt sich – wie auch der Wert von einer Immobilie – ermitteln.

Der Wert ist die Summe aller künftigen Cash Flows (Erträge), abdiskontiert zum Barwert. Letzteres bedeutet, dass ein Zufluss heute stärker gewichtet wird wie ein Zufluss in der Zukunft. Dabei gilt der Wert ist umso geringer je ferner der Cash Flow in der Zukunft liegt und umso höher Zinsen und Inflation sind. Mehr zur Ertragswertmethode und dem Barwert können Sie hier nachlesen.

Kalkulierbar sind Erträge nur dann, wenn sie das Investitionsobjekt, das Unternehmen oder die Immobilie, wirklich gut kennen und betriebswirtschaftliche Kennzahlen verstehen. Das mag im Einzelfall der Fall sein, wirft aber ein anderes Problem auf. Investieren Sie nur in einzelne Aktien oder Immobilien, so haben Sie ein hohes Klumpenrisiko. Wer sehr viel Geld auf eine Sache setzt ist abhängig vom Erfolg. Bleibt der aus oder geht es gar schief, droht ein Desaster.

 

Meiden Sie unsystematisches Risiko

Es ist wie beim Cholesterin, es gibt gutes und schlechtes. Das schlechte Risiko bei der Geldanlage nennt sich unsystematisches Risiko. Dieses Risiko muss kein Anleger eingehen, da es sich nahezu kostenfrei eliminieren lässt. Die Methode nennt sich Diversifikation.

Diversifikation: Durch breite Streuung heben sich Einzelrisiken teilweise auf. Je unabhängiger die Einzelinvestments voneinander sind, je stärker der Effekt. Share on X

Dank kosteneffizienter Investmentfonds ist heute jeder Anleger sogar für Sparbeiträge in der Lage, sein Kapital auf tausende von Aktien zu verteilen. Bei Immobilien ist es komplizierter, da diese nicht börsennotiert sind.

  • Wer in ein einzelnes Unternehmen investiert, den können singuläre Ereignisse treffen (VW-Skandal, Aufspaltung Thyssen-Krupp), im Guten wie im Schlechten.
  • Wer sich auf eine Branche konzentriert, den treffen branchenspezifische Nachrichten (Diesel Skandal, Ausstieg aus Atom oder Kohle).
  • Wer auf einzelne Länder setzt, den treffen Entwicklungen dort sehr hart (Türkei, Venezuela).

Wer jedoch sein Geld weltweit so breit wie möglich anlegt, der hat nur noch ein Marktrisiko. Dieses lässt sich nicht eliminieren. Wohl aber lassen sich Markt-Schwankungen abfedern durch beimischen von Anleihen, was allerdings die zu erwartende Rendite senkt. Das Marktrisiko wird als systematisches Risiko bezeichnet.

Unsystematische Risiken werden auf lange Sicht nicht belohnt. Das bedeutet nicht, dass sich kurzfristig nicht hohe Gewinne machen lassen, diesen stehen aber auch ebenso hohe Verlustrisken gegenüber. Es handelt sich um Spekulation.

Das Markrisiko hingegen zahlt sich langfristig aus. Kurzfristig gibt es immer wieder Verlustphasen, auf Zeiträume von fünfzehn Jahren und mehr hat es hingegen weltweit noch nie einen Verlust des Gesamtmarktes (gemessen am MSCI World) gegeben. Wer hierauf setzt, der spekuliert nicht auf Einzelereignisse, sondern er setzt auf das Funktionieren unserer Wirtschaft. Diese hat noch alle Krisen überwunden und die Produktivität weiter gesteigert. Dies gelingt dadurch, dass schwache Unternehmen ausscheiden und starke Unternehmen wachsen.

Aktienprämie

Aktien rentieren langfristig besser als Anleihen, dies bezeichnet die Finanzwissenschaft als Aktienprämie.

Aktienprämie: Investieren lohnt sich mehr, als Geld zu verleihen. Dies gilt nicht für jede Aktie und jeden Zeitraum, wohl aber für den Aktienmarkt als Ganzes auf lange Sicht. Share on X

Langfristig bringen Aktienmärkte zwischen 7-10 % Rendite p.a. Diese Prämie ist eine Belohnung für systematisches Risiko. Risiken müssen sich jedoch gelegentlich und im Einzelfall manifestieren, sonst wäre es kein Risiko. Somit gehören Rückschläge, Crashs und sogar Pleiten einzelner Unternehmen dazu.

 

Schutz vor Risiken

Für den Anleger ist entscheidend, dass ihn diese Risiken nicht treffen. Um dies wiederum einschätzen zu können ist es wichtig drei Grundregeln einzuhalten:

  1. Nur Geld investieren, dass auf mindestens zehn, besser fünfzehn Jahre nicht benötigt wird. So können Sie eine Durstschrecke durchstehen.
  2. Kein Market-Timing, d.h. Versuch, durch geschicktes Ein und Aussteigen den Markt zu schlagen
  3. Unsystematische Risiken meiden, d.h. kein Rosinenpicken oder Mode-Investment, dass zu Klumpen-Risken führt.

Übrigens: Eine individuelle Finanzplanung schützt am besten vor Fehleinschätzungen.

 

Weniger ist mehr

Der Versuch, besser abzuschneiden als der Markt, endet nicht selten im Gegenteil. Selbst professionelle Fondsmanager, die sich als aktive Manager bezeichnen, schaffen es nicht, auf Dauer den Markt zu schlagen. Kaum ein Phänomen ist intensiver erforscht und bestätigt. Hohe Kosten durch Transaktionen sowie schwerwiegende Fehleinschätzungen führen zu diesen Ergebnissen. Verfechter des aktiven Managements versuchen Anleger immer wieder mit dem Spruch zu locken: Sie wollen sich doch nicht mit dem Durchschnitt zufriedengeben?!

Richtig ist, dass sich ein Index durch Durchschnittsbildung errechnet, es also viele Aktien gibt, die besser abgeschnitten haben. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es viele Anleger gibt, die besser abschneiden als der Index. Viele verspekulieren sich beim Market-Timing oder Rosinenpicken oder scheitern an hohen Kosten ihrer Transaktionen.

Das überraschende Ergebnis: Wer sich mit der Marktrendite zufriedengibt und passiv anlegt, der schlägt 90 % aller Anleger. Share on X

Die Erfolgsformel lautet:

  • Keine Prognosen (wo steht der Dax am Jahresende)
  • Kaufen und Halten (statt rein und raus)
  • So breit wie möglich weltweit investieren (z.B. MSCI World Index)
  • So kostengünstig wie möglich (ETF)
  • Wissen was man tut (Finanzplanung und Finanzbildung)

 

Nachwort zu Immobilien und Gold

Für vermietete Immobilien gilt das Gleiche wie für Aktien, schließlich bedeutet eine Immobilie zu erwerben und zu vermieten, ein unternehmerisches Risiko einzugehen. Problematisch ist lediglich, dass Immobilien nicht fungibel sind, d.h. nicht schnell und einfach über die Börse handelbar. Hinzu kommen hohe Investitionssummen (Klumpenrisiken) und als zusätzlicher Risikofaktor Kreditfinanzierung. Die eigengenutzte Immobilie ist zwar nicht wertlos, aber zuvorderst ein Konsumgut.

Gold kommt eine Ausnahmestellung zu. Obwohl ohne originäre Erträge hat sich sein wert über Jahrtausende gehalten. Eine Konvention und kein Naturgesetz. Richtig dosiert dient es in einem breit gestreuten Portfolio der Risikoreduktion, da der Goldpreis sich weitgehend unabhängig von Aktien- und Rentenkursen entwickelt.